„This is paradise“ – forschen an Indiens bester Universität Fünf Fragen an Professor Daniel B. Werz
Das Indian Institute of Technology Bombay (IITB) liegt im Norden Mumbais. Es wurde 1958 mit sowjetischer Hilfe vom indischen Zentralstaat gegründet und bezeichnet sich selbst als Indiens beste Universität. Auch in den internationalen Rankings schneidet die Elite-Hochschule hervorragend ab. Mit der Technischen Universität Braunschweig bestehen mehrere Kooperationen. Regelmäßig kommen Studierende der Informatik und Informationstechnik zum Forschungsaufenthalt in die Löwenstadt. Aber auch andersherum kommt der Austausch in Gang. Professor Daniel B. Werz vom Institut für Organische Chemie der TU Braunschweig ist zurzeit Gastprofessor am IITB. Er wird in den nächsten zwei Jahren insgesamt zwei Monate dort verbringen und Gastvorträge am IITB sowie an anderen Universitätsstandorten in Indien halten. Vom ersten Teil seiner Reise ist er gerade zurückgekehrt. Wir haben mit ihm über den bisher noch unterschätzten „heißen“ Forschungsstandort gesprochen.
Herr Professor Werz, wie ist das, wenn man den Campus der IITB in der größten Stadt Indiens betritt?
Man kommt in eine komplett andere Welt. Mumbai ist bunt, kontrastreich, für unsere Begriffe chaotisch und mit seinen 12,5 Millionen Einwohnern extrem dicht besiedelt. Man sieht sehr viel Armut, aber auch Wohlstand – alles dicht nebeneinander. Die Luft ist heiß und schmutzig, und man kommt im dichten Verkehr nur langsam voran. Ganz anders auf dem Campus. Den betritt man durch eines von drei Toren, an denen der Sicherheitsdienst nur Mitglieder der Universität einlässt. Mit einem Mal ist es grün und schattig. Sogar die Temperaturen sind durch die hohen Bäume zwei bis drei Grad niedriger. „This is paradise“, sagen die Kollegen dort, und gerade im Vergleich zur Außenwelt kann man das nur bestätigen.
Das IITB gilt international als Eliteuniversität. Worauf gründet sich der gute Ruf?
Es gibt strenge Aufnahmekriterien. Nur die besten 0,2 Prozent der Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs haben die Chance, dort zu studieren. Das IITB ist in jeder Hinsicht ein echtes „Powerhouse“. Wer es erst einmal an diese Universität geschafft hat, weiß, dass er oder sie etwas erreichen kann, wenn das Examen stimmt. Was unser Fach, die Chemie, betrifft, haben nicht umsonst die industriellen global Player in den vergangenen Jahren in der Nähe des IITB große Niederlassungen gegründet. Das gilt auch für andere Industriezweige.
Was ist der größte Unterschied zum deutschen Universitätssystem?
In der Chemie sind die Institute räumlich und hinsichtlich ihrer Ausstattung dort erheblich eingeschränkter. Es ist ganz schön eng in den Laboren und die Sicherheitsbestimmungen sind viel laxer als in Deutschland. Vor diesem Hintergrund ist es allerdings erstaunlich, wie effektiv viele der Kolleginnen und Kollegen dort arbeiten. Die Kolleginnen und Kollegen, aber auch die Studierenden und Graduates sind oft 14 Stunden im Institut. Sie schlafen in Wohnheimen auf dem Campus und werden dort auch mit allem versorgt. Zum Ausgleich gibt es Restaurants und kleinere Shops und vor allem jede Menge guter Sportanlagen. In den direkt an den Campus angrenzenden See sollte man allerdings besser nicht schwimmen, allein schon wegen der Krokodile.
Ist die Universität auch attraktiv für unsere Studierenden?
Ich selbst war schon häufig in Indien auf Vortragsreisen und habe entsprechend oft auch indische Kollegen in Braunschweig zu Gast. Wenn ich allerdings meine Studierenden bzw. Promovierenden auffordere, einmal über einen Auslandsaufenthalt dort nachzudenken, ernte ich bisher noch jedes Mal Lacher. Aber das ändert sich. Gerade jetzt ist einer meiner Doktoranden, Martin Petzold, am IITB. Ich habe ihn dort auch getroffen. Nach dem ersten Kulturschock geht es ihm jetzt sehr gut. Vor der Regenzeit und der großen Hitze, die ab Mai einsetzen, kommt er zurück, wie die meisten Europäer.
Was können Studierende und Graduates in Mumbai lernen, das ihnen die TU Braunschweig so nicht vermitteln kann?
Da ist natürlich die sprachliche und kulturelle Kompetenz, die sie erwerben. Und sie lernen auf jeden Fall, mit wenig auszukommen und trotzdem exzellente Arbeit zu leisten. Das wissen auch deutsche Arbeitgeber zu schätzen, zumal dann, wenn sie international agieren.