„Ich möchte das Leben anderer Studierender einfacher machen“ Ahmad Iqbal im Porträt
Für das Studium an der TU Braunschweig nahm Ahmad Iqbal eine lange Reise auf sich: Mehr als 10.000 Kilometer Luftlinie trennen die Löwenstadt und seine Heimatstadt Johor Bahru in Malaysia. Doch auch im übertragenen Sinn war sein Weg lang: Bis zum erfolgreichen Bachelor-Abschluss in diesem Jahr meisterte Iqbal viele Hürden. Vor allem wegen seiner eigenen Erfahrungen engagiert er sich dafür, anderen internationalen Studierenden den Studienstart und das Ankommen in Deutschland zu erleichtern.
Ein schwieriger Anfang

Ahmad „Iggy“ Iqbal setzt sich mit großem Engagement für internationale Studierende an der TU Braunschweig ein. Bildnachweis: Simone Fürst/TU Braunschweig.
Schon früh stand für Ahmad Iqbal fest, dass er nach dem Schulabschluss an der TU Braunschweig studieren würde. Ein Kollege seines Vaters, Professor an der Universiti Teknologi Malaysia, empfahl ihm die renommierte TU9-Universität. Iqbal entschied sich, dieser Empfehlung zu folgen und lernte bereits in Vorbereitung dafür selbstständig die Grundlagen der deutschen Sprache. Direkt nach dem Schulabschluss startete er seine große Reise und erlangte an einer Sprachschule in Kassel das Deutschzertifikat für den Hochschulzugang.
Im Wintersemester 2018/19 schrieb er sich an der TU Braunschweig für den Studiengang Maschinenbau ein. Die Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt verflog jedoch schnell, denn schon die ersten Wochen waren eine Belastungsprobe: „Die Sprachbarriere war am Anfang enorm“, berichtet Iqbal, den seine Freund*innen nur Iggy nennen. „Ich konnte mich nicht gut ausdrücken und hatte das Gefühl, dass ich dadurch auch meine Persönlichkeit nicht wirklich zeigen kann.“ Freundschaften zu schließen, war kaum möglich und in Lerngruppen hatte er das Gefühl, nicht willkommen zu sein. Auch fachlich wurde ihm schnell klar, dass das Studium kein Zuckerschlecken werden würde. „Ich war in Malaysia ein Einser-Schüler und habe im ersten Semester vier von fünf Klausuren nicht bestanden. Das ging leider auch in den folgenden Semestern so weiter und hat ganz schön an meinem Ego gekratzt“, erinnert er sich.
Im Laufe der Zeit hinterließen die Rückschläge im Studium und das fehlende persönliche Netzwerk immer tiefere Spuren – vor allem psychischer Art. Hinzu kam die Corona-Pandemie, die die Einsamkeit und Eintönigkeit im Alltag des Studenten noch verstärkte. „Ich habe von morgens bis abends am gleichen Tisch in meinem kleinen Zimmer im Wohnheim des Studierendenwerks gesessen und im Prinzip nichts anderes gesehen. Auch die Entfernung zu meiner Familie, die ich zu dem Zeitpunkt schon drei Jahre nicht mehr gesehen hatte, belastete mich sehr“, sagt Iqbal rückblickend. Um sein Studium in Deutschland finanzieren zu können, arbeitet er zudem in den Abendstunden fast täglich in einem Nebenjob – eine weitere große Belastung.
Ein Neustart im neuen Studiengang

Im Interview erzählt er, welche Hürden er im Verlauf seines Bachelorstudiums gemeistert hat und erklärt, wie internationale Studierende heute von optimierten Unterstützungsangeboten profitieren. Bildnachweis: Simone Fürst/TU Braunschweig.
Dass das alles zu viel für den jungen Studenten war, zeigte sich im siebten Semester, als er im Drittversuch eine Klausur nicht bestand und anschließend auch durch die Nachprüfung fiel. Ein darauffolgender Herzinfarkt war das Signal seines Körpers, dass es so nicht weitergehen konnte. Ein Neustart musste her. Mit Hilfe des Incoming Office im International House wechselte Iqbal den Studiengang und begann im Wintersemester 2022/23 das Wirtschaftsinformatikstudium an der TU Braunschweig. Er hatte sich fest vorgenommen, alles besser zu machen: „Ich habe gleich am Anfang Kontakt zur Fachgruppe des Studiengangs aufgenommen und mir Tipps geholt – vor allem zur Studienorganisation und dazu, welche Klausuren man am besten in welchem Semester schreiben sollte“, erklärt er. „Außerdem hatte ich dieses Mal Glück und habe direkt tolle Mitstudierende kennengelernt, sodass ich auch ein persönliches Netzwerk hatte.“ Zusätzlich begann er im Frühjahr 2023 im International House als studentische Hilfskraft in der IT zu arbeiten und knüpfte auch durch den Job viele weitere Kontakte.
