Vereisung und Flugsicherheit Internationaler Workshop zur Eiskristallvereisung an der TU Braunschweig
Für die Flugsicherheit ist das Thema Vereisung ein wichtiger Aspekt bei der Zertifizierung von Verkehrsflugzeugen. Die Technische Universität Braunschweig ist seit mehr als sieben Jahren auf dem Gebiet der Eiskristallvereisung tätig. Vom 25. bis 26. März 2019 veranstaltet die TU Braunschweig dazu einen internationalen Workshop.
Eisbildung durch unterkühlte Wolken oder gefrierenden Niederschlag kann das Flugverhalten eines Flugzeugs beeinflussen. So beeinträchtigt Eis auf Flügelvorderkanten oder an Triebwerken die Aerodynamik und die Funktionsfahigkeit einzelner Komponenten.
Ein weiteres mögliches Vereisungsszenario beruht auf Eiskristallen in größen Höhen in der Atmosphäre. Auf kalten Oberflächen prallen sie ab. Unter besonderen Umständen aber können sie sich in warmen Zonen absetzen, zum Beispiel im Niederdruckverdichter eines Triebwerks und in Pitot-Sonden zur Druck- und Geschwindigkeitsmessung. Ähnliche Szenarien untersucht das Institut für Strömungsmechanik (ISM) an der TU Braunschweig seit mehr als sieben Jahren im Rahmen der EU-Projekte HAIC und MUSIChaic. Mit der Errichtung eines Eiswindkanals hat sich das Institut einen international hervorragenden Ruf erworben. Der Eiswindkanal hat – bestätigt durch ein internationales Gremium – den Technologie-Reifegrad TRL5 für seine Eiskristallfähigkeit erreicht.
Um die zukünftigen Forschungs- und Entwicklungsrichtungen auf dem Gebiet der Eiskristallvereisung auf transatlantischer Ebene zu diskutieren, veranstaltet die TU Braunschweig vom 25. bis 26. März 2019 einen „International Icing Workshop“ im ISM am Forschungsflughafen Braunschweig.
„Dieser Workshop ist eine einzigartige Gelegenheit, die besten europäischen und nordamerikanischen Experten für Physik, Windkanalversuche und numerische Modellierung von Eiskristallen, aber auch Vertreter der wichtigsten Industrieunternehmen und Zertifizierungsbehörden zusammenzubringen“, sagt Philippe Villedieu, wissenschaftlicher stellvertretender Direktor des französischen Office National d’Études et de Recherches Aérospatiales (ONERA). Europa als wichtiger Akteur in der Luftfahrtindustrie könne es sich nicht leisten, bei der Erforschung von Fragen der Flugsicherheit nicht führend zu sein. Dies sei entscheidend für die Fähigkeit, in Zukunft neue Triebwerke und neue Flugzeuge anzubieten, die für die Passagiere sicher sind und mit den neuen internationalen Vereisungsvorschriften der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und der US- Bundesluftfahrtbehörde (FAA) kompatibel sind, so Villedieu weiter.
Zu Gast wird auch Martin Neuteboom, Experte für Vereisung im National Research Council Canada, sein: „Vereisungsexperten von beiden Seiten des Atlantiks kommen zusammen, nicht nur um die eigenen Forschungsergebnisse zu teilen, sondern um gemeinsam Lücken zu schließen. Es ist selten, dass so viele Experten mit so großem Erfahrungsschatz direkt miteinander arbeiten.“
Ein Schwerpunkt des Workshops ist der Austausch zwischen Forschung und Industrie. Erwartet wird deshalb auch Paolo Vanacore vom Triebwerkhersteller GE Aviation. Warum es wichtig ist, an Eiskristallen auch aus industrieller Sicht zu forschen: „Bei den Turbofan-Architekturen der neuen Generation können widrige Wetterbedingungen das Triebwerk beeinträchtigen. Daher muss für etablierte Analysetools nachgewiesen werden, dass sie für neue Turbofan-Architekturen anwendbar oder entsprechend zu modifizieren sind. (…) Weitere Forschung in der komplexen Mechanik und Thermodynamik bei der Wechselwirkung von Eiskristallen und Triebwerkskomponenten, die sich über Gas-, Flüssigkeits- und Festphasen erstrecken, sind in der Luftfahrtindustrie sehr gefragt.“
„Das Thema Vereisung ist für den Luftfahrtforschungsstandort Braunschweig eine Erfolgsstory“, sagt Stephan Bansmer, Organisator des Workshops am ISM. „Gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die TU Braunschweig innerhalb weniger Jahre diesen Forschungszweig nachhaltig etablieren können. Den Workshop für ein international führendes Expertengremium ausrichten zu dürfen, ist für uns daher eine große Anerkennung und Freude.“