Darmbakterien von Amphibien sind flexibel Veröffentlichung in Fachzeitschrift „Nature Communications“
Darmbakterien von Amphibien reagieren flexibel auf Veränderungen in ihrem natürlichen Lebensraum und passen sich ihnen schnell an. Zu diesem Ergebnis kommen Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität Braunschweig und des Thünen-Instituts für Biodiversität in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Communications“. Untersucht hat das Forschungsteam Salamanderlarven in Bächen und in stehenden Gewässern und wie sich ihre Darmflora im jeweils anderen Lebensraum verändert.
Amphibien wie Frösche, Salamander und Molche leben in sehr unterschiedlichen Lebensräumen und sind stark von speziellen Umweltfaktoren, wie der Temperatur, der Wasserbeschaffenheit oder dem Futterangebot abhängig. Auf Veränderungen in ihrem Lebensraum reagieren sie sehr empfindlich. Ein Forschungsteam aus Biologinnen und Biologen des Zoologischen Instituts der TU Braunschweig und des Thünen-Instituts für Biodiversität hat nun untersucht, wie sich schnelle und drastisch ändernde Umweltbedingungen auf die Darmflora von Salamanderlarven auswirken. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht. Demnach verändert sich die Zusammensetzung der Darmbakterien auf unterschiedliche Weise, jedoch mit einem ähnlichen Ergebnis in ihrer Funktion für den Wirt.
Die Forscherinnen und Forscher haben sich dazu das System der Salamander zu Nutze gemacht, bei dem in manchen Populationen Salamanderlarven sowohl in Bächen als auch in stehenden Gewässern leben und sich bis zur Verwandlung zum Landtier entwickeln. „Die Salamanderlarven fressen ganz unterschiedliche Beute in beiden Lebensräumen, dazu kommen unter anderem Unterschiede in der Temperatur und dem Sauerstoffgehalt“, erklärt Sebastian Steinfartz. Der Evolutionsbiologe beschäftigt sich seit Jahren mit der Ökologie und Anpassung der Salamander in diesem System und hat bereits genetische Unterschiede zwischen den beiden Ökotypen nachgewiesen.
Mit einem so genannten Reziproken-Transfer-Experiment, bei dem Salamanderlarven von Bächen in stehende Gewässer und umgekehrt gesetzt worden sind, konnte sein Forschungsteam Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora vor und nach dem Umsetzen analysieren. Hierzu wurden die Larven in kleinen, für Beute durchlässigen Boxen einzeln in das andere Gewässer gesetzt. So mussten sie mit den Umweltbedingungen des anderen Lebensraums zurechtkommen. „Wir waren sehr überrascht zu sehen, wie unterschiedlich sich die Zusammensetzung der Bakterien nach dem Umsetzen in den jeweiligen anderen Lebensraum verändert hat“, erklärt Molly Bletz, Doktorandin in der Abteilung Evolutionsbiologie am Zoologischen Institut der TU Braunschweig.
Das Forschungsteam hatte erwartet, dass sich die Zusammensetzung der Darmbakterien der umgesetzten Tiere stark verändert und der Darmflora der ursprünglich in dem Lebensraum vorkommenden Larven ähneln sollte. Allerdings nahmen nur Larven, die aus Bächen in stehende Gewässer umgesetzt worden waren, die typische Zusammensetzung der Darmflora von Larven aus stehenden Gewässern an. Larven, die aus stehenden Gewässern in Bäche gesetzt worden waren, behielten zum Teil einige Arten ihrer Darmbakterien und nahmen nur wenige aus dem neuen Lebensraum auf. „In dem einen Fall fand der erwartete komplette Shift der taxonomischen Zusammensetzung der Darmflora statt, in dem anderen Fall nicht“, fasst Sebastian Steinfartz zusammen. Trotzdem wichen die voraussagbaren Stoffwechselfunktionen der Darmflora der aus den stehenden Gewässern umgesetzten Larven nur wenig von den typischen Funktionen der natürlich im Bach lebenden Larven ab. „Darmbakterien können also hinsichtlich ihrer Zusammensetzung ganz unterschiedlich auf Lebensraumveränderungen reagieren, aber trotzdem in ihrer Funktion übereinstimmen“, erklärt Molly Bletz.
Über die Gründe, warum die Darmbakterienflora von Larven stehender Gewässer widerstandsfähiger gegen einen Wechsel ist, kann derzeit nur spekuliert werden. „Im Gegensatz zu den Bächen sind Larven aus stehenden Gewässern eher extremeren Bedingungen ausgesetzt und müssen oft hungern“, so Steinfartz. Es könnte daher sein, dass einige Darmbakterien hartnäckiger sind und sich nicht einfach durch andere Arten verdrängen lassen, so der Evolutionsbiologe weiter. Die Lebensgemeinschaften von Darmbakterien bei Amphibien unterscheiden sich deutlich zwischen Populationen einer Art und nicht erst zwischen verschiedenen Arten. „Ihre Flexibilität, sich an die Bedingungen neuer Lebensräume anzupassen, ist mit Sicherheit eine wichtige Grundlage für Amphibien-Populationen in einer sich ständig verändernden Umwelt zu überleben“, schlussfolgert Steinfartz.