6. Mai 2022 | Magazin:

Post aus … Braunschweig Lisa-Katharina Möhlen aus Wien berichtet über Ihre Erfahrungen als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften

Lisa Möhlen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft in der Abteilung Schulpädagogik. Bildnachweis: Simone Fürst/TU Braunschweig

Lisa Möhlen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft in der Abteilung Schulpädagogik. Bildnachweis: Simone Fürst/TU Braunschweig

Allgemeine Informationen

Das mache ich in Braunschweig

Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft in der Abteilung Schulpädagogik. Hier forsche ich im Rahmen eines binationalen Promotionsvorhabens (Cotutuelle de thesis) in Kooperation zwischen der TU Braunschweig und der Universität Wien an der Frage, welche Faktoren die stagnierende Umsetzung von internationalem Recht auf inklusive Bildung in Deutschland und Österreich beeinflussen und welche Rolle die Digitalisierung bei der Schulentwicklung spielt. Denn sowohl in Deutschland als auch in Österreich entwickelt sich das inklusive Schulsystem sehr langsam, obwohl es seit fast 20 Jahren ein internationales Recht auf inklusive Bildung gibt. Finanziert wird das Promotionsvorhaben durch die Österreichische Akademie der Wissenschaft (ÖAW).

Meine Promotionsförderung läuft insgesamt …

drei Jahre. Da sich meine Forschung sowohl auf Deutschland als auch Österreich bezieht, werde ich in den drei Jahren, z.B. für die Datenerhebung, zwischen Braunschweig und Wien pendeln.

Darum habe ich mich für einen Aufenthalt an der TU Braunschweig entschieden

Zunächst habe ich ein Jahr lang in dem BMBF-finanzierten Forschungsprojekt Gelindi unter der Leitung von Professorin Julia Gerick an der TU Braunschweig gearbeitet. In diesem Jahr erhielt ich dann die Zusage aus Österreich für die Finanzierung meines eingereichten Promotionsvorhabens an der Universität Wien, betreut von Assistenzprofessorin Michelle Proyer. Da mir meine Anbindung an die TU Braunschweig sehr wichtig war, ermöglichte mir der Stipendiengeber eine institutions- und länderübergreifende Promotion. Die Expertise und Vernetzung von Professorin Julia Gerick auf dem Gebiet der Schulpädagogik mit Fokus auf Schulentwicklung und Digitalisierung bildet nun eine weitere Säule meines Vorhabens, die getrennte Beschulung von Schüler*innen mit und ohne Behinderung zu untersuchen.

Trotz Corona-Pandemie und vielen Online-Meetings hat mich das Team von Anfang an super integriert. Bildnachweis: Lisa Möhlen/TU Braunschweig

Trotz Corona-Pandemie und vielen Online-Meetings hat mich das Team von Anfang an super integriert. Bildnachweis: Lisa Möhlen/TU Braunschweig

Was möchten Sie nach Ihrem Aufenthalt machen und können Sie sich vorstellen, in Braunschweig zu bleiben?

Nach dem Aufenthalt in Braunschweig und an der TU, welcher zunächst durch die Promotionsdauer von drei Jahren limitiert ist, möchte ich gerne weiter in der Wissenschaft tätig sein. Ich bleibe offen für Neues und ggf. einen Ortswechsel.

Leben vor Ort

So wohne ich in Braunschweig

In einer eigenen Wohnung in einem ruhigen und grünen Stadtviertel.

Was unterscheidet das Forschen in Deutschland von dem in Österreich?

Der größte Unterschied im Wissenschaftsbetrieb zwischen Deutschland und Österreich liegt meines Erachtens darin, dass es in Deutschland deutlich mehr finanzielle und personelle Ressourcen gibt. Das führe ich auch auf politisches Commitment zurück. In Österreich wurden meine Anstellungen durchgehend über Drittmittelprojekte finanziert. Hierin sehe ich aber auch den Grund, dass die Internationalisierung in Österreich sehr gut vorangeschritten ist. In Braunschweig ist die Internationalisierung aber auf einem guten Weg durch verschiedene Mobilitätsangebote. Das International House stellt für mich in meinem Vorhaben die zentrale und unterstützende Instanz dar, bei der ich mich sehr gut aufgehoben fühle.  Was die bürokratischen Wege angeht, nehmen sich Deutschland und Österreich nicht viel. Somit erledige ich als Wissenschaftlerin viel Papierkram und die Zeit fehlt mir bei eigentlichen Forschungstätigkeiten.

Was unterscheidet den Alltag in Deutschland von dem in meiner Heimat?