Dass der Studiengangwechsel die richtige Entscheidung war, zeigte sich schnell. „Alles lief besser und ich habe endlich auch die Klausuren bestanden“, berichtet Iqbal. 2024 reiste er das erste Mal seit seinem Studienbeginn wieder in die Heimat nach Malaysia, um Freund*innen und Familie zu besuchen. Zudem lebt er mittlerweile in einer WG mit anderen Studierenden. „Vor drei Jahren wäre mein Leben fast zu Ende gewesen und ich hätte mir nicht erträumen können, in welche Richtung sich alles entwickelt. Ich bin unheimlich froh und dankbar über die Community, die ich hier in Braunschweig mittlerweile habe.“
Inzwischen hat er seine Bachelorarbeit erfolgreich abgegeben und muss nur noch eine letzte Prüfung ablegen, um den Abschluss offiziell in der Tasche zu haben. Seit dem Wintersemester ist er bereits im Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik immatrikuliert.
Bessere Support-Strukturen für internationale Studierende
Parallel zum Studium engagierte sich Iqbal in den vergangenen Jahren immer stärker für andere internationale Studierende. So ist er Mitglied im Fachgruppenrat und im Fachschaftsrat seines Studiengangs und seit März 2025 zudem Mitglied im Studierendenparlament sowie im Allgemeinen Studierendenausschuss der TU Braunschweig. Zudem unterstützt er regelmäßig Veranstaltungen des International Student Support und des International Career Service, damit andere internationale Studierende von seinen Erfahrungen profitieren können. „Ich möchte genau das tun, was ich mir als 19-jähriger Student gewünscht habe, als ich an der TU Braunschweig ankam: dort Hilfe leisten, wo sie gebraucht wird, und das Studium für andere erleichtern“, betont er. Die Entwicklung an der TU Braunschweig im Bereich International Student Support sieht er durchweg positiv: „Als ich anfing zu studieren, gab es noch gar kein Angebot in diese Richtung. In den vergangenen Jahren wurden im International House hervorragende Unterstützungsstrukturen aufgebaut, die die internationalen Studierenden von Anfang an begleiten. Dank dieser Angebote können internationale Studienanfänger*innen heute viel leichter Anschluss finden und Teil der lebendigen Community an der TU Braunschweig werden.“
Gründung einer malaysischen Studierendenvereinigung
Auch dank Iqbals Engagement wächst diese Community immer weiter: Mittlerweile studieren 68 malaysische Studierende an der TU Braunschweig. 2018 waren es acht. Für Studieninteressierte aus seiner Heimat organisiert er in Kooperation mit der malaysischen Botschaft in Frankfurt ehrenamtlich Infoveranstaltungen und Stadtführungen. Im Sommer 2025 gründete er zudem die Malaysian Braunschweig Association, die auch über Braunschweig hinaus malaysische Studierende in Deutschland vernetzen soll – mit Erfolg: Zu den ersten Treffen reisten sogar Studierende aus Aachen und München an. „Unsere Community ist offen für Interessierte aller Herkunftsländer. Wir feiern malaysische Feiertage genauso wie indische Feiertage. Vor allem aber geht es darum, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Derzeit bauen wir zum Beispiel ein Buddy-Programm auf“, erzählt Iqbal. Damit möchte er dazu beitragen, dass sich mehr internationale Studierende in offizielle Ämter der Studierendengremien trauen. „Das Engagement in einem Buddy-Programm ist der erste Schritt. Ich wünsche mir, dass internationale Studierende die zahlreichen Möglichkeiten, an der TU Braunschweig aktiv zu werden, nutzen und die Gemeinschaft mitgestalten.“
Im kommenden Jahr will er seinen Fokus wieder stärker auf das Studium legen. Aus den vergangenen Erfahrungen weiß er, wie wichtig es ist, auf seine Gesundheit zu achten und sich nicht zu überlasten – daher gibt er einige seiner Ämter ab. Nach seinem Masterabschluss plant Shahir, in Deutschland zu bleiben. Ob er in die Wissenschaft geht oder eine Karriere in der Wirtschaft anstrebt, ist noch offen. Eines steht für ihn jedoch fest: „Ich liebe Braunschweig und freue mich auf alles, was kommt!“