Wie können wir Trainingsprozesse individualisieren? Peter Düking ist neuer Juniorprofessor am Institut für Sportwissenschaft und Bewegungspädagogik
Was passiert im Körper, wenn wir uns bewegen oder trainieren? Wie kann ein Training optimiert werden? Damit beschäftigt sich Peter Düking, seit Mai 2023 neuer Juniorprofessor für Sportwissenschaft mit Schwerpunkt Bewegung und Training an der TU Braunschweig. Im Interview erzählt er, ob Wearables – wie Smartwatches oder Fitnessarmbänder – unseren Trainingsprozess verbessern können.
Herzlich willkommen an der TU Braunschweig, Herr Professor Düking! Sie forschen und lehren seit Beginn des Sommersemesters an unserer Universität. Warum haben Sie sich für die TU Braunschweig entschieden?
Ich habe mich sehr über den Ruf der TU Braunschweig zur Junior-Professur gefreut. Die ausgeschriebene Position hat mich sehr angesprochen, da aus meiner Sicht eine sehr hohe Passung zwischen den Anforderungsfeldern und meinen Aktivitäten in Forschung und Lehre bestand. Das scheint sich dann ja auch bestätigt zu haben. Im gesamten Prozess hatte ich die ganze Zeit ein gutes Gefühl, da sehr angenehme und wertschätzende Gespräche auf wirklich allen Ebenen stattgefunden haben. An dieser Stelle auch nochmal ein großes Kompliment an alle beteiligten Personen!
Braunschweig als meinen zukünftigen Lebensmittelpunkt zu wählen, konnte ich mir von Anfang an sehr gut vorstellen, da es zentral in Deutschland gelegen ist und da ich auch als Kind häufiger in der Region war. Ich kannte mich also schon ein bisschen aus hier in der Gegend. Auf die anstehenden Aufgaben freue ich mich jetzt sehr!
In Ihrem Forschungsschwerpunkt beschäftigen Sie sich mit den Themen Bewegung und Training. Um was geht es da genau?
In meiner Forschung untersuche ich die akuten Reaktionen und chronischen Adaptionen auf verschiedene Bewegungs- und Trainingsreize. Dabei befasse ich mich hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) mit physiologischen Parametern. Mir geht es darum herauszufinden, was im Körper passiert, wenn wir uns bewegen oder trainieren und wie effektiv verschiedene Bewegungs- und Trainingsmaßnahmen sind. Dieses Wissen versuche ich zu nutzen, um Bewegung und Training zu optimieren. Dafür betrachte ich ganz unterschiedliche Personengruppen. Bisher waren Breiten- und Spitzensportler*innen häufig Gegenstand meiner Forschung, aber auch eher inaktive oder sogar erkrankte Personengruppen können Teil meiner Forschung sein. Ebenso befasse ich mich mit allen Altersgruppen.
Für meine Forschung nutze ich klassische Labordiagnostik. So setze ich zum Beispiel die Spiroergometrie zur Überprüfung von Herz, Kreislauf, Atmung und Stoffwechsel ein, um einen Einblick in die „Fitness“ zu bekommen. Darüber hinaus evaluiere ich aber auch beständig die Möglichkeiten, die uns tragbare Technologien wie Accelerometer, Smartwatches und so weiter geben, um gegebenenfalls weitere Parameter aus dem Alltag der untersuchten Person mit in die Analysen einfließen lassen zu können. Wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, kann man mithilfe tragbarer Technologien ein viel besseres Bild der Person bekommen und bestenfalls besser erklären, warum und wieso sich dieser Mensch gut (oder schlecht) an eine Bewegungs- oder Trainingsmaßnahme angepasst hat.
In dem Zusammenhang werden Sie doch bestimmt auch häufig gefragt, ob tragbare Technologien im Trainingsprozess eine Verbesserung bringen?
Stimmt – das werde ich wirklich häufig gefragt. Die Frage ist aber gar nicht so leicht zu beantworten.
