Lehre über Ländergrenzen hinweg TU Braunschweig und Hebräische Universität Jerusalem forschen an Rotem Brotschimmelpilz
Pilze sind für biotechnologische Anwendungen, wie die Herstellung von Arzneimitteln, Feinchemikalien oder Biokraftstoffen, von großer Bedeutung. Gleichzeitig stellen sie aber auch als Krankheitserreger eine wachsende Bedrohung für Pflanzen, Tiere und Menschen dar. Bisher sind die molekularen Mechanismen hinter dem Wachstum und der Entwicklung der Pilze jedoch noch wenig erforscht. In einem gemeinsamen Projekt untersuchen Professor André Fleißner von der Technischen Universität Braunschweig und Professor Oded Yarden von der Hebräischen Universität Jerusalem, Israel, das Wachstum vom Neurospora crassa, dem Roten Brotschimmel. Neben der Zusammenarbeit in der Forschung, steht auch der Austausch in der Lehre im Fokus.
Filamentöse Pilze, zu denen auch der Rote Brotschimmel gehört, bilden Kolonien aus mehrzelligen, langen Fäden. Die so genannten Hyphen können in eine bestimmte Richtung wachsen und sich in ihrer Umgebung orientieren. Dieses gerichtete Wachstum ist für die Vermehrung und Entwicklung der Pilze essenziell. So können sie sich zum Beispiel gegenseitig erkennen, zueinander wachsen und miteinander zu größeren Einheiten fusionieren. „Wir möchten erforschen, wie die Pilze wissen, in welche Richtung sie wachsen und wie diese Vorgänge manipuliert werden können“, erklärt Professor Oded Yarden vom Department of Plant Pathology and Microbiology. „Dabei dient Neurospora crassa als Modellorganismus. Die Ergebnisse lassen sich auch auf andere Pilze und zum Teil sogar menschliche Zellen übertragen.“
Synergien in Forschung und Lehre
Die Idee zur Kooperation entstand auf einer Tagung in Israel. Beide Professoren forschen in ähnlichen Bereichen und wollen Synergien nutzen: Yarden befasst sich mit den molekularen Grundlagen des Zellwachstums von Pilzen, Fleißner erforscht ihre Zell-zu-Zell-Kommunikation, Zellfusion und Differenzierung. Für das gemeinsame Projekt arbeiten sie aber nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre zusammen. Sie übernehmen bei ihren gegenseitigen Aufenthalten Lehreinheiten bei Lehrveranstaltungen.
Professor Yarden startete im Februar bei einem Besuch in Braunschweig mit einer Vorlesung zu Pilzen aus dem Ozean und wie sie wachsen. „Der Vortrag von Oded war auch für mich sehr spannend, weil das Thema nicht direkt in meinem Forschungsbereich liegt“, erzählt Fleißner. „Die Studierenden haben so gesehen, dass die Analysemethoden, die sie bisher in ihrem Studium gelernt haben, auch in anderen Ländern und für ganz unterschiedliche Themen in der Pilzgenetik genutzt werden.“ Der Austausch helfe außerdem, Denkmuster zu durchbrechen und neue Perspektiven einzunehmen, fügt Fleißner hinzu.
Brücken schaffen
Der internationale Austausch in der Lehre hat weitere Vorteile, wie Professor Yarden erklärt: „Die Studierenden profitieren von der Diversität. Der Lehrende kommt aus einem anderen Land, spricht mit einem anderen Akzent und hat eine andere Art der Vermittlung. Wissenschaft baut so Brücken und zeigt, dass uns die Begeisterung, für das, was wir tun, zusammen bringt.“
Auch für die am Projekt beteiligten wissenschaftlichen Mitarbeitenden, Lucas Well vom Institut für Genetik und Inbal Herold vom Department of Plant Pathology and Microbiology, heißt es Reisen: Geplant sind Forschungsaufenthalte von drei bis sechs Monaten im jeweils anderen Land. Der nächste Besuch steht im Herbst an: Dann reist Lucas Well nach Israel.