Heinrich-Büssing-Preis 2012: Die Preisträger
Mit dem Heinrich-Büssing-Preis ehrt die „Stiftung zur Förderung der Wissenschaften an der Carolo-Wilhelmina“ des Braunschweigischen Hochschulbundes (BHB) jährlich herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Technischen Universität Braunschweig. Eine Wissenschaftlerin und drei Wissenschaftler werden in diesem Jahr für ihre hervorragenden Doktorarbeiten ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am Montag, 5. November 2012, um 18 Uhr in der Aula der TU Braunschweig statt.
Die Preisträger
Dr. rer. nat. Anita Behme, Mathematikerin (28 Jahre)
In der Dissertationsschrift hat sich Anita Behme mit verallgemeinerten Ornstein-Uhlenbeckprozessen beschäftigt. Dies sind Verallgemeinerungen des 1930 von den Physikern Ornstein und Uhlenbeck entwickelten Modells zur Beschreibung der Bewegung eines Teilchens in einem Fluid. Verallgemeinerte Ornstein-Uhlenbeckprozesse haben heutzutage zahlreiche Anwendungen z. B. in der Finanz- und Versicherungsmathematik und in der Lagerhaltung.
Thema der Dissertation: „Generalized Ornstein-Uhlenbeck Processes and Extensions“
„Ich halte Frau Behme für eine ausgezeichnete Mathematikerin. Sie strebt die Universitätslaufbahn an und meiner Meinung nach hat sie ausgezeichnete Chancen, später eine Professur zu erhalten“, urteilt Prof. Alexander Lindner vom Institut für Mathematische Stochastik, über seine Doktorandin. Der internationale Gutachter Prof. Peter Brockwell ist begeistert: „Die Dissertation gehört zu den besten zwei oder drei, die ich je gelesen habe.“
Zur Person: Nach ihrem Mathematikdiplom an der TU Braunschweig war Anita Behme ein halbes Jahr am Institut für Strömungsmechanik der TU Braunschweig als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig, um sich dann auf einem völlig anderen Gebiet, und zwar der Stochastik zu promovieren. Für das Fach Mathematik hat sie in der sehr kurzen Zeit von drei Jahren promoviert. Von 2011 bis 2012 war Behme Visiting Assistant Professor an der Michigan State University, USA. Seit dem Sommer forscht und lehrt sie an der TU München. Ihre Publikationen zeigen ihre internationale Ausrichtung und haben sie bereits international bekannt gemacht.
Dr. rer. pol. Stephan Meisel, Wirtschaftsinformatiker (33 Jahre)
Das Forschungsgebiet von Dr. Meisel sind vorausschauende Optimierungsverfahren zur Lösung mehrstufiger (dynamischer) Entscheidungsprobleme unter Unsicherheit. Sie treten in einer Vielzahl betriebswirtschaftlicher Kontexte, wie zum Beispiel dem An- und Verkauf von Wertpapieren, Entscheidungen über die Auftragsfreigabe in der kundenindividuellen Massenproduktion und bei Entscheidungen über die Tourenpläne von Dienst- und Lieferfahrzeugen auf.
Thema der Dissertation: „Anticipatory Optimization for Dynamic Decision Making“
„Durch seine exzellenten Forschungsergebnisse, seine zahlreichen Publikationen und seine Konferenzaktivitäten hat Herr Dr. Meisel in den internationalen Forschungsszenen der Tourenplanung und der vorausschauenden Optimierung einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt“, freut sich Prof. Dirk Mattfeld vom Institut für Wirtschaftsinformatik. „Seine Zukunftsperspektiven sind aufgrund seiner wissenschaftlichen Exzellenz, seines hohen internationalen Bekanntheitsgrades und seiner Erfahrungen im wissenschaftlichen Lehrbetrieb hervorragend.“
Zur Person: Stephan Meisel hat in Karlsruhe studiert und bereits mit seiner Diplomarbeit herausragende Forschungsergebnisse erzielt. Er arbeitete am Institut für Wirtschaftsinformatik als wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Braunschweig und promovierte hier. Zurzeit ist er dort als Akademischer Rat beschäftigt. Er strebt eine wissenschaftliche Laufbahn an und plant an der TU Braunschweig zu habilitieren. Aktuell forscht er an der Princeton University, USA, die ihn zu einem neunmonatigen Aufenthalt eingeladen hat. Er hat bereits 18 Veröffentlichungen publiziert und seine Dissertation ist in einer internationalen Buchreihe erschienen.