Da Österreich und Deutschland Nachbarstaaten in Zentraleuropa sind und ich auch schon in Zentralamerika und dem Vorderen Osten gelebt habe, ist das Leben in Österreich und Deutschland für mich sehr gut vergleichbar. Dennoch formen Traditionen und der Einfluss der katholischen Kirche die österreichische Gesellschaft maßgeblich. In Braunschweig erlebe ich ein viel liberaleres Miteinander und eine große Offenheit für das Anderssein. Mein Arbeitsalltag ist viel strukturierter und organisierter als in Österreich, gleichzeitig begrenzt dies auch den Spielraum für Flexibilität und Kreativität. Sehr positiv finde ich, dass es an der TU mehr finanzielle, personelle und materielle Ressourcen gibt, als z.B. an der Uni Wien.

Obwohl Braunschweig natürlich deutlich kleiner ist als Wien, gefällt es mir hier super! Bildnachweis: Lisa Möhlen/TU Braunschweig

Obwohl Braunschweig natürlich deutlich kleiner ist als Wien, gefällt es mir hier super! Bildnachweis: Lisa Möhlen/TU Braunschweig

Das habe ich hier in den ersten drei Tagen gelernt

Tag 1: Dass die Offenheit der Kolleg*innen und niedrige Hierarchieebenen eine gute Voraussetzung für eine angenehme und produktive Arbeitsatmosphäre sind.

Tag 2: Dass das Einrichten der Arbeitsinfrastruktur zwar nicht von heute auf morgen funktioniert, mir aber ein Büro sowie Hard- und Software für das Arbeiten im Home-Office von Beginn an zur Verfügung standen. Das war für mich nicht selbstverständlich.

Tag 3: Dass die Eingewöhnungszeit deutlich länger als eine Woche dauert, da (informelle) Strukturen und Arbeitsweisen sich zu denen in Wien unterscheiden.

Die bisher größte(n) Herausforderung(en) während meines Aufenthaltes war …

Die Umstellung von einer Groß- auf eine Kleinstadt und die Pünktlichkeit bei Terminen, da in Braunschweig 5 Minuten vorher bereits alle da sind, während in Wien die Letzten erst 10 Minuten später eintreffen.

Das nehme ich von hier mit nach Wien

  • die Achtsamkeit und Wertschätzung, die der Work-Life-Balance im Arbeitsumfeld zugeschrieben wird
  • eine kleine Löwenstatue aus dem Tourismusshop gegenüber der Kleinen Burg
  • eine Flasche Jägermeister

Gut zu wissen

Diesen Tipp möchte ich anderen internationalen Studierenden oder Wissenschaftler*innen geben, die einen Auslandsaufenthalt in Deutschland planen oder gerade absolvieren:

Macht euch unbedingt Gedanken,

  • welche Ziele mit dem Aufenthalt verbunden sind.
  • ob ihr in eine Groß- oder Kleinstadt wollt und wo diese in Deutschland liegt. Es gibt doch kulturelle Unterschiede zwischen Nord-, Ost-, Süd- und Westdeutschland.
  • ob der Austausch privat oder institutionell organisiert ist. Institutionell hat den Vorteil, dass es Ansprechpersonen wie die unabdingbare Annika Ewe (International House) gibt.
  • ob ihr organisiert seid und auch nach Unterstützung fragen könnt.
  • welche Art der Finanzierung (Stipendium, Drittmittel, privat) bei euch in Frage kommt.

Das sollte man meiner Meinung nach in Braunschweig unbedingt ausprobieren

  • Im Frühling: Ein Spaziergang in Riddagshausen mit einer Kaffeepause in Schäfers Ruh
  • Im Sommer: Eine Tretboot-Tour auf der Oker
  • Im Herbst: Ein Besuch im Naturhistorischen Museum
  • Im Winter: Natürlich ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt und im Wintertheater
Auch das kulturelle Angebot in Braunschweig kann sich sehen lassen – wie zum Beispiel die Vorführungen im Staatstheater. Bildnachweis: Lisa Möhlen/TU Braunschweig

Auch das kulturelle Angebot in Braunschweig kann sich sehen lassen – wie zum Beispiel die Vorführungen im Staatstheater. Bildnachweis: Lisa Möhlen/TU Braunschweig

Pandemie

So beeinflusst die Pandemie meinen Aufenthalt

Trotz meines Wechsels an die TU während der Pandemie integrierte mich das Team sofort in den Arbeitsalltag. Daher beeinflusste die Pandemie meine Aufgaben kaum, außer dass die persönlichen Treffen online stattfinden mussten. Daher freue ich mich umso mehr, dass sich die Pandemie hoffentlich dem Ende zuneigt.

So habe ich mir trotz dessen am liebsten die Zeit vertrieben

Vor allem mit Spaziergängen im Grünen (Bürger-, Stadtpark, Riddagshäuser Seen).