Lichtenberg-Professur geht in die nächste Runde TU-Physikerin Jessica Agarwal setzt Erforschung aktiver Asteroiden fort
Die Astrophysikerin Prof. Dr. Jessica Agarwal bleibt der TU Braunschweig langfristig erhalten: Ihre Lichtenberg-Professur wird um drei Jahre verlängert und degressiv weitergefördert – verbunden mit einer Übernahme auf eine Lebenszeitprofessur. Die Entscheidung folgt auf eine positive Evaluation und würdigt sowohl die exzellenten wissenschaftlichen Leistungen der Professorin als auch die strategische Bedeutung ihrer Forschung für die Universität. 2020 wurde Prof. Agarwal mit einer Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausgezeichnet. Die renommierte Förderung richtet sich an herausragende Wissenschaftler*innen, die in innovativen, interdisziplinären Forschungsfeldern arbeiten. An der TU Braunschweig erforscht sie mit Hilfe von Teleskopen die physikalischen Eigenschaften und Entwicklungen von Asteroiden und Kometen – und damit zentrale Prozesse bei der Entstehung unseres Sonnensystems.

Prof. Dr. Jessica Agarwal. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig
Was bedeutet Ihnen die Verlängerung der Lichtenberg-Professur?
Durch die Verlängerung können meine Arbeitsgruppe und ich weiterhin Kleinkörper des Sonnensystems erforschen und dieses Thema stärker in die Lehre einbringen. Die damit verbundene Verstetigung meiner Professur eröffnet auch langfristige Perspektiven an der TU Braunschweig und in Deutschland – ein wichtiger Aspekt, da viele Großprojekte in der Astronomie und Weltraumforschung auf Jahrzehnte ausgelegt sind. So können wir uns etwa frühzeitig auf die Daten der ESA-Raumsonde Comet Interceptor vorbereiten, die in den frühen 2030er-Jahren ihr Ziel erreichen soll.
Wenn Sie zurückschauen: Was konnten Sie wissenschaftlich seit 2020 mit Unterstützung der Förderung erreichen? Was ist das wichtigste Ergebnis?
Der Schwerpunkt unserer Arbeit lag auf sogenannten aktiven Asteroiden. Diese Himmelskörper, etwa einen Kilometer groß, umkreisen die Sonne auf den Bahnen klassischer Asteroiden zwischen Mars und Jupiter. Asteroiden stellen wir uns gewöhnlich als steinige Himmelskörper vor. Im Gegensatz dazu enthalten Kometen, deren Herkunft in viel größerer Entfernung von der Sonne liegt, einen großen Anteil verschiedener gefrorener Substanzen, die bei Annäherung an die Sonne verdampfen und Staub mit sich tragen, den wir dann als hellen Schweif beobachten können.
Aktive Asteroiden entwickeln auch vorübergehend Staubschweife, manche einfach aufgrund einer Kollision mit einem anderen Asteroiden; manche aber auch, weil an ihrer Oberfläche wie bei einem Kometen Wassereis verdampft. Wir haben bei einer Reihe aktiver Asteroiden die jeweilige Ursache der Staubemission erforscht. Ein besonders spannendes Exemplar ist dabei 288P. Dabei handelt es sich um ein Doppelasteroidensystem, dessen eine Komponente offenbar Eis enthält und sich daher wie ein Komet verhält. Wir gehen jetzt Hinweisen nach, dass die andere Komponente möglicherweise selbst noch einmal ein Doppelsystem ist.
In der Lehre freue ich mich insbesondere darüber, dass eine Reihe von Studierenden im Rahmen des astrophysikalischen Praktikums die Möglichkeit genutzt haben, Bilddaten von astromischen Großteleskopen auszuwerten und aus diesen Daten z.B. Erkenntnisse über die Größe und Rotationsperioden von Asteroiden zu gewinnen.
Welche Bedeutung hat die Asteroiden-Forschung?
Eine zentrale Fragestellung unserer Forschung ist das Vorkommen von Wassereis in Asteroiden. Asteroiden gelten als Überbleibsel der Planetenentstehung – als unvollständige Planetenbausteine oder als Bruchstücke ehemaliger Zwergplaneten, die über Jahrmilliarden durch Kollisionen zerkleinert wurden.
Der Asteroidengürtel liegt in einer Zone, in der Wassereis gerade noch stabil existieren kann. Asteroiden, die näher an der Sonne entstanden sind, enthalten daher vermutlich weniger Eis als solche aus entfernteren Regionen. Indem wir die Verteilung und den Anteil von Wassereis besser verstehen, können wir wichtige Erkenntnisse darüber gewinnen, warum sich das Sonnensystem genau so entwickelt hat – unter anderem mit einem wasserreichen Planeten wie der Erde, auf dem Wasser in allen drei Aggregatzuständen vorkommen kann.