Dr.-Ing. Benedikt Michel, Maschinenbauer (34 Jahre)
Die Forschungsarbeit von Benedikt Michel befasst sich mit den mikroskopischen Voraussetzungen und Details für das Zustandekommen einer physikalisch festen Verbindung zweier Objekte ohne den Einsatz von Klebstoffen und bei möglichst geringer Temperatur. Der untersuchte Fall von Siliziumscheiben bringt hierbei nicht nur die wesentliche Voraussetzung annähernd perfekt glatter Oberflächen mit sich, sondern ist auch für die industrielle Praxis relevant, denn dadurch können dutzende oder Hunderte auf einer Scheibe gefertigte mikroelektromechanische Bauteile in einem Arbeitsschritt mit geringem Aufwand verkapselt werden.
Thema der Dissertation: „Physikalisch-chemische Eigenschaften von SiO2-Schichten auf plasmabehandelten Siliziumoberflächen“
„Dr. Michel hat die Aufgaben außerordentlich erfolgreich gelöst und eine überlegene Befähigung zu selbstständiger ingenieurwissenschaftlicher Arbeit unter Beweis gestellt“, lobt Prof. Claus-Peter Klages, Institut für Oberflächentechnik, seinen ehemaligen Doktoranden.
Zur Person: Benedikt Michel (34 Jahre) hat an der Berufsakademie Stuttgart und an der Universität Stuttgart Elektrotechnik studiert und war von 2005 bis 2011 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Oberflächentechnik tätig. Von 2003 bis 2009 war er zudem Lehrbeauftragter an der Berufsakademie Stuttgart. Aufgrund seiner Erkenntnisse wurde ein neues Verfahren zum Patent angemeldet. Nach Abschluss seiner Dissertation hat er sich für eine Stelle bei OSRAM Opto Semiconductors in Regensburg entschieden.
Dr. rer. nat. Ferdinand Plaschke, Geophysiker (31 Jahre)
Die Dissertation von Ferdinand Plaschke befasst sich mit der Analyse von Schwingungen der Außenhaut des Erdmagnetfeldes – der sogenannten Magnetopause der Erde – anhand von Beobachtungen der fünf Satelliten der THEMIS-Mission, deren Magnetometerexperimente am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der TU Braunschweig entwickelt und gefertigt wurden. Seine Erkenntnisse haben einen Aspekt geomagnetischer Dynamik offenbart, der bisher nicht bekannt war. Offensichtlich können ständig zu beobachtende Störungen, sozusagen das Rauschen des Sonnenwindes, unter bestimmten Bedingungen resonante Schwingungen der Membran „Magnetopause“ anregen, die sogar am Erdboden zu beobachten sind.
Thema der Dissertation: „Stehende Kruskal-Schwarzschild-Moden an der Magnetopause“
„Als Erstautor und Mitautor von 17 Artikeln in renommierten internationalen Zeitschriften hat sich Herr Plaschke in unserer community bereits etabliert. Er hat eine sehr außergewöhnliche Dissertation vorlegt, die zu deutlich neuen Erkenntnissen geführt hat. Vor dem Hintergrund immer wichtiger werdender Vorhersagen des Weltraumwetters und seiner Einflüsse auf globale Positionssysteme hat Herr Plaschke auch einen Beitrag zum Leitthema der TU Braunschweig, der Mobilität, geliefert“, ist Prof. Karl-Heinz Glaßmeier vom Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik überzeugt.
Zur Person: Ferdinand Plaschke hat an der TU Braunschweig Physik studiert. Von 2007 bis 2011 ist er als Doktorand der International Max-Planck-Research Graduate School „Physics of the Solar System“ und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der TU Braunschweig tätig gewesen. Nach der Promotion wurde er von mehreren europäischen und amerikanischen Arbeitsgruppen umworben. Er hat sich für Kalifornien entschieden und forscht am Institute of Geophysics and Planetary Physics der University of California, Los Angeles, USA.