Algorithmen besser verstehen mit IDEA Instructions Schrittweise Rätsel lösen – interkulturell, universell und ohne Worte
Reddit, Zeit, die Deutsche Mathematiker-Vereinigung und Tausende Nutzer haben sie geliket und geteilt: die nerdy wirkenden Anleitungen in der Bildsprache eines skandinavischen Möbelhauses. Entwickelt haben sie Sándor P. Fekete, Mathematik-Professor an der Technischen Universität Braunschweig, und sein ehemaliger Student Sebastian Morr.
Mit seinen Bedienungsanleitungen im IKEA-Stil ist Professor Sándor P. Fekete zu Gast in einer Grundschulklasse. Statt Tipps zur Schrankmontage zeigt er, wie die Kinder mit einer universellen Anleitung jede Variante vom „Haus des Nikolaus“ zeichnen können. Die Anleitung, die eigentlich keine ist, sondern ein Algorithmus, funktioniert: Die Kinder lösen mit dessen Hilfe viele Rätsel – sogar schwierige Doppelhäuser. Sie sind so begeistert, dass sie nicht einmal in die große Pause wollen. Und dann eine Überraschung: „Grundschülerinnen und Grundschüler haben Uni-Klausuraufgaben gelöst!“ sagt Fekete, der ihnen komplexe Nikolaushäuser aus einer Erstsemesterprüfung vorlegte.
Unheimliche Vorstellung
Seit elf Jahren unterrichtet Fekete Algorithmen und Datenstrukturen für Studienanfängerinnen und Studienanfänger an der TU Braunschweig. Ganz besonders am Herzen liegt ihm dabei die Frage, wie man Strukturen und feste Abläufe allgemein verständlich darstellt. Er möchte, dass man die Prozesse dahinter versteht und nicht einfach automatisiert übernimmt. Denn: „Algorithmen bestimmen unser Leben.“ Viele Menschen hätten eine eher abstrakte Vorstellung davon, oft eine unheimliche. Daher sei es notwendig, eine Ausdrucksform dafür zu finden.
Als einer seiner Studenten seine Masterarbeit präsentiert, entdeckt Fekete das geeignete Instrument. Der Student, Sebastian Morr, hatte den Lösungsweg seiner Arbeit heruntergebrochen auf eine einzige DIN-A4-Seite. Er gestaltete sie in Form einer Bedienungsanleitung des schwedischen Möbelhauses. Während eine herkömmliche Anleitung hilft, beispielsweise einen konkreten Tisch aufzubauen, leistet ein Algorithmus wie der von Morr mehr: Denn damit kann jeder beliebige Tisch montiert werden. „Ein Algorithmus ist eine Art Universalwerkzeug“, sagt Fekete.
Interkulturell verständlich
Aus Morrs Prototypen entwickeln sie gemeinsam IDEA Instructions. Die IKEA-Anleitung bildet die kreative Vorgabe: ein Blatt, eine Anleitung, illustriert, ohne Worte, interkulturell verständlich. Feketes Informatik-Vorlesung im Wintersemester 2017/18 setzt den Zeitrahmen und liefert den Stoff, den es vom Konkreten ins Abstrakte zu übersetzen galt. Die Designphasen sind jedesmal eine große Herausforderung. „Immer wieder polieren wir die Darstellung, um mehr Klarheit zu erreichen“, sagt Fekete. Ein Baukastensystem exisitiert dafür nicht, automatisch generieren lassen sich die Abläufe auch nicht. „Der Abstraktionsprozess ist wie die Entwicklung einer Sprache, die sich nicht so einfach automatisieren lässt.“
Nach dem Hype
Zum Ende des Semesters entstand um IDEA ein Internethype mit Millionen von Zugriffen auf die IDEA-Homepage. Größen wie der Internetaktivist Cory Doctorow und Plattformen wie Lifehacker und Reddit wurden auf die illustrierten Algorithmen aufmerksam und teilten die Grafiken. „Jetzt müssen wir schauen, in welche Richtung wir uns entwickeln wollen. Es ist ein gutes Medium, um das Verständnis von Algorithmen zu vereinfachen. Und das wollen wir weiter nutzen“, sagt Fekete, der schon viele neue Pläne in der Tasche hat, zum Beispiel IDEA-Bücher für Schülerinnen und Schüler.