20. April 2021 | Magazin:

Post aus … Tromsø Psychologie-Studentin Johanna Wanke berichtet aus Norwegen

Hier lebe ich momentan:

Zurzeit lebe ich im arktischen Tromsø im Norden Norwegens. Schon gewusst? Tromsø ist weltweit das drittgrößte Stadtgebiet nördlich des Polarkreises. Dennoch ist die wunderschöne Natur Norwegens hier stets nur einen Katzensprung entfernt.

Das mache ich in Tromsø:

Eigentlich studiere ich Psychologie an der TU Braunschweig. An der Universität in Tromsø belege ich aber Kurse im Rahmen der überfachlichen Profilbildung. In „Sustainable Business“ lerne ich mehr über ganzheitlich nachhaltige Businessmodelle, ein sehr spannendes und aktuelles Thema. Nachdem ich die Serie „Vikings“ geliebt habe, erfahre ich nun in meinem Geschichtskurs „Norway & the world from 850-1550“ endlich mehr über die Wikinger und was danach mit Norwegen passierte. „Nebenbei“ versuche ich noch Norwegisch zu lernen. Die Sprache ist dem Deutschen übrigens gar nicht so fern, manches kann man sich zumindest in geschriebenen Texten schon ein wenig erschließen.

Das bin ich bei einer der ersten längeren Wanderungen im Januar. Die Aussicht war wunderschön, aber eiskalt bei ca. -10°C und Wind! Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Die Insel Tromsøya, auf der der Hauptteil der Stadt liegt. Die Insel streckt sich relativ lang, weshalb man mit dem Bus doch immer eine Weile von A nach B braucht. Hier die Aussicht vom beliebtesten Berg in Tromsø. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Das ist einer der kleinen Pfade direkt am Campus. Manche Verbindungen zwischen Gebäuden erreicht man am schönsten über diese Pfade. Einige Gebäude sind aber auch durch unterirdische Gänge verbunden, sodass man dort warm und trocken langgehen kann. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Der kleine Berg in meiner Nachbarschaft, einer meiner Lieblingsplätze hier. Bei schönem Wetter eine wunderschöne Aussicht in alle Richtungen. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Das war Anfang Januar in der Polarnacht, als die Sonne noch nicht über die Berge stieg. Und als noch fast gar kein Schnee lag. Kann man sich jetzt bei den Schneemassen gar nicht mehr vorstellen. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Die Schneesituation hatte sich dann nämlich doch recht schnell geändert. Ohne Schneeschuhe kommt man bei manchen Wanderungen nicht weit… Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Die ganze Region ist so schön, da lohnen sich Tagesausflüge immer. Hier ein Roadtrip nach Sommarøy („Sommerinsel“). Das erste Mal in der Arktis Autofahren ist übrigens ganz schön aufregend, aber sehr cool! Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Die Aussicht, die man auf dem ersten Bild schon etwas erahnen konnte. Meiner Meinung nach einer der schönsten Fjorde der Welt. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Über Ostern ging es dann für ein paar Tage auf die Lofoten – ein langjähriger Traum von mir. Hier ein Bild von einer Wanderung zum Kvalvika Beach, zu dem man nur zu Fuß (oder mit dem Boot) kommt. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Ein obligatorisches klassisches Bild von den Lofoten. Hier auf dem Bild der Ort Å. Die Lofoten sind übrigens in der Luftlinie nur ca. 270 Kilometer entfernt, mit dem Auto benötigt man aber trotzdem acht bis zehn Stunden dorthin. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Ein weiteres obligatorisches Bild von Nordlichtern. Aber keine Kamera kann erfassen, wie es sich anfühlt, unter einem Himmel von Nordlichtern zu stehen. Bildnachweis: Johanna Wanke/TU Braunschweig

Mein Aufenthalt dauert insgesamt:

Sechs Monate, von Anfang Januar bis Ende Juni. Von der Polarnacht bis zur Mitternachtssonne.

Darum habe ich mich für einen Auslandsaufenthalt entschieden:

Ich habe schon vor Jahren mein Herz ans Reisen verloren. Nach dem Abi habe ich für ein halbes Jahr in Australien gelebt, eine Erfahrung, die ich niemals missen möchte. In einem anderen Land zu leben, eine andere Kultur (und nun auch Sprache) kennenzulernen, die Natur und das Land selbst zu erkunden… Das stillt eine Sehnsucht, die sich aber wohl nie ganz legen wird. Immer wieder zerrissen zwischen Fernweh und Heimweh bin ich sehr froh, dass ich das Auslandssemester gewagt habe. Erasmus+ ist eine wundervolle Chance, Studieren mit Reisen zu verbinden! Vor allem jetzt gerade in Corona-Zeiten ist Nordnorwegen mit seiner spärlichen Besiedlung und somit niedrigen Fallzahlen eine sehr willkommene Abwechslung. Lustig für mich ist auch der Kontrast zwischen dem langen heißen Sommer damals in Australien und nun dem langen kalten Winter hier in der Arktis!

