Post aus … Braunschweig Inklusive Bildung und interkultureller Austausch im Fokus
Yueru Wang promoviert an der University of Rhode Island (URI) zu den Themen Sonderpädagogik und Englisch als Fremdsprache. Im Juni verbrachte sie im Rahmen einer gemeinsamen Lehrveranstaltung beider Universitäten eine Woche an der TU Braunschweig, um mehr über inklusive Bildung und Unterrichtsmodelle in Deutschland zu erfahren.
Allgemeine Informationen
Das habe ich in Braunschweig gemacht:

Hier seht ihr mich an einer besonders bunten Ecke in Braunschweig. Bildnachweis: Yueru Wang/TU Braunschweig
Ich habe an einem Kurz-Programm teilgenommen, das von meiner Fakultät an der University of Rhode Island gemeinsam mit der TU Braunschweig organisiert wurde. Im Fokus standen Besuche in Schulen und der akademische Austausch, um deutsche Ansätze von inklusiver Bildung und Disability Studies kennenzulernen.
Darum habe ich mich entschieden, an die TU Braunschweig zu kommen:
Ich wollte herausfinden, wie inklusive Bildung in Deutschland umgesetzt wird und wie Behinderungen in einem anderen kulturellen und schulischen Umfeld wahrgenommen und gefördert werden.
Das wusste ich vor meiner Anreise über die TU Braunschweig und die Stadt Braunschweig:
Schon vor meiner Ankunft wusste ich, dass die TU Braunschweig zu den renommiertesten technischen Universitäten Deutschlands zählt und dass die Stadt Braunschweig auf eine lange akademische Tradition zurückblicken kann.
Diese Unterschiede habe ich im Bereich Sonderpädagogik an deutschen Schulen festgestellt:
In den deutschen Schulen, die wir besucht haben, standen praxisnahes Lernen, große Schülerautonomie und eine frühe berufliche Orientierung im Mittelpunkt – ein deutlicher Kontrast zu den eher standardisierten Systemen, die ich aus China und den USA kenne.
Leben vor Ort
So sahen meine Tage hier in Braunschweig aus:
Meine Tage bestanden aus Schulbesuchen, kulturellen Aktivitäten wie zum Beispiel Stadtführungen, fachlichem Austausch und gemeinsamen Reflexionen mit deutschen und amerikanischen Studierenden.
So habe ich in Braunschweig gewohnt:
Ich habe zusammen mit anderen Teilnehmer*innen der Lehrveranstaltung in einer Jugendherberge übernachtet.
Was unterscheidet den Alltag in Deutschland von dem in meiner Heimat?
Mir ist aufgefallen, dass die Menschen in Deutschland im Alltag viel eigenständiger sind: Schüler*innen laufen oder fahren mit dem Rad zur Schule, und sogar jüngere Kinder nutzen eigenständig den öffentlichen Nahverkehr. Insgesamt wirkte das Leben hier strukturierter und weniger hektisch als in China oder den USA und es ist geprägt von großem Respekt für persönliche Freiräume und die öffentliche Ordnung. Außerdem schließen viele Geschäfte deutlich früher, was mich dazu gezwungen hat, meine Zeitplanung besser zu gestalten.
Das habe ich während meiner Zeit hier gelernt:
Ich habe festgestellt, dass deutsche Schulen großen Wert auf die Autonomie ihrer Schüler*innen sowie frühzeitige Berufsorientierung und praxisnahes Lernen legen. Bei unseren Besuchen stachen besonders TeamTeaching-Modelle und differenzierte Unterrichtsangebote hervor, die inklusive Bildung voranbringen sollen. Gleichzeitig wurde mir klar, dass Inklusion in Deutschland in vielen Regionen und Schultypen unterschiedlich umgesetzt wird: Während manche Schulen Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf nahtlos in den Unterricht integrieren, gibt es trotzdem weiterhin auch separate Förderschulen. So bleibt Inklusion häufig ein paralleles System, statt fester Bestandteil des Schulalltags zu sein. Dieser Kontrast zwischen politischen Zielvorgaben und dem schulischen Alltag hat mich dazu angeregt, über die Frage nachzudenken, was Inklusion wirklich ausmacht.
Die größte Herausforderung meines Aufenthaltes war …
… früh aufzustehen und sich unter Zeitdruck mit unbekannten öffentlichen Verkehrsmitteln zurecht zu finden. Das war mitunter ein wenig stressig. Außerdem fiel es mir schwer, meine Gedanken auf Englisch zu formulieren – besonders in emotionalen Momenten, zum Beispiel nach Schulbesuchen oder wenn ich die persönlichen Geschichten einiger Menschen gehört habe.
Das nehme ich von hier mit nach Hause:
Ich habe ein Braunschweig-Notizbuch, eine Leinentasche und einen Stift mit nach Hause genommen – kleine Dinge, aber sie werden mich an die Zeit, die ich in Braunschweig verbracht habe, erinnern.
Viel wichtiger ist aber, dass ich viel über die Art und Weise gelernt habe, wie Menschen außerhalb von Vorlesungssälen voneinander lernen: wie sie einander zuhören, zusammenarbeiten und in alltäglichen Momenten Fürsorge zeigen.
Am meisten werde ich mich außerdem an die vielen Gespräche, die gemeinsamen Mahlzeiten und die kleinen Momente der Freude erinnern, die ich mit Studierenden der URI als auch deutschen Studierenden geteilt habe.
Gut zu wissen
Diesen Tipp möchte ich anderen internationalen Studierenden oder Wissenschaftler*innen geben, die einen Auslandsaufenthalt in Deutschland planen oder gerade absolvieren:
Seid präsent und offen für die gesamte Erfahrung. Auch kurze Begegnungen mit Lehrkräften oder Kommiliton*innen können zu tiefgehenden Einblicken führen. Macht euch keine Sorgen, wenn ihr die Sprache nicht perfekt sprecht – entscheidend ist die Bereitschaft, sich einzubringen, zuzuhören und zu reflektieren.
Das sollte man meiner Meinung nach in Braunschweig/Deutschland unbedingt ausprobieren:
An einer geführten Stadtführung teilzunehmen! Braunschweig hat eine spannende, mittelalterliche Geschichte und eine wunderschöne Architektur. Außerdem kann ich den Baumwipfelpfad in Bad Harzburg empfehlen – er ist nur eine Stunde entfernt und bietet einen traumhaften Ausblick.
Das ist meine Lieblingserinnerung aus meiner Zeit in Braunschweig:
Meine Lieblingserinnerung ist ein Tag, den ich gemeinsam mit Kommiliton*innen am Fluss ausklingen lassen habe. Wir haben einfach geredet, einander zugehört und uns gegenseitig unterstützt. Dabei wurde mir klar, dass Inklusion nicht immer in großen Strukturen stattfindet – sie zeigt sich oft gerade in den kleinen Momenten, in denen Menschen sich wirklich gehört und umsorgt fühlen.
Das möchte ich noch hinzufügen:
Auch wenn du nur eine Woche hier bist, lass dich einfach voll und ganz auf die Erfahrung ein. Nimm alle Facetten mit, knüpfe Kontakte und halte zwischendurch inne, um zu reflektieren. Der Aufenthalt hat mir gezeigt, dass Lernen weit über den Hörsaal hinausgeht: Es entsteht in Gesprächen, in gemeinsam genutzten Räumen und in den stillen Augenblicken dazwischen.
Hinweis: Der Originaltext wurde auf Englisch verfasst.