15. September 2025 | Presseinformationen:

Wie ein Molekül durch Raum und Zeit wandert und unsere Immunantwort beeinflusst

Itaconat ist ein kleines Molekül, das unser Körper produziert, um Bakterien zu bekämpfen und die Immunreaktion zu steuern. Wie genau es sich im Körper bewegt, haben Wissenschaftler*innen unter Leitung der Technischen Universität Braunschweig nun erstmals entschlüsselt. Die Erkenntnisse eröffnen neue Ansätze für die Behandlung von Entzündungskrankheiten.

Welche Rolle Itaconat bei der Regulierung des Stoffwechsels spielt, haben Forscherinnen aus Braunschweig und San Diego untersucht – unter Leitung von Professorin Thekla Cordes, Expertin für Zellstoffwechsel an der TU Braunschweig, dem Braunschweig Integrated Centre of Systems Biology (BRICS) und dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), gemeinsam mit Professor Christian Metallo vom Salk Institute for Biological Studies (USA) sowie Kollegen der University of California, San Diego (USA). Die Ergebnisse erschienen nun im Fachmagazin Nature Metabolism.

GPS-Tracker für Moleküle

„Wir wissen, dass Zellen große Mengen Itaconat bilden, um Immunreaktionen zu modulieren. Doch nutzen sie es auch, um ihren Stoffwechsel anzutreiben?“, erklärt Cordes. Um das herauszufinden, setzte das Team auf ein Verfahren, das einem GPS-Tracker für Moleküle gleicht: Speziell markiertes Itaconat wurde mithilfe stabiler Isotopen-Tracer-Technologie und Massenspektrometrie im Körper verfolgt. „Damit können wir die Reise von Itaconat nachvollziehen – ähnlich wie die Route eines Autos mit GPS“, sagt Hanna Willenbockel, Erstautorin der Studie und Mitglied im Cordes-Team.

Ein Stoff mit vielen Rollen

Die Analysen zeigten: Der größte Teil des Itaconats wird rasch über die Nieren ausgeschieden. Ein Teil jedoch wird in zentrale Stoffwechselprodukte wie Acetyl-CoA und Mesaconat umgewandelt und in den Zitronensäurezyklus der Mitochondrien eingespeist. Außerdem entsteht Itaconyl-Coenzym A, das Enzyme beeinflusst, die an Energieproduktion und Aminosäureverarbeitung beteiligt sind.

Frühere Arbeiten des Teams hatten bereits gezeigt, dass Itaconat das Enzym Succinatdehydrogenase vorübergehend hemmt – ein Mechanismus, der Zellen vor schädlichen Reoxygenierungsprozessen schützt. Die neuen pharmakokinetischen Daten verdeutlichen nun, wie dynamisch Itaconat Enzyme und Stoffwechselwege reguliert.

„Weltweit prüfen Forschende, ob Itaconat zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden könnte. Unsere Ergebnisse liefern wichtige Grundlagen, um künftig gezieltere Therapien zu entwickeln“, betont Cordes. Die Forscher*innen warnen jedoch davor, dass es verfrüht ist, Itaconat-Präparate zur Beeinflussung der Immunantwort einzunehmen, und dass weitere Studien erforderlich sind, die mehrere Jahre dauern können.

Publikation:

Basierend auf: „Willenbockel, H.F., Williams, A.T., Lucas, A. et al. In vivo itaconate tracing reveals degradation pathway and turnover kinetics. Nat Metab (2025). https://doi.org/10.1038/s42255-025-01363-1https://www.nature.com/articles/s42255-025-01363-1.