12. April 2017 | Magazin:

Die Lichtbändigerin Forschung im Fokus: An den Grenzen des Messbaren

Ein bisschen überrascht war Stefanie Kroker schon, als die Stellenzusage kam. Schließlich war es ihre erste Bewerbung nach Physikstudium und Promotion. „Ich habe mich aber sehr gefreut, dass es gleich auf Anhieb geklappt hat “, sagt sie. Seit April 2016 ist die 32-Jährige Juniorprofessorin Leiterin der Nachwuchsgruppe „Metrologie für funktionale Nanosysteme“ am Forschungszentrum LENA der Technischen Universität Braunschweig und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB).

Bis der Neubau des Forschungszentrums fertig ist, arbeitet sie von der PTB aus. Auf dem Schreibtisch in ihrem Büro: Papiere, Notizbücher, Handy und Kaffeetasse. Es herrscht „kreatives Chaos“, wie sie lachend zugibt. An der Wand hängt ein Panoramafoto von ihrer Heimatstadt Jena, ein Geschenk von Kollegen. Zu ihrem Team zählen zurzeit etwa eine Handvoll Doktorandinnen, Doktoranden und Studierende. Die Arbeitsgruppe ist gerade im Aufbau.

Hochpräzision mit Allerweltsmaterial

Juniorprofessorin Stefanie Kroker leitet die Nachwuchsgruppe Metrology for Functional Nanosystems am LENA, dem gemeinsamen Forschungszentrum der TU Braunschweig und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Foto: Andrea Hoferichter/TU Braunschweig

Aber auch die Forschungsarbeit kommt nicht zu kurz. Krokers Thema: supergenaues Messen mit Licht und Strukturen im Millionstel-Millimeter-Maßstab. Damit könnten in Zukunft unter anderem Luftschadstoffe oder Krebszellen leichter detektiert und Lasermesstechnik genauer werden. „Wir setzen dabei auf Materialien, die gut verfügbar und nicht teuer sind, zum Beispiel Silizium“, berichtet die Physikerin. Der Halbleiter steckt unter anderem in Sand und ist schon seit Jahrzehnten die Basis von Mikrochips und Solarzellen. Wie das Allerweltsmaterial auf Licht reagiert, wenn es nanometerklein ist, will Krokers Team jetzt genauer untersuchen. „Das ist heute noch weitgehend unbekannt“, sagt sie.

„Der Hörsaal erdet mich“

Zwei Tage pro Woche verbringt die junge Professorin an der TU Braunschweig, hält Vorlesungen und betreut ihre Studierenden. „Ich bin gerne im Hörsaal“, betont sie. Es sei wichtig, einen Beitrag für gut ausgebildete Forscherinnen und Forscher zu leisten. Außerdem seien die Tage an der Uni ein guter Ausgleich. „Mich komplett auf die Studierenden zu konzentrieren, erdet mich regelrecht.“

Hinter dieser Tür befindet sich das Laserlabor, in dem Stefanie Kroker mit Licht und Strukturen im Millionstel Millimeterbereich hochgenau messen kann. Foto: Andrea Hoferichter/TU Braunschweig

Stefanie Kroker sieht sich als Professorin mit „Brückenfunktion“. Sie will die enge Zusammenarbeit von TU Braunschweig und PTB noch vertiefen. Und sie stärkt die Bindungen zur Leibniz-Universität Hannover. Dort hat sie als Doktorandin mit Fachkollegen optische Sensoren entwickelt, mit denen Anfang 2016 erstmals Gravitationswellen gemessen werden konnten. Es war ein Meilenstein in der Wissenschaftsgeschichte, die Bestätigung für Einsteins Relativitätstheorie und der Schlüssel für ganz neue Einblicke ins kosmische Geschehen.

Offenbar muss man für eine solche Karriere kein Nerd“ sein, der schon im Grundschulalter erste Radios zusammenlötet. „Mir wurde erst in der achten, neunten Klasse bewusst, dass mich wissenschaftliche Fragen besonders interessieren“, erzählt Stefanie Kroker. Und sie hat weitere Interessen, reist zum Beispiel gerne nach Italien, in die Gegend um Neapel. Die italienische Sprache hat sie sich als Teenager selber beigebracht.

Außerdem macht die Physikerin gerne Musik, spielt Akkordeon, Bassgitarre und seit vier Jahren auch Klavier. Ob sie schon bei einer der Bigbands von PTB und TU angeheuert habe? „Ja, ich habe gehört, dass es hier so etwas gibt“, sagt die Forscherin und lacht. „Aber das muss noch ein bisschen warten. Gerade fehlt mir einfach die Zeit dafür.“

Text: Andrea Hoferichter