Neue Arzneimittelkandidaten aus bekannten Wirkstoffen Big-Data-Plattform für Drug Repurposing vorgestellt
Der Bedarf an neuen Medikamenten ist hoch. Forschende der Technischen Universität Braunschweig haben gemeinsam mit Kollegen anderer Universitäten eine neue Plattform für das Repurposing von Medikamenten vorgestellt. Diese Plattform erleichtert die Suche nach neuen Therapeutika erleichtern. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.
Der Bedarf an neuen Medikamenten ist hoch, gleichzeitig liegen die Kosten für die Markteinführung eines neuen Wirkstoffs schätzungsweise zwischen zwei und drei Milliarden US-Dollar. Zu den Faktoren, die zu diesen hohen Kosten beitragen, gehören auch teils nicht reproduzierbare präklinische Forschung und eine zunehmende Vorsicht der Arzneimittelzulassungsbehörden. Deshalb suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Hochdruck nach alternativen Ansätzen für die Suche nach neuen Therapeutika.
Ein Ansatz ist das sogenannte Drug Repurposing, bei dem alternative Verwendungsmöglichkeiten für bestehende Arzneimittel gesucht werden. Im Vergleich zur herkömmlichen Arzneimittelentwicklung bietet das Drug Repurposing erhebliche Vorteile, zum Beispiel niedrigere Entwicklungskosten, geringeres Risiko und kürzere Zeiträume für die Arzneimittelentwicklung.
NeDRex (Network-based Drug Repurposing and exploration) ist eine interaktive Plattform für netzwerkbasiertes Drug Repurposing und die Entdeckung von Krankheitsmodulen, das heißt kleinen krankheitsrelevanten Netzwerken aus Genen oder Proteinen. Sie umfasst zehn verschiedene Datenquellen über Gene, Wirkstoffe, Wirkstoffziele, Krankheitsannotationen und deren Beziehungen zueinander. Die Plattform ermöglicht darüber hinaus die Priorisierung von Medikamenten und Ermittlung der statistischen Signifikanz von Krankheitsmodulen und Arzneimittelkandidaten. Dies sorgt für eine hohe Robustheit der Ergebnisse und kann die Zahl der nötigen Folgeexperimente reduzieren.
Bereits in Testphase aussichtsreiche Arzneimittelkandidaten
„NeDRex lieferte bereits in der Testphase Arzneimittelkandidaten, die für die Behandlung von Alzheimer, entzündlichen Darmerkrankungen, Chorea Huntington und Lungenembolie weiter erforscht werden können“, sagt Professor Tim Kacprowski, Professor für Data Science in Biomedicine am Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik an der TU Braunschweig und Mitglied des Braunschweig Integrated Centre for Systems Biology (BRICS). „Natürlich handelt es sich dabei zunächst um computergestützte Vorhersagen, die in klinischen Studien verifiziert und getestet werden müssen. NeDRex macht eine solche Kandidatenvorhersage nun aber einfacher denn je.“
Daten bislang verstreut auf vielen unabhängigen Datenbanken
„Die Daten, die für die Identifizierung von Signalwegen und Teilnetzen, die die Mechanismen komplexer Krankheiten beschreiben und potenzielle Arzneimittelziele enthalten, sind leider über unabhängige Datenbanken verstreut. Außerdem beschränken sich die vorhandenen Studien auf Vorhersagen für bestimmte Krankheiten“, sagt Sepideh Sadegh, Doktorandin an der TUM School of Life Sciences Weihenstephan (WZW) und Erstautorin der Studie. Es bestehe daher ein Bedarf an anpassungsfähigen Werkzeugen, die es biomedizinischen Forschern ermöglichen, Ansätze zum Repurposing von Arzneimitteln für ihre individuellen Anwendungsfälle einzusetzen. „Diese Lücke schließen wir mit NeDRex.“
Die benutzerfreundliche Plattform soll auch Personen außerhalb der Informatik ermöglichen, verschiedene Schichten eines großen biologischen Netzwerks zu durchforsten. Gleichzeitig bietet NeDRex auch die Möglichkeit, nur zugelassene Medikamente zu priorisieren, was den Prozess der Medikamentenentwicklung beschleunigen kann, da die präklinische Forschungsphase übersprungen und direkt in klinische Studien übergegangen werden kann.
Für künftige Versionen der Datenbank planen die Forschenden die Integration von Daten zu Krankheitssymptomen und Arzneimittelnebenwirkungen, was die Untersuchung verschiedener Krankheitsähnlichkeiten und Ansätze zur Neupositionierung von Arzneimitteln ermöglichen wird.
An der Entwicklung der Plattform waren neben der TU Braunschweig auch Forschende der Newcastle University, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der TU München, der Universidad Autónoma Metropolitana-Cuajimalpa (Mexico), der Maastricht University, dem Universitätsklinikum Essen, der Universität von Süddänemark, und der Universität Hamburg beteiligt.