28. August 2019 | Presseinformationen:

Innovationspreis Niedersachsen für In-vitro-Forschung Gründungsvorhaben der TU Braunschweig ausgezeichnet für Wirkstoffkandidaten-Testsystem

Das Start-up „minds“, das an der Technischen Universität Braunschweig aus dem Institut für Pharmazeutische Technologie und dem Institut für Mikrotechnik hervorgegangen ist, hat den Innovationspreis Niedersachsen in der Kategorie „Vision“ gewonnen. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung unter der Schirmherrschaft von Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann und Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler wurde am 27. August 2019 zum zweiten Mal verliehen.

„Wir wollen mit unseren Testlösungen große Schritte in der präklinischen Arzneimittelentwicklung gehen – und dies zugunsten aller Lebewesen. Es ist schön, wenn unsere Vision gesehen und auch von anderen wertgeschätzt wird. Wir sind überzeugt, dass wir mit unseren Testmöglichkeiten dazu beitragen können, schneller Arzneimittel zu entwickeln. Auch wird die dabei entstehende Kostensenkung dazu führen, dass bisher unrentable Arneimittel für seltene Krankheiten in den Fokus der pharmazeutischen Forschung rücken,“ sagen Dr. Nicole Beißner und Kai Mattern vom „minds“-Gründungsteam zur Auszeichnung mit dem Innovationspreis Niedersachsen.

„Die entwickelten Testsysteme von „minds“ sind nicht nur ein Beispiel für einen gelungenen Technologietransfer. Sie haben aufgrund ihrer Bedeutung für eine beschleunigte und kostenreduzierte Entwicklung neuer Arzneimittel auf der einen Seite sowie der Reduzierung und des Ersatzes von Tierversuchen auf der anderen Seite auch eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Darüber hinaus stützt „minds“ den zunehmenden Trend von forschungsbasierten Ausgründungen im Bereich Biotechnologie/Pharmazie in Niedersachsen und fügt sich durch das komplementäre Portfolio hervorragend in die Forschungs- und Gründerregion Braunschweig ein“, sagt Professor Stephan Reichl, der das Projekt fachlich mitbegleitet.

Die Entwicklung eines neuen Arzneimittels ist teuer und dauert im Durchschnitt länger als 13 Jahre. Bei dem Entwicklungsprozess greift man auf Tierversuche und humane Zellkulturmodelle für die Auswahl aussichtsreicher Wirkstoffkandidaten zurück. Da Tiere jedoch deutliche physiologische Unterschiede zum Menschen zeigen und simple Zellkulturmodelle zu stark vereinfacht sind, können die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen nur schwer auf den Menschen übertragen werden. Die Folge sind Verzögerungen oder Ausfälle in der Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund haben Kai Mattern und Dr. Nicole Beißner an der TU Braunschweig ein Verfahren entwickelt, mit dem veränderliche Bedingungen im menschlichen Körper besser nachgebildet werden können. Um den hohen Bedarf an dynamischer In-vitro-Forschung zu decken, haben sie 2018 das EXIST-Gründerstipendium eingeworben, für das Artjom Koop zum Team dazustieß.

Das vom Gründerteam entwickelte Dynamic Micro Tissue Engineering System (DynaMiTES ) erlaubt es, In-vitro-Modelle für komplexe Zellkulturen bereitzustellen. An ihnen sollen  Arzneistoffe sowie Formulierungen unter kontrollierten dynamischen und somit physiologischeren Bedingungen untersucht werden. Die Testergebnisse von Wirkstoffkandidaten sollen mehr Informationen liefern und besser auf Menschen übertragbar sein. Derzeit wird an der TU Braunschweig an zwei Projekten dazu geforscht. So soll im Projekt „Ocular DynaMiTES“ eine künstliche Augenhornhaut als Modell so weiterentwickelt werden, dass damit Arzneimittel zur Anwendung am Auge zuverlässig getestet werden können. Im Projekt „NasaMuc“, wird ein Nasenschleimhaut-Modell erforscht, um neue Darreichungsformen zu erproben und eine bessere Wirksamkeit von Arzneimitteln zu erreichen. Diese neuen Testverfahren sollen dann auch auf andere Gewebe übertragbar sein.

Projektpartner von „minds“ sind neben dem Institut für Pharmazeutische Technologie das Institut für Mikrotechnik sowie das Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ).

Weiteres Projekt nominiert

Die TU Braunschweig war in der Kategorie „Wirtschaft“ mit einem weiteren Projekt für den Preis nominiert: Das Braunschweiger Unternehmen „Formhand“, an dem die Technische Universität mit dem Institut für Füge- und Schweißtechnik beteiligt ist, entwickelt hochflexible Greifer zur universellen Handhabung von Objekten im industriellen Einsatz. Durch die Kombination eines Granulatkissens mit einem Niederdruckflächensauger wird die hohe Flexibilität des Greifarms erreicht: Die Anpassungsfähigkeit des Greifers wird dabei durch das Granulat ermöglicht.

Über den Preis

Der Innovationspreis Niedersachsen fördert Innovation und Veränderung. In den drei Kategorien werden herausragende Leistungen und Erfolgsgeschichten aus Niedersachsen gewürdigt. Insgesamt waren neun Projekte nominiert, die von einer Jury ausgewählt wurden.