Mit Schlüsselbund und Handy durchs Revier Morgenrunde mit dem Hausmeister Marcel Vogt
Morgens 6 Uhr, wenn die Uni noch schläft, beginnt der Arbeitstag von Marcel Vogt. 23 Gebäude und Flächen rund um das Haus der Wissenschaft gehören zum Revier des Hausmeisters. Wir begleiten Marcel Vogt auf dem täglichen Kontrollgang, seiner Morgenrunde in seinem Revier. Für uns beginnt die Morgenrunde etwas später, damit wir seine Arbeit bei Tageslicht fotografieren können.
Der Arbeitsbeginn um 6 Uhr ist früh, aber ihm ist das noch nicht früh genug. Damit Marcel Vogt pünktlich startklar ist, trifft er sich bereits eine halbe Stunde vor Dienstbeginn mit seinen Jungs, so nennt er die vier Hausarbeiter seines Teams. Bevor es an die Arbeit geht, ist bei einem ersten Kaffee Zeit, noch mal Persönliches zu bequatschen. Danach teilt er seine Jungs für die täglichen Arbeiten ein. „Wichtig ist es, immer ein Zeitfenster für spontane Aufträge einzuplanen.“
Kein Tag ist planbar
Und los geht’s mit der Morgenrunde. Immer dabei, der große Schlüsselbund in der Hand und das Handy in der Hosentasche. Das Handy ist durchgehend eingeschaltet, jedes Klingeln kann die tägliche Routine über den Haufen werfen. „Kein Tag ist planbar, jeder Tag ist unterschiedlich. Ein Anruf mit der Meldung eines Wasserschadens in einem ‚meiner‘ Gebäude und die Tagesplanung ist hinfällig. Hier muss ich sofort reagieren,“ beschreibt Marcel Vogt seinen Arbeitsalltag. Aber die Vielschichtigkeit der Arbeit und dass kein Tag wie jeder andere ist, mache den Reiz aus, versichert Vogt.
Heute Morgen ist noch alles ruhig. Also geht´s als erstes vom Haus der Wissenschaft rüber zum Tentomax, dem derzeit größten Hörsaal. Hier wurden noch bis zum 15. Oktober Klausuren geschrieben, 40 Studierende fanden hier unter Corona-Bedingungen Platz. Wenn im Wintersemester Präsenzveranstaltungen stattfinden, können 75 der 800 Plätze im Tentomax belegt werden. Erstmal Licht einschalten und ein prüfender Blick auf Desinfektionsmittel und Papierhandtücher. Sind die Abstände der Sitzplätze o.k., alle Sitzschalen richtig eingehakt? Da es keine Tische im Tentomax gibt, entfernen die Studierende schon mal die Sitzschalen und nehmen die vordere Sitzreihe als Tischersatz, berichtet Vogt.
Sind die Spannhaken fest?
Wieder raus aus dem Zelt und den Außenbereich kontrollieren. „Das Tentomax ist für mich von innen wie jeder Hörsaal, aber von außen schon etwas Besonderes. Jeder einzelne Spannhaken muss überprüft und nachgezogen werden. Das ist heute besonders wichtig, denn es ist Wind angesagt. Sind noch alle Zeltplanen o.k.? Vandalismus, das werden wir auf der weiteren Morgenrunde noch sehen, ist auf dem Campus schon mal ein Problem.
Kommunikation ist gefragt
Rüber zum BRICS, zum Zentrum für Systembiologie. Die Reinigungskräfte sind noch bei der Arbeit. Hier ist Kommunikation gefragt. Ein kurzer Smalltalk muss sein. Die Reinigungskräfte sind bereits seit 5 Uhr bei der Arbeit und sehen als erstes, wenn etwas im Gebäude nicht stimmt. Heute Morgen heißt es Daumen hoch, alles o.k.. Noch ein kurzer Blick ins Lager, aus dem Hygieneartikel aufgefüllt werden. Toilettenpapier, Desinfektionsmittel, Papierhandtücher – alles noch da.
Wichtig ist die tägliche Kontrolle der Stickstofftanks. Stickstoff stellt mit seiner Eiseskälte von knapp -200 Grad eine Gefahrenquelle dar. Gleich zwei Tanks sind auf seiner Runde zu überprüfen. Hinter dem BRICS steht der erste Tank. Der Zugang zum Tank ist abgeschlossen, das Gitter unversehrt.
Altöl, Bierflaschen und Graffiti
Weiter geht’s zum Biozentrum. Auf dem Weg dahin kennt man Marcel Vogt: Die Anwohnerinnen und Anwohner, die mit dem Hund spazieren gehen oder ihren Frühsport auf dem Rasen vor dem BRICS treiben, grüßen von weitem. Aber locker über den Campus zu schlendern, ist nicht drin. Der Blick von Marcel Vogt ist immer aufmerksam und besonders auf eventuelle Schäden gerichtet: Sind die Gehwege o.k., gibt es neue Graffiti, sind Fensterscheiben eingeschlagen?