Zunächst stelle ich dann immer gerne die Rückfrage, ob die jeweilige Person denn ein Problem im Trainingsprozess hat. So etwas wie eine fehlende Anleitung zur Trainingsintensität beim Laufen, eine schlechte Regeneration aufgrund von schlechtem Schlaf, oder oder oder…
Erst dann kann man evaluieren, ob es bestimmte Technologien gibt, die bei diesen Aspekten im Trainingsprozess helfen können. Diese Evaluation ist dann auch gar nicht so leicht – häufig scheitert es schon bei vielen derzeitig erhältlichen Geräten an der Reliabilität und Validität der Daten. Aber in bestimmten Anwendungsfällen sind manche Parameter auch schon gut erfassbar. Ein Beispiel: In der Vergangenheit wurde die Herzfrequenz im Sport immer über einen Brustgurt aufgenommen. Moderne Smartwatches erfassen den Puls allerdings über optische Sensorik am Handgelenk. In der Vergangenheit war diese Erfassung noch sehr fehlerhaft. Wir konnten aber in eigenen Untersuchungen zeigen, dass manche Geräte durchaus in bestimmten Situationen angewendet werden können und die Daten verlässlicher werden.
Dann kommt aber häufig die viel größere Hürde: die Interpretation der Daten und die Ableitung von Handlungsempfehlungen. Man darf nämlich nicht meinen, dass derzeitige Endkonsumentengeräte schon so gut sind, dass sie einem diese Handlungsempfehlung verlässlich selbst geben – hier ist häufig noch viel Arbeit gefragt. Die Daten müssen evaluiert und kontextualisiert werden. Häufig weiß man gar nicht, welchen Einfluss bestimmte Aspekte aus dem Leben einer Person auf Bewegungs- und Trainingsprozesse haben. Wir können dank tragbarer Technologien gerade anfangen, neue Aspekte im Bewegungs- und Trainingsprozess zu messen, müssen diese aber noch besser verstehen. Hier besteht sicherlich noch viel Forschungsbedarf.
Was begeistert Sie an Ihrer Forschung?
Insbesondere freut es mich, dass ich mit meiner Arbeit (hoffentlich) das Bewegungs- und Trainingsverhalten besser verstehen, aber dann auch positiv beeinflussen kann. Mich hat immer die Funktionsweise des menschlichen Körpers interessiert. Warum sind manche Leute so gut im Sport und andere weniger? Dies liegt sicherlich an vielen verschiedenen Gründen, aber eben auch an der Art und Weise, wie trainiert wird. Hier wissen wir mittlerweile, dass nicht jeder Mensch gleich ist und daher auch andere Trainingsprozesse benötigt werden. Aber wie wir Trainingsprozesse individualisieren können, ist noch nicht ganz klar. Das herauszufinden und in der Praxis zu implementieren, finde ich wahnsinnig spannend. Der Transfer der Forschung in die Praxis darf nicht fehlen und eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis liegt mir am Herzen. Dazu kooperiere ich auch gerne zum Beispiel mit verschiedenen Vereinen und Verbänden.
Welche Schwerpunkte werden Sie in der Lehre setzen?
Gerne würde ich den Studierenden das interdisziplinäre Feld der Bewegungs- und Trainingswissenschaft näherbringen. Dabei werden wir uns zunächst mit physiologischen Grundlagen – beispielsweise zum Herzen, zur Muskulatur, zum Blut etc. – auseinandersetzen. Dieses Wissen brauchen wir, um dann Themen wie Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination bearbeiten zu können. Dazu würde ich auch gerne nationale und internationale Gastreferent*innen einladen. Mir ist es wichtig, den Studierenden Grundlagen, aber auch anwendungsorientiertes Wissen und vor allem Freude am Feld Bewegung und Training zu vermitteln.
Was möchten Sie den Studierenden mit auf den Weg geben?
Bleibt neugierig! Habt Spaß an Bewegung und Training und setzt jetzt die Grundlage für lebenslange Bewegung! Ich glaube, das Feld Bewegung und Training ist nicht nur für den beruflichen Werdegang wichtig, sondern auch für jeden und jede ganz privat.
Noch eine letzte Frage: Wie halten Sie sich eigentlich fit?
Ich kann mich an eigentlich jeder Form von Bewegung und Training erfreuen, aber insbesondere halte ich mich gerne draußen in der Natur zum Beispiel beim Laufen, auf dem Mountainbike oder beim Kitesurfen fit. Hier freue ich mich schon auf Touren in den nahegelegenen Harz oder in Richtung Nordsee.