Mehr Schwierigkeiten am Meeresgrund und ein grandioses Panorama – Sebastian Ehmanns Logbuch, Teil 5
„Wahrscheinlich hätte ich am Ende meines letzten Berichtes auf Holz klopfen sollen“, schreibt Sebastian Ehmann soeben über die aktuellen Forschungsarbeiten auf dem Forschungsschiff JOIDES. „Aber wir haben die darin erwähnte Ersatzbohrung wirklich benötigt. Nach dem letzten Rückschlag hatten wir die neue Stelle angefahren und wieder das Bohren angefangen. Ich hatte schon einmal erwähnt, dass gelegentlich der Bohrkopf gewechselt werden muss.
Dazu muss das gesamte Bohrgestänge an Bord gebracht werden, der Bohrkopf ausgetauscht und dann wieder alles nach unten befördert werden. Damit man wieder in das Bohrloch hineinkommt, wird dazu ein sogenannter Free Fall Funnel eingebracht. Das ist nichts anderes als ein Trichter, der am Bohrgestänge nach unten fällt, während es noch im Bohrloch ist (siehe Foto). Bevor dann das Gestänge gezogen wird, wird mit einer Kamera überprüft, ob der Trichter auch richtig sitzt.
Eigentlich wirkte auch alles in Ordnung, nur als dann versucht wurde, wieder in das Bohrloch zu kommen, hat das nicht funktioniert, da der Trichter sich anscheinend während dem mehrstündigen Wechsel bewegt hatte. Nach 12 Stunden rumstochern im Meeresgrund (wortwörtlich) mussten wir dann auch diese Bohrung wieder verlassen. Im zweiten Foto sieht man, warum es nicht so einfach ist, ein Bohrloch zu finden: Zu sehen ist ein Foto des Live-Videostreams der Kamera, man erkennt nicht sonderlich viel (bessere Kameras oder gar ferngesteuerte U-Boote gibt es leider nicht an Bord).
Inzwischen sind wir also schon bei der dritten Bohrung angekommen.
Diesmal sieht aber wirklich alles danach aus, als ob wir endlich Messungen in diesem Bohrloch machen könnten. Nach einem erfolgreichen Bohrkopfwechsel (bei etwa 130 mbsf) wurde entschieden, nicht noch einmal das Risiko einzugehen, ein zweites Mal den Bohrkopf zu wechseln, sondern so lange weiterzubohren, bis der Bohrkopf den Geist aufgibt. Was besser funktioniert hat, als erwartet: heute Morgen wurde dann bei 520mbsf beschlossen, den Stecker zu ziehen und das Bohrloch für die Messungen vorzubereiten. Das sollte in wenigen Stunden abgeschlossen sein – und dann beginnt eine spannende 30-Stunden-Schicht! Insgesamt soll mit vier unterschiedlichen Toolstrings, die aus jeweils mehreren Geräten bestehen, Messungen durchgeführt werden.
Um noch einen kleinen Einblick in das Leben hier an Bord zu vermitteln, gibt es auch noch ein Bild meiner Kabine – nicht gerade übergroß, aber außer zum Schlafen hält man sich eh nicht darin auf.
Die Leiter am Stockbett dient eher der Zierde, es ist deutlich einfacher, über den Schreibtisch nach oben zu kommen. Wir haben den kleinen Luxus einer eigenen Dusche und Toilette, in der Mehrzahl der Kabinen teilen sich jeweils zwei Kabinen ein Badezimmer.
Wie man sieht, hat die Kabine auch kein Fenster, was bei stärkerem Seegang etwas gewöhnungsbedürftig ist, da man durch das Bett gerollt wird, ohne zu Wissen, wie das Schiff jetzt eigentlich gerade im Wasser liegt. Im Allgemeinen wird man aber von den Wellen so sanft in den Schlaf gewiegt, dass man eigentlich nicht mehr aus dem Bett heraus will, wenn der Wecker klingelt. Leise ist es in den Kabinen allerdings nicht, da ständig Motoren und die Belüftung zu hören sind. Dagegen hilft nur Gewöhnung und/oder Ohropax.
Hoffentlich kann ich dann das nächste Mal von erfolgreichen Messungen berichten! Genauer in’s Detail der Ergebnisse werde ich dann nicht gehen – nicht nur, weil es vielleicht nicht für jeden interessant ist, sondern auch deswegen, weil die Daten ein Jahr lang der Geheimhaltung unterliegen. In dieser Zeit dürfen sie nur an Wissenschaftler, die mit an Bord waren, herausgegeben werden. Es wäre sonst ziemlich frustrierend, wenn man zwei Monate opfert, nur damit danach jemand anders die Daten für Veröffentlichungen nutzt. Nach einem Jahr allerdings stehen sämtliche Daten der Expedition jedem, der daran interessiert ist, zur Verfügung.
Als kleines zusätzliches Bild noch eine Panoramaansicht des Schiffs.
Einen schönen Gruß aus dem Pazifik!
Sebastian Ehmann“