Leben vor Ort

So wohne ich in Tromsø:

Ich wohne in einer WG in einem Studentenwohnheim im Norden der Stadt, schon sehr ländlich gelegen. Aus unserem Küchenfenster haben wir eine fantastische Aussicht auf die Bergkuppen der gegenüberliegenden Insel. Meine Mitbewohner*innen kommen aus Österreich, Venezuela und Italien. So habe ich zum Beispiel schon viele Kochtipps, allen voran aus Italien, erhalten. Oder ich hole, wenn das Heimweh ruft, ein kulinarisches Stückchen Deutschland/Österreich nach Norwegen.

Was unterscheidet das Studieren in Tromsø von dem in Deutschland?

Die UiT (Universitet i Tromsø), auch die arktische Universität Norwegens genannt, ist die nördlichste Uni der Welt! Das merkt man hier natürlich stark: Der Winter ist sehr lang und der Alltag ist stets von unterschiedlichen Schnee-/Eis-/Regenverhältnissen geprägt. Funfact: Die Norweger heizen einige Gehwege an der Uni und in der Stadt! Das macht es auf jeden Fall einfacher, nicht ständig übers Eis zu rutschen… Auch ungewohnt ist, dass man sich hier stets duzt, im Alltag mit Fremden wie auch in der Uni mit Dozent*innen und Professor*innen.

Abgesehen davon haben wir hier während des Semesters mehr zu tun, als das bei manchen Modulen an der TU der Fall ist: Mid-term Assignments, Essays, Präsentationen. Dafür sind die Klausuren am Semesterende (vermutlich zum Teil aufgrund von Corona) zumeist ebenso Assignments statt der üblichen Klausurfragebögen. Da sich aber das Ende meines Bachelorstudiums nähert und auch die BA schon erledigt ist, habe ich hier allgemein mehr Freizeit als zu Hause. Damit bin ich allerdings eher die Ausnahme.

Besonders typisch für mein Aufenthaltsland ist:

Wo das Auge auch hinblickt, man sieht Berge, Fjorde und Sunde. Umgeben von der faszinierenden arktischen Natur ist das Leben ganz anderes als zu Hause in Braunschweig. Jetzt gerade, Mitte April, liegt noch etwa ein Meter Schnee, der vermutlich auch noch für Wochen oder Monate bleiben wird. Damit ergeben sich unzählige Möglichkeiten, die Natur und Region zu Fuß, auf Langlauf- und Abfahrtski, auf Schneeschuhen, mit Bus und Auto zu erkunden. Was man allerdings nie vergessen darf: Aufgrund von fehlenden Autobahnen oder größeren Straßen braucht es wirklich lange, um von einer Stadt in die nächste zu kommen! Dafür wird man stets mit wunderschönen Aussichten belohnt.

Das habe ich hier in den ersten drei Tagen gelernt:

Norweger*innen bezahlen alles mit Karte. Alles. Bargeld wird nur in den seltensten Fällen verwendet. Zudem kann man Alkohol nur im sogenannten „Vinmonopolet“ (dem „Weinmonopol“) kaufen, und das auch nur zu gewissen Uhrzeiten. Auch an die Preise hier muss man sich erst mal gewöhnen. Der günstigste Wein überhaupt kostet knapp 10 Euro.

Die bisher größte Herausforderung während meines Aufenthaltes:

Dass ich nicht „mal eben“ nach Hause fliegen kann, da Norwegen aufgrund von Corona die Grenzen geschlossen hat. Auch wenn wir hier oben im Norden doch vergleichbar viele Freiheiten haben, ist die Corona-Situation immer noch sehr präsent. Dass Freunde oder Familie mich vermutlich nicht besuchen kommen können, ist auch sehr schade.

Das nehme ich von hier mit nach Hause:

Viele, viele Bilder und Videos. Neue Freundschaften und unzählige schöne Erinnerungen. Und natürlich meine Abfahrtski, die ich hier gebraucht gekauft habe, „nur“ eine 3-stündige Busfahrt entfernt.

Gut zu wissen

Diese landestypische Speise sollte man unbedingt probieren:

Auf jeden Fall Brunost, einen braunen, süßlichen Käse. Typisch norwegisch isst man ihn auf Waffeln, die man übrigens auch überall fertig belegt erhalten kann. Und was für die Deutschen die Bratwurst im Brötchen ist, ist für die Norweger*innen die „pølse med lompe“ („Wurst im Fladenbrot“), wobei Lompe eher ein Kartoffelpfannkuchen ist. Und diverse Variationen von Fisch sowie Rentier sind hier Delikatessen, die ich allerdings noch nicht probiert habe.

