Wie wohnen Menschen mit Demenz? Architektur-Förderpreis geht an Nele Tramp
Die Zahl der Demenzkranken in Deutschland nimmt kontinuierlich zu. Bis zum Jahr 2050 könnte sie sich bei Menschen über 65 Jahren von 1,7 auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen. Die Krankheit stellt auch spezielle Ansprüche an die Architektur. Wie diese Menschen mit Demenz unterstützen kann, zeigt Architektur-Absolventin Nele Tramp in ihrer bei Professorin Almut Grüntuch-Ernst am Institut für Entwerfen und Gebäudelehre entstandenen Master-Thesis „Demenzdorf Hulsberg“. Für ihre Arbeit erhielt sie jetzt den Förderpreis der Architekten für Krankenhausbau und Gesundheitswesen e.V. (AKG).
„Wie wohnen Menschen mit Demenz? Beschützt und integriert“ – mit diesem Thema sollten sich die angehenden Architekt*innen auseinandersetzen und dazu ein architektonisches Konzept entwickeln und erläutern. Insgesamt 19 Arbeiten wurden für den 9. AKG-Förderpreis für Studierende und junge Architektinnen und Architekten eingereicht.
Das von Nele Tramp entworfene Pflegeheim befindet sich nah an der Bremer Innenstadt, etwa 20 Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt, im sogenannten Hulsbergviertel. Dieses entstand aus der Planung eines neuen Krankenhauses. Aus den frei gewordenen Flächen des alten Krankenhauskomplexes im Pavillonstil entsteht um den Neubau herum ein gemischtes Wohnviertel und mittendrin das neue Pflegewohnheim.
Wichtig dabei war es, der Orientierungslosigkeit der Demenzkranken entgegenzuwirken, dem Bewegungsdrang der Bewohner*innen Platz zu bieten und der Vereinsamung entgegenzuwirken.
Rückzugsorte und Gemeinschaftsflächen
Um auf die Bedürfnisse der Bewohner*innen einzugehen und Orte zu schaffen, an denen der Tagesablauf selbstbestimmt stattfinden kann, hat Nele Tramp zwei Wohntypen entwickelt: Für Bewohner*innen in anfänglichen Stadien der Demenz gibt es Wohnungen, in denen sie mit ihren Partner*innen oder Angehörigen leben und verschiedene Formen der ambulanten Pflege in Anspruch nehmen können. Bei fortgeschritteneren Krankheitsverläufen kommen die Bewohner*innen zu siebt oder acht in Wohngemeinschaften unter. Hier haben sie private Einzelzimmer als Rückzugsort, sollen aber auch durch großzügige Gemeinschaftsflächen wie Koch- und Essbereich und Wohnzimmer in Kontakt treten.
Auch auf dem Rest der Anlage können sich die Bewohner*innen frei bewegen. „Um eine Balance aus sicherem Umfeld und Integration in die Nachbarschaft zu schaffen, sind Raumabfolgen so gewählt, dass sich Schwellenbereiche bilden, bevor die Anlage verlassen wird. Aus dem privaten Zimmer heraus gelangt man in die Gemeinschaftszone, danach an Aufenthaltsräumen und Therapieräumen entlang, bevor das Gebäude durch das mit Personal besetzte Foyer verlassen wird“, erläutert die Architektur-Absolventin in ihrem Entwurf.
Vertrautes Wohnumfeld
„Der Siegerentwurf hat das Kernkonzept der verschiedenen zu überwindenden Schwellen und verschiedenen Umläufe in den Baukörpern sehr sensibel ausgearbeitet und zeigt sich stimmig. Der städtebauliche Standort ist erstklassig ausgewählt, so schafft man hier ein sehr attraktives Wohnen in Kombination mit der Pflege in einem urbanen Kontext mit Anbindung an die existierende Infrastruktur“, begründet die Jury ihre Entscheidung. „Die Bildung eines neuen Stadtplatzes gelingt und ist als sehr attraktiv anzusehen. […] Das Materialkonzept mit dessen Auswahl von langlebigen Baustoffen und die Farbgebung reagiert auf die Umgebung und bietet den Bewohner*innen ein vertrautes Wohnumfeld. Hervorragend ist die Ausarbeitung der Grundrisse in den verschiedenen Wohnformen. So ist die thematische Ausarbeitung des Entwurfs für das Wohnen für Demenzkranke gekonnt umgesetzt und ist verdient als diesjähriger Preisträger ausgezeichnet worden.“