Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Christiane Ritter Biofilme oder Neurodegeneration? Wie Bakterien eine toxische Proteinstruktur zähmen
Prof. Dr. Christiane Ritter, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, hält ihre Antrittsvorlesung „Biofilme oder Neurodegeneration? Wie Bakterien eine toxische Proteinstruktur zähmen“ am
Mittwoch, 11. Mai 2011, um 17.00 Uhr
in der Aula, Haus der Wissenschaft, Pockelsstraße 11, 38106 Braunschweig.
Bakterien nutzen häufig faserförmige Proteinstrukturen an ihrer Zelloberfläche, um mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung zu treten. Erst kürzlich wurde entdeckt, dass zahlreiche Bakterien hierfür Proteinfasern ausbilden, die eine spezielle räumliche Anordnung aufweisen, die als Amyloid bezeichnet wird. Diese Amyloid-Fasern haben vielfältige Funktionen, wie die Anheftung an und das Eindringen in den Wirt bei einer Infektion. Vielfach sind sie an der Bildung von hoch organisierten bakteriellen Gemeinschaften, sogenannten Biofilmen, beteiligt – ein Phänomen, das dazu führen kann, dass Bakterien sich dauerhaft im Körper festsetzen und Infektionen chronisch werden.
Das Überraschende an diesen bakteriellen Strukturen ist, dass sie praktisch nicht von Amyloiden zu unterscheiden sind, die als krankhafte Ablagerungen von körpereigenen Proteinen in neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson auftreten. Die Bildung dieser Ablagerungen kann die Zellen stark schädigen. Um zu verstehen, wie Bakterien es schaffen, diese potentiell toxischen Proteinstrukturen für ihre eigenen Zwecke einzusetzen – und sie für sich selbst ungefährlich zu machen – ist hochauflösende strukturelle Information nötig. Proteinfasern sind jedoch von Natur aus mit den etablierten Techniken der Strukturbiologie schwer zu untersuchen. Als äußerst erfolgreich hat sich die Kombination von Kernspinresonanz-Spektroskopie (auch „Nuclear Magnetic Resonance“ oder NMR) mit anderen biophysikalischen Methoden herausgestellt, um Strukturinformationen von Amyloiden zu erhalten.
Der Vortrag wird einen Überblick über die faszinierenden Eigenschaften bakterieller Amyloide geben. Anhand aktueller Beispiele aus der Arbeitsgruppe wird erläutert, wie NMR genutzt werden kann, um detaillierte Strukurinformationen über Amyloidfasern sowie über die Wechselwirkungen zwischen Protein zu erhalten.
Zur Person
Christiane Ritter studierte von 1992 bis 1997 Biochemie an der Universität Hannover. 2002 promovierte sie an der Eidgenössichen Technischen Hochschule Zürich im Bereich Biochemie. Anschließend arbeitete sie von 2002 bis 2007 als Postdoctoral Fellow am Salk Institute for Biological Research in La Jolla, USA, im Structural Biology Laboratory. Seit 2007 leitet sie die Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe ‚Makromolekulare Interaktionen’ am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. 2009 hat sie zusätzlich einen Ruf als Professorin für Biophysik/NMR-gestützte Infektionsforschung an der Technischen Universität Braunschweig angenommen. Ihr derzeitiger Forschungsschwerpunkt liegt in der Aufklärung von Struktur und Funktion neuer Virulenzmechanismen mit Hilfe der NMR-Spektroskopie. Christiane Ritter ist seit 2008 Mitglied der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.