29. Oktober 2024 | Magazin:

Küstenschutz zwischen Deutschland und Singapur Humboldt-Stipendiatin Dr. Pearl Li Yuzhu forscht am Leichtweiß-Institut für Wasserbau

Angesichts des Klimawandels und des steigenden Meeresspiegels steht das Küsteningenieurwesen vor großen Herausforderungen. Dr. Pearl Li Yuzhu von der National University of Singapore will mit ihrer Expertise dazu beitragen, Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und für den Küstenschutz zu entwickeln. Dazu ist die Wissenschaftlerin jetzt nach Braunschweig gekommen. Als Forschungsstipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung wird sie am Leichtweiß-Institut für Wasserbau der TU Braunschweig unter anderem den Einfluss von Austernriffen auf Wellen und Strömung und die Bodenverflüssigung rund um Windkraftwerke untersuchen.

Humboldt-Stipendiatin Dr. Pearl Li Yuzhu ist zu Gast am Leichtweiß-Institut für Wasserbau. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig

Für Dr. Pearl Li Yuzhu ist das Humboldt-Stipendium für erfahrene Forschende einerseits eine prestigeträchtige Auszeichnung, vor allem aber eine einmalige Gelegenheit, vor Ort gemeinsam mit den Wissenschaftler*innen der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau (LWI) zu forschen. „Das Stipendium bietet mir die Möglichkeit, eng mit Professor Nils Goseberg und seinem Team zusammenzuarbeiten“, freut sich Pearl Li Yuzhu. „Die TU Braunschweig hat eine lange Tradition und einen sehr guten Ruf in der Küsten- und Meeresforschung. Ich möchte die Chance nutzen, um hier von den Forschenden zu lernen. Singapur und Deutschland mit ihren Küsten sind wie viele andere Länder der Welt mit dem Klimawandel und dem Anstieg des Meeresspiegels konfrontiert. Wir Ingenieur*innen hoffen, dass wir Lösungen für die Anpassung an die Probleme des Klimawandels finden und unsere Küsten vor Überschwemmungen und Schäden schützen können.“

Als Henriette Herz-Scout der Alexander von Humboldt-Stiftung kann Professor Goseberg drei internationale Wissenschaftstalente aus den Bereichen Küsteningenieurwesen und Seebau für ein Stipendium auswählen. „Das Scouting-Programm der Alexander von Humboldt-Stiftung ist eine einmalige, und spannende Gelegenheit internationale Talente zu identifizieren und gezielt zu unterstützen, indem man das Stipendium als Direktvergabe organisiert. Hierdurch ergeben sich neue Wege, insbesondere für weibliche Forschende, die oftmals größere Schwierigkeiten haben, um im kompetitiven Wettbewerb und unter schwierigen Mobilitätsbedingungen erfolgreich zu sein“, sagt Professor Nils Goseberg

Drei Forschungsaufenthalte an der TU Braunschweig

In ihrer Forschung konzentriert sich Pearl Li Yuzhu sowohl auf Prozesse an der Meeresoberfläche als auch am Meeresboden. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig

In ihrer Forschung konzentriert sich Pearl Li Yuzhu sowohl auf Prozesse an der Meeresoberfläche als auch am Meeresboden, wie zum Beispiel Brandungswellen, Wechselwirkungen mit Küstenstrukturen, Sedimenttransport und die sogenannte Bodenverflüssigung, die zu Küstenerosion führen und die Stabilität von Strukturen wie Fundamenten von Windkraftanlagen und Kaimauern beeinträchtigen kann.

In den kommenden drei Jahren hat Pearl Li Yuzhu insgesamt drei Forschungsaufenthalte in Braunschweig geplant, bei denen sie mit Professor Goseberg an unterschiedlichen Projekten zusammenarbeiten wird. So beschäftigte sie sich während ihres ersten Aufenthalts mit dem Thema der Bodenverflüssigung um marine Strukturen, wie zum Beispiel den Anker einer schwimmenden Windkraftanlage. Die Daten eines Experiments im Großen Wellenströmungskanal GWK+ in Hannover will die Wissenschaftlerin nutzen, um numerische Modelle zu kalibrieren und zu validieren, die von den Forschenden des LWI und dem Team aus Singapur entwickelt wurden.

Austernriffe als natürlicher Küstenschutz

Mit Muscheln bewachsene Meeresbodenoberflächen stehen im Mittelpunkt ihres zweiten Forschungsaufenthalts. Das LWI untersucht die Ausbreitung der Pazifischen Auster im deutschen Wattenmeer, die Wellen und Strömung stark beeinflusst. Darüber will Pearl Li Yuzhu mehr erfahren. Denn: „In Singapur gibt es inzwischen ein großes Interesse an der Erforschung von natürlichem Küstenschutz wie Austernriffen. Hier können wir auf unseren gemeinsamen Erfahrungen aufbauen, sowohl in der experimentellen als auch in der numerischen Modellierung.“

Mit Professor Nils Goseberg und seinem Team wird Dr. Pearl Li Yuzhu an gemeinsamen Forschungsprojekten arbeiten. Bildnachweis: Kristina Rottig/TU Braunschweig

Darüber hinaus wird die Wissenschaftlerin den Einfluss von marinem Bewuchs auf schwimmende und feste Offshore-Windenergieanlagen genauer unter die Lupe nehmen: „Meine Arbeitsgruppe in Singapur wird ein numerisches Modell entwickeln, um die Vorhersagegenauigkeit von Umwelteinflüssen auf bewachsene Strukturen zu verbessern, während das Team von Professor Goseberg neue Versuchsaufbauten entwickelt, die im neuen Salzwasser-Wellen-Strömungskanal in Braunschweig getestet werden sollen.“

Tolle Arbeitsatmosphäre am Leichtweiß-Institut für Wasserbau

Von der Arbeitsatmosphäre am LWI ist die Forschungsstipendiatin ebenso begeistert wie von der Unterstützung durch das Team und die Verwaltung. „Besonders dankbar bin ich für die flexible Kinderbetreuung an der Universität, die uns als Familie sehr entlastet“, betont Pearl Li Yuzhu. Der Umzug nach Deutschland stellte die junge Forscherin zunächst vor einige Herausforderungen. Besonders die Sprachbarriere war eine anfängliche Sorge, die sich jedoch schnell als unbegründet herausstellte: „Alle Menschen waren sehr hilfsbereit und die meisten Leute sprechen Englisch oder sind bereit, mir beim Übersetzen zu helfen.“ Eine größere Herausforderung war hingegen der Umzug mit ihrem acht Monate alten Baby. Trotz der komplexen Anmeldeverfahren und der vielen organisatorischen Aufgaben im ersten Monat, habe sie mit ihrer Familie diese Hürde jedoch gemeistert.

Neben der Forschung konnte Pearl Li Yuzhu auch Braunschweig erkunden. „Es ist eine charmante Stadt mit schönen Parks und historischen Gebäuden“, sagt sie. Ihr erster zweimonatiger Aufenthalt ist nun bereits vorbei, doch sie freut sich schon auf ihre Rückkehr an die TU Braunschweig.