Mathematik schlägt Brücken nach Kamerun Forschende organisieren Summer School „On Modern Mathematical Models in Mechanics”
Dass Internationalisierung nicht nur ein Schlagwort ist, sondern wörtlich genommen wird, zeigt das Engagement von fünf Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Braunschweig. In Douala, der größten Stadt Kameruns, organisierten sie eine zweiwöchige Summer School für Studierende und Promovierende aus Kamerun und anderen zentralafrikanischen Ländern. Im Mittelpunkt stand die Anwendung moderner mathematischer Werkzeuge der Mechanik. Die Idee dazu ging auf einen Kontakt mit Dr. Christian Kouam zurück, der vor 25 Jahren in Braunschweig Computational Sciences in Engineering studiert hat. Unterstützt wurde das Projekt vom BMFTR und CIMPA (Centre International de Mathématiques pures et appliquées). Professor Dirk Langemann vom Institut für Partielle Differentialgleichungen schildert hier seine Eindrücke.
Etwa 35 Master- und PhD-Studierende nahmen an der Summer School teil, die von Dr. Jan Linxweiler und Dr. Jan-Philipp Thiele zum Thema Research Software Engineering, Dr.-Ing. Gabriel David zum Küsteningenieurwesen sowie Katja Tüting und Professor Dirk Langemann für die mathematische Modellierung initiiert wurde. Zahlreiche Wissenschaftler*innen aus Douala in fortgeschrittenen Karriere-Stadien kamen für einige Tage dazu, um zu sehen, wie die Braunschweiger Kolleg*innen lehren.
Frische Impulse brachten vor allem die anschaulichen Beispiele, die Mischung aus Selbst- und Gruppenarbeitsphasen und das gemeinsame Lehrgespräch. Schon bald entwickelten sich erste Gespräche über die Summer School hinaus: Viele Teilnehmende haben den Traum, für einen Forschungsaufenthalt oder für eine Promotionsstelle nach Europa zu kommen. Auch die kamerunischen Kolleg*innen wünschen sich Kooperationen, und zu einem Gespräch über Pläne und Möglichkeiten reisten etwa 20 von ihnen an – einige aus weit entfernten Städten.
Herausforderungen im Universitätsalltag
Überall in Douala begegnet man Werbung für Deutschkurse, mal zwischen Motorradtaxis, mal zwischen improvisierten Verkaufsständen, an denen Kleidung, Fische, Ananas oder Yams-Wurzeln angeboten werden. Das Campus-Leben in Douala ist teils herausfordernd: Auf dem Universitäts-Campus sind Leitungswasser und WLAN nur eingeschränkt verfügbar. Die Stromversorgung für die Computer erfolgte über Verlängerungskabel aus benachbarten Gebäuden, Stromausfälle gehören zum Alltag. Während der Regenzeit im September macht starker Niederschlag die Verständigung im Hörsaal schwierig. Zeitpläne werden flexibel gehandhabt: Zwei Stunden Verspätung gelten hier oft als normal.
Auch Hierarchien und Abläufe unterscheiden sich von deutschen Erfahrungen. So war es anfangs ungewohnt, dass die Ankündigung der Kaffeepause allein nicht reichte, bis man dem Braunschweiger Summer School-Team erklärte, dass Lehrende zuerst zum Buffet gehen und dann erst die Studierenden aufstehen.
Ein Thema, das immer wieder zur Sprache kam, ist der Glaube an Hexenkraft. Zahlreiche Teilnehmende der Summer School halten sie für real und manche denken, dass man sie eines Tages naturwissenschaftlich erklären kann. Nachdem eine Mathematikerin aus Kamerun darauf hingewiesen hat, dass die Hexerei an sich kein Problem sei, sondern nur ihre böswillige Anwendung, sind die Braunschweiger Lehrenden in einem 40 Jahre alten Kleinwagen durch den regelfreien Straßenverkehr gefahren, der auf wundersamerweise doch funktioniert.
Kooperationen in Forschung und Lehre geplant
Langfristig könnten aus der Summer School neue Kooperationen in Forschung und Lehre entstehen – daran arbeitet das Summer School-Team intensiv. Ganz gewiss war sie für die Reisenden aus Braunschweig eine herausfordernde und zugleich bereichernde Erfahrung, die gut 30 junge Menschen aus Zentralafrika näher an die modernen mathematischen Werkzeuge der Mechanik herangeführt hat.