Klimakrise hautnah Ein Reisebericht aus China
Im August 2023 reiste Professor Robert Hänsch vom Institut für Pflanzenbiologie nach China: Im Rahmen seiner Gastprofessur am Center of Molecular Ecophysiology (CMEP) an der Southwest University in Chongqing (China) war er auf Sammelexpedition in einem kleinen Dorf nahe MoHe, der nördlichsten Stadt Chinas. Diese Stadt erlangte im Januar dieses Jahres mit einem neuen Kälterekord von minus 53 Grad Celsius eine neue Berühmtheit. Bekannt ist diese Gegend, im Norden an Russland grenzend, für das Auftreten von Permafrost, also einem ganzjährigen vereisten Boden. Doch Professor Hänsch und seine Kolleg*innen vor Ort erlebten einige große Überraschungen.
Zusammen mit seinem Kollegen Professor Bin Hu, einer Promotionsstudentin und zwei Masterstudierenden hatte sich das Team zur Aufgabe gestellt, die Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung auf die Vegetation vor Ort zu untersuchen. Ausgerüstet mit 500 ml Insektenschutz, mückendichter Kleidung und einem Hut mit Mückengaze kamen sie in das Untersuchungsgebiet. Der erste Schock: plus 30 Grad Celsius im Schatten, 45 Grad Celsius in der Sonne. Der zweite Schock: Die große und auch für die Einwohner noch nie dagewesene Trockenheit.
Über einen Drohnenflug konnte ein Bild der Vegetation aus der Vogelperspektive gewonnen werden. Dann begannen die mühevollen Arbeiten am Boden. Die Pflanzenproben konnten innerhalb weniger Tage beerntet werden. Auch die Bestimmung der vorkommenden Arten und die Analyse des Wuchsverhaltens wurden von dem Team ohne zusätzliche Hilfe gemeistert. Dabei lag der Fokus auf einer nahverwandten Art der auch in Deutschland vorkommenden Erle – eine Baumart, die in Symbiose mit ganz besonderen Knöllchenbakterien Luftstickstoff fixieren kann. Deshalb wurden auch entsprechende Wurzelproben mit diesen ausgebildeten Knöllchen geerntet.
Die wichtigste Aufgabe folgte zuletzt – die Untersuchung des Bodens. Neben der Probennahme für eine spätere Laboruntersuchung an der Universität in Chongqing war es insbesondere die Analyse des Permafrostbodens, was die Wissenschaftler*innen interessierte. Hierfür wurden zusätzliche Arbeiter organisiert, die mit entsprechendem Werkzeug bis auf den Permafrost graben sollten. Dies gelang an den meisten Stellen, auch wenn zum Erstaunen aller die Grabetiefe zum Teil bereits erheblich war. An einer Stelle wurde dann aber bei über einem Meter Tiefe der Versuch erfolglos abgebrochen. Damit bestätigt sich auch hier, was an anderen Stellen bereits beschrieben ist – der Permafrostboden taut massiv auf und entlässt dadurch erhebliche Mengen CO2 und Methan, beides extrem klimaschädliche Gase. Dies kann dann die globale Klimaerwärmung weiter befördern – ein Teufelskreis.
Die über 1000 Pflanzen- und mehr als 100 Bodenproben sind in CMEP angekommen und werden dort in den nächsten Wochen und Monaten analysiert. Robert Hänsch ist nach einer arbeitsreichen Zeit mit vielen großartigen Eindrücken inzwischen zurück aus China. Er ist neben der einmaligen Landschaft besonders von der Freundlichkeit der Menschen überwältigt. Es gab auch zahlreiche sehr bemerkenswerte Umstände, die ihm zu denken gaben: Der extrem hohe Digitalisierungsgrad auch in der ländlich geprägten Gegend und die große Pünktlichkeit im Zugverkehr – der Nachtzug von und nach Harbin kam nach 1200 Kilometer auf die Minute genau am Zielort an und dies sogar bei eingleisiger Strecke und mit einer altertümlich wirkenden Diesellokomotive.
Professor Hänsch zieht ein Fazit: Auch wenn es in der großen Politik derzeit zu zahlreichen und bekannten Spannungen kommt, die globale Klimakrise ist nur gemeinsam zu lösen, so sein Plädoyer. Hier müssen insbesondere Wissenschaftler*innen Wege einer guten und fairen Kooperation finden.