Heute Morgen finden wir eine ganze Palette Bierflaschen zwischen den Wertstoffcontainern auf dem Schotterparkplatz Katharinenstraße, die entsorgt werden müssen. Hier wurde wohl letzte Nacht kräftig gefeiert. Auch so manchen schlafenden Studierenden, die den Nachhauseweg nach feuchtfröhlichen Feiern nicht mehr geschafft und sich ein Plätzchen vor den Gebäuden gesucht haben, hat er bereits geholfen, den Nachhauseweg zu finden, berichtet Vogt. Aber auch andere Überraschungen erlebt Vogt. Altöl, Altbatterien und anderer illegal entsorgter Müll finden sich auf manchem Kontrollgang.
Die Studierenden fehlen
Wir kommen ein wenig ins Plaudern. Was ist zur Zeit der Corona-Pandemie anders, wollen wir wissen: „Selbst jetzt zu Beginn des Wintersemesters ist es zu ruhig und ein wenig zu monoton. Mir fehlen die Studierenden. Ich freue mich, wenn der Regelbetrieb endlich wiederbeginnt.“ Während des Lockdowns, als auch die Beschäftigten größtenteils im Homeoffice waren, so berichtet Vogt, habe er den Zentralbereich mit einer Geisterstadt verglichen. „Da ich habe mich gefreut, wenn ich mal einen Hausmeister oder Haustechniker im Zentralbereich getroffen habe.“
Da kommt der erste Anruf: Der Transport von 50 Umzugskisten muss sofort organisiert werden. Der Umzug soll morgen erfolgen und das Institut hat zu wenig Kisten geordert. Vogt informiert seine Jungs, die gerade bei der Pflege der Grünflächen sind. Die ganzen Gartengeräte erstmal wieder zurück in die Garage, bevor mal eben schnell der Transport der Kisten auf dem Campus erledigt werden kann.
Hausmeisterdasein in die Wiege gelegt
Die Devise von Marcel Vogt: Es möglichst allen Recht zu machen. Genau seit 10 Jahren versucht er an der TU Braunschweig dies umzusetzen. Das Hausmeisterdasein ist ihm quasi in die Wiege gelegt worden. Bereits seine Eltern waren Hausmeister bei der Stadt Braunschweig. Als Jugendlicher übernimmt er als Hausmeister erste Ferienvertretungen. Er absolviert eine Ausbildung als Dachdecker. Nach mehreren weiteren Stationen fängt er als jüngster von sieben Hausmeistern an der TU Braunschweig an. „Ich habe mir mit Fachwissen und Engagement meine Stellung erkämpft“, berichtet er.
Vandalismus auf dem Campus
Heute ist ein ruhiger Kontrollgang. Oft geht es turbulenter zu. Unter anderem gibt es auch mal einen Einbruch, der gemeldet werden muss. Oder der bereits erwähnte Vandalismus, wie zum Beispiel Wasserschäden, die absichtlich verursacht werden. „Jemand steckt Toilettenrollen in die Toilette und betätigt so lange die Spülung bis die Toilette überläuft. Oder Papierhandtücher werden ins Waschbecken gelegt und der Hahn aufgedreht. Dann kommt man morgens ins Gebäude und findet eine Tropfsteinhöhle vor, es fängt oben im 2. Stock an und tropft bis unten in den Keller durch die Decke“, berichtet er.
Die nächste Station ist die Universitätsbibliothek, das im Regelbetrieb meist besuchte Gebäude an der Carolo-Wilhelmina und auch jetzt, das Gebäude, in dem sich die meisten Studierenden aufhalten. Hier gibt es dementsprechend viel zu tun: Desinfektionsmittel nachfüllen, Toilettenpapier nachlegen, defekte Leuchtmittel austauschen. Und hier heißt es, ausnahmsweise das Handy auf lautlos schalten, um die Studierenden auf den Lernplätzen, die bereits um 7 Uhr früh gut besetzt sind, nicht zu stören. In der UB war er mit seinen Jungs auch für den Aufbau der Spuckschutzwände und der Abstandsmarkierungen vor den Fahrstühlen zuständig.
Fußballleidenschaft im Büro
Zurück zum Haus der Wissenschaft und noch ein Gang in die Aula und in die Sporthalle. „Wenn der Rundgang gut läuft und ich sportlich drauf bin, bin ich nach eineinhalb Stunden wieder im Büro.“ Apropos Büro: Gerahmte Fußballtrikots mit den Unterschriften der Spieler von Eintracht Braunschweig zeigen Marcel Vogts passives und aktives Hobby. Jetzt heißt es noch mal kurz die Mails checken, was ist über das neue Ticketsystem des Gebäudemanagements an Aufträgen reingekommen und dann um 8 Uhr rüber in die Spielmannstraße. Hier findet die tägliche 30-minütige Hausmeisterbesprechung mit allen sieben Hausmeistern des Campus statt. Wenn nicht gerade wieder das Handy klingelt und ein dringender Auftrag wartet.