Hightech auf dem Maisfeld Studierende der TU Braunschweig bauen weltmeisterliche Feldroboter
Ein Acker, enge Reihen und die Frage: Wie navigiere ich hier ohne GPS? Was für viele Landwirt*innen ein alltägliches Problem darstellt, ist für die studentische Initiative FREDT eine technische Challenge. Mit ihrer Begeisterung für Maschinenbau, Informatik und Innovation entwickeln die Studierenden der Technischen Universität Braunschweig autonome Roboter, die das Zeug haben, die Landwirtschaft zu revolutionieren. Ihre Prototypen erreichen Goldstatus: Im Juni 2024 krönte sich das Team zum fünften Mal zum Gewinner der Feldroboter-Weltmeisterschaft. Dabei stand der Titelgewinn bis zuletzt auf der Kippe.

Das Team der studentischen Initiative FREDT wurde 2024 Feldroboter-Weltmeister. Bildnachweis: Hannah Kreß/TU Braunschweig
Ein Maisfeld mitten im Nirgendwo. Präzise bahnt sich Helios Evo seinen Weg durch die Reihen. Er hat eine Mission: Hindernisse erkennen und Pflanzenschutzmittel gezielt dosieren. Das alles ohne GPS. Helios Evo ist ein Roboter, ein ziemlich erfolgreicher sogar, vielleicht der beste auf seinem Gebiet: 2024 hat er die Weltmeisterschaft der Feldroboter gewonnen, „mal wieder“. Seinen Erfolg verdankt er den Mitgliedern der studentischen Initiative FREDT.
Robotik trifft Weltmeisterschaft
FREDT – das steht für Leidenschaft an autonomer Robotik. Seit 2004 entwickelt und verbessert das Team autonome Roboter für die Navigation im Gelände ohne GPS. Der große Ansporn: die jährliche Teilnahme an der Feldroboter-Weltmeisterschaft (Field Robot Event). Hier treten jedes Jahr rund 15 studentische Teams aus der ganzen Welt gegeneinander an, mit Robotern, die sich autonom durch ein Feld navigieren und dabei Challenges erfüllen. Wie sie das tun? Das bleibt den Teams überlassen. Kameras, Laserscanner, Sensorfusion – alles außer GPS-Sensoren ist erlaubt.
„Die Idee hinter dem Wettbewerb ist, für die Landwirtschaft eine Alternative zu GPS zu finden“, erklärt Enrico Schleef, Vorsitzender von FREDT. „GPS ist teuer, erfordert eine aufwändige Infrastruktur mit Referenzstationen und ist nicht immer zuverlässig. Unser Ziel ist es, Roboter zu bauen, die sich auch ohne Satellitenunterstützung orientieren können.“

Rund 15 studentische Teams aus der ganzen Welt treten jedes Jahr bei der Feldroboter-Weltmeisterschaft gegeneinander an, mit Robotern, die sich autonom durch ein Feld navigieren. Bildnachweis: FREDT e.V./TU Braunschweig
Ein Großteil der Challenges variiert von Jahr zu Jahr. Mal müssen Rehe im hohen Gras mit Hilfe von KI erkannt werden (zum Tierschutz während der Ernte), mal die Koordinaten von Objekten im Feld bestimmt oder Pflanzen präzise besprüht werden, um das Spritzen in der Landwirtschaft zu revolutionieren. Fast immer gibt es auch eine Freestyle-Kategorie, in der sich die Teams selbst überlegen können, welche weiteren Prozesse in der Landwirtschaft mit Roboteranwendungen unterstützt werden können.
Laserscanner und Kameras kombiniert
Um für die Wettbewerbe gerüstet zu sein, wird seit Jahren an der Technik gefeilt. Zunächst mit der Roboterdame Gaia, knapp ein Jahr später wurde dann Helios zum Leben erweckt. „Wir haben Helios kontinuierlich weