Statistik und Forschungsdesign: Studierende beraten Studierende Was die Methodenberatung bietet
Hypothesen, Modelle, Statistik und Forschungsdesign – empirische Methoden gehören zum Handwerkzeug von vielen Studierenden, vor allem, wenn es um Seminar- und Abschlussarbeiten geht. Wer Fragen zu diesem komplexen Thema hat, kann sich an MethodAid wenden. MethodAid ist eine studentische Vereinigung, die seit 2018 Studierende berät. In Workshops und Webkonferenzen gibt sie Tipps, wie man zum Beispiel Umfragen, Stichproben und Auswertungen anlegt. Für ihr Engagement wurden Studierende 2021 mit dem Niedersächsischen Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Wir haben mit den beiden Initiatoren Gordon Grabert und Hendrik Gräfe über die studentische Methodenberatung gesprochen.
Wie entstand die Idee zu einer Methodenberatung für Studierenden? Gab es einen konkreten Anlass?
Gordon Grabert: In Studienfächern wie der Psychologie spielt empirische Forschung eine wesentliche Rolle. Studierende führen Fragebogenstudien oder Experimente im Laufe des Studiums und vor allem für Abschlussarbeiten durch. Für viele von ihnen stellen die statistische Modellierung sowie untersuchungsplanerische Überlegungen eine große Herausforderung dar. Damals vor der Gründung gab es für Studierende kein Beratungsangebot für solche Fragen. Um Rat wurden häufig Kommiliton*innen gebeten. Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass viele Studierende großen Respekt davor haben, sich bei Fragen an Dozierende und Professor*innen zu wenden. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee zu einer studentischen, niedrigschwelligen Methodenberatung.
Wann war klar, dass das größer aufgezogen werden sollte?
Hendrik Gräfe: Das war eigentlich von Anfang an das Ziel. Uns war schnell bewusst, dass sich jeder, der sich mit Forschungsmethodik und Statistik auseinandersetzt, mit sehr ähnlichen Problemen konfrontiert sieht. Uns war es aber auch wichtig, uns nicht zu übernehmen und die Entwicklung von MethodAid mit Bedacht voranzutreiben.
Mit welchen Fragen kommen die Studis zu Euch?
Hendrik Gräfe: Fragen beziehen sich beispielsweise auf die Wahl eines angemessen statistischen Tests oder auf die Interpretation von komplexen statistischen Modellen. Andere Fragen beziehen sich auf die Identifikation des richtigen Untersuchungsdesigns. Hier liegt die Herausforderung häufig darin, dass nur kleine Stichproben erhoben werden können. Hierbei stellt sich die Frage, wie trotz vieler praktischer Einschränkungen dennoch eine solide Untersuchung durchgeführt werden kann.
In den meisten Fällen wird das Beratungsangebot von Studierenden in Anspruch genommen, um sich eine Meinung einzuholen, ob das gewählte Verfahren zur statistischen Überprüfung der aufgestellten Hypothesen angemessen ist oder ob es Alternativen gibt. Dabei stellt sich nicht selten heraus, dass die Probleme bei der Planung der statistischen Modellierung daher rühren, dass die aus der Theorie abgeleiteten Fragestellungen und Hypothesen nicht sauber aufgestellt wurden. Ein Ergebnis kann also sein, dass in der Beratung erkannt wird, wo eigentlich der Schuh drückt. Im Idealfall wissen die Studierenden nach Abschluss der Beratung, an welchen Stellen sie nachbessern müssen. Viele Probleme lösen sich dann wie von selbst.
Wie organisiert Ihr Euch, wie viele seid Ihr heute, wer macht was?
Gordon Grabert: Der Aufbau von MethodAid lief im Herbst 2017 an. Seit Anfang Januar 2018 bieten wir diese Beratung an. Seit 2020 haben wir den Status einer studentischen Vereinigung an der TU Braunschweig. Aktuell bestehen wir aus elf Studierenden (Stand Oktober 2021), vorrangig aus der Psychologie. Geleitet wird die Vereinigung durch einen Vorstand, dem unter anderem wir angehören. Grundsätzlich treten alle Mitglieder als Beratende auf. Der Vorstand kümmert sich zudem um organisatorische und administrative Aufgaben, sowie die Vertretung der Vereinigung nach außen. Mitmachen können grundsätzlich alle Studierende, die Spaß und Interesse an Forschungsmethodik habe. Das Studienfach spielt dabei keine Rolle.
Sicherlich macht das alles viel Mühe. Was treibt Euch an?
Hendrik Gräfe: Eines unserer wesentlichen Credos ist, dass wir eine Gemeinschaft von Leuten sind, die Spaß an Forschungsmethoden und Statistik haben. Für uns lohnt sich das allein schon deswegen, dass wir unser Interesse und Wissen auf eine schöne Art und Weise nutzen können, während wir uns dabei selbst weiterbilden. Gleichzeitig sind wir in der Lage, einen positiven Beitrag zur Qualität studentischer Arbeiten zu leisten. Und nicht zuletzt erfahren wir sehr viel Anerkennung und Dankbarkeit für das, was wir tun. Das berührt und motiviert ungemein. In diesem Sinne war auch die Verleihung des Niedersächsischen Wissenschaftspreises an Studierende für ihr Engagement bei MethodAid eine schöne Wertschätzung. Solche Ereignisse zeigen uns allen, dass wir uns für eine gute Sache einsetzen.
Und jetzt in der Pandemiesituation, wie könnt Ihr Eure Arbeit fortsetzen?
Gordon Grabert: Unser Beratungsangebot lässt sich durch WebEx und BigBlueButton sehr gut digitalisieren und verschafft uns gestalterische Freiräume, die uns so vorher nicht bewusst waren. Wir überlegen, dies nach der Pandemie beizubehalten und im Rahmen eines Hybrid-Modells durch Vor-Ort-Angebote zu ergänzen.
Könnt Ihr auch Internationals unterstützen?
Gordon Grabert: Wir können und wollen sehr gerne Internationals unterstützen und würden uns freuen, aus dieser Richtung mehr Zulauf zu erhalten. Wir wollen dies in Zukunft durch eine stärkere bilinguale Ansprache via Homepage oder E-Mail erreichen.
Was ist als nächstes geplant?
Hendrik Gräfe: Ein für uns wichtiges Thema ist die inner- und außeruniversitäre Vernetzung. Gerade die Vernetzung von Studierenden untereinander hat während der Pandemie stark gelitten. Doch gerade ist diese ist wichtig für den Zusammenhalt, die Kreativität bei der Entwicklung von Projekten, die Bildung von Freundschaften und die professionelle und persönliche Weiterentwicklung.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass die fächerübergreifende Bekanntheit von MethodAid wächst. Nicht nur durch die Erweiterung der Zielgruppe unserer Beratung, sondern auch durch neue Mitglieder. Darüber hinaus fokussieren wir die Vernetzung in universitätsübergreifenden Netzwerken (z. B. PsyFaKo), um gemeinsam Konzepte und Formate zu erarbeiten, um der studentischen Auseinandersetzung mit Forschungsmethoden und Statistik eine größere Plattform zu bieten und unter Umständen sogar noch weitreichender als Vorbild für Studierende im DACH-Bereich zu agieren.