Welches Fettnäpfchen sollte man in Norwegen vermeiden?

Den oder die Norweger*in vollzuquatschen, wenn er oder sie es nicht von sich aus initiiert. Die meisten sind zwar durchaus gesprächig und auf jeden Fall sehr freundlich und offen, dennoch lieben sie ihre Freiheit und Ruhe. Es ist also kein Wunder, wenn man norwegische Mitbewohner*innen mal länger gar nicht sieht. Außerdem sollte man den Bier-/Weineinkauf wochentags vor 20 Uhr und am Samstag vor 18 Uhr erledigen.

Diesen Tipp gebe ich anderen Studierenden, die ins Ausland gehen möchten:

Sei mutig und wage dich, trotz aller möglichen Hürden ins Ausland zu gehen! Du wirst ganz sicher mit tollen Erfahrungen belohnt werden!

Vor allem jetzt gerade während Corona bist du auch ganz sicher nicht die einzige Person, die ein Auslandssemester macht. Es gibt immer noch genug andere internationale Studierende. Damit ist es auch gar nicht schwer, neue Leute kennenzulernen. Ach und Deutsche finden sich sowieso überall, wo man hingeht!

Diese besonderen Vorkehrungen habe ich im Vorfeld wegen des Corona-Virus getroffen:

Anfang Januar, als ich hier angekommen bin, waren die norwegischen Grenzen noch nicht so abgeschottet, wie das seit Ende Januar der Fall ist. Dennoch war die Einreise nervenaufreibend: Ich musste eine geeignete Quarantäne-Unterkunft für zehn Tage nachweisen, diverse Papiere sowie natürlich einen negativen Corona-Test vorzeigen. Glücklicherweise hat die UiT die Quarantäne für alle internationalen Studierenden organisiert, sodass ich keine 500 Euro für die offiziellen Quarantänehotels ausgeben musste. Nach Ankunft habe ich dann noch einmal einen Corona-Test gemacht sogar kostenlos war.

Alles in allem war es ein sehr merkwürdiges Gefühl, das erste Mal seit der Pandemie wieder zu reisen und in ein Flugzeug zu steigen. Bis kurz vorher war es ungewiss, ob es tatsächlich klappt. Auch Flüge zu Corona-Zeiten zu buchen, ist definitiv Stress und ein Zeitaufwand, den ich mir gern erspart hätte. Aber es hat sich definitiv gelohnt!

So beeinflusst das Corona-Virus meinen Aufenthalt:

Im Großen und Ganzen haben wir es hier im spärlich besiedelten Nordnorwegen ziemlich gut. Vor einigen Wochen gab es allerdings einen lokalen Ausbruch, der vermutlich aus Oslo eingeschleppt wurde. Und über Ostern galten landesweit strengere Regelungen.

Abgesehen davon haben wir hier im Norden aber kaum Corona-Fälle, sodass ein Teil der Vorlesungen und Seminare in Präsenz stattfinden kann. Die Kletter- und Boulderhalle hat offen, ebenso wie Cafés und Restaurants. Bald darf dort auch wieder Alkohol ausgeschenkt werden, das war drei Wochen über Ostern hinweg nicht erlaubt. Die Situation kann sich natürlich immer schnell wieder ändern, wenn die Fallzahlen steigen. Aber auch wenn größere soziale Events in Präsenz fehlen und Freunde oder Familie nicht herkommen können, ist es doch vergleichsweise entspannt hier.

So habe ich mir trotz der Pandemie am liebsten die Zeit vertrieben:

(Nord-)Norwegen bietet in Pandemiezeiten die allerbesten Bedingungen, sich draußen die Zeit zu vertreiben! Nicht umsonst trifft man auf den Langlauf-Loipen, die sich in Wäldern über die ganze Insel (Tromsøya) ziehen, stets fitte Norweger*innen. Auch Tourenski fahren ist hier sehr beliebt, dazu braucht man allerdings das richtige (teure) Equipment. Daher nutze ich dann doch eher die Skipisten auf dem Festland, ca. 40 bis 50 Minuten mit dem Bus entfernt. Sich mit Freunden auf einen Kaffee zu treffen oder übers Wochenende eine Hütte außerhalb der Stadt in der Natur zu mieten, sind nicht nur beliebte Aktivitäten bei den Norweger*innen. Bei uns internationalen Studis sind sie ebenso beliebt. Abgesehen davon lohnt sich immer ein Besuch der Sauna mit kurzem Eisbad, um den Körper und die Seele zu erfrischen.