Vom Chip zur Heilung Braunschweig Teil des EU-Großprojekts UNLOOC zu Organ-on-Chip
Weniger Tierversuche, aussagekräftigere Ergebnisse und individuell optimierte Medikamente: Für die große Vision des mit 68 Millionen Euro geförderten EU-Projekts UNLOOC haben sich europaweit 51 Partner aus zehn Ländern zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie die Arzneiforschung mit Organ-on-Chip, eine Kombination aus Chiptechnologie und menschlichen Zellen, revolutionieren. Ein Schlüsselteil der Technologie entwickelt das Institut für CMOS-Design der Technischen Universität Braunschweig. Mit miniaturisierten Bauteilen helfen die Forschenden, menschliche Haut perfekt zu simulieren und reproduzieren.
Bevor ein Medikament in klinischen Tests zum Menschen gelangt, werden in Tierversuchen mögliche Risiken und Nebenwirkungen untersucht. Wieviel diese Versuche vorhersagen können, bleibt aber immer stark begrenzt. So unterschiedlich sind Mensch und Maus, dass neun von zehn klinischen Tests trotz vielversprechender Tierversuche scheitern. Zusätzlich unterscheiden sich Mensch und Mensch, weshalb selbst erfolgreiche klinische Studien meist starke individuell mögliche Nebeneffekte auflisten. Mehr klinische Studien minimieren diese Risiken, aber die Diversität in den Studien ist in der Regel zu klein, um individuelle Nebenwirkungen gezielt adressieren zu können.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten seit Jahren daran, Tierversuche zu minimieren und Medizin personalisierter dosieren zu können. Eines der größten Potenziale liegt hier bei der Simulation menschlicher Organe – oder noch besser – mehrerer Organe simultan durch Organ-on-Chips. Dabei bilden etwa mikrofluide Kanäle mit lebenden Zellen Struktur und Funktion von Organen nach. Mit individuellen Zellen sogar personalisiert. Forschende können dann kontrolliert testen, wie verschiedene Wirkstoffe wirken, Überdosierung erkennen und ganze Krankheitsverläufe verfolgen. Die Kombination mehrerer Organ-on-Chip könnte sogar ganzheitliche Studien zu Umweltbedingungen und Stoffwechsel ermöglichen.
Sensoren, die biologische Prozesse überwachen
Trotz großer Fortschritte ist diese „in silico“ Methode bisher noch nicht ausreichend verlässlich und effektiv. Für die komplexen Chips müssen verschiedenste Disziplinen zusammenarbeiten. Im Projekt UNLOOC sind dabei die Forschenden des Instituts für CMOS-Design im Forschungsschwerpunkt Metrologie der TU Braunschweig gefragt. In den kommen drei Jahren entwickeln sie die integrierten Schaltungen, für die zentralen Sensoren der Technologie „Skin-on-Chip“. In mehrschichtigen mikrofluiden Strukturen überwachen diese Mikrosensoren dann kontinuierlich die Vermehrung und das Wachstum der Zellen.
Über das Projekt
UNLOOC steht für “Unlocking data content of Organ-On-Chips”. Die Europäische Union fördert bei UNLOOC 51 Partner aus zehn Ländern für das Erforschen einer „Key Digital Technology“ mit 68 Millionen Euro. Der Förderanteil der TU Braunschweig beträgt 740.000 Euro. Das Projekt läuft für drei Jahre bis Mai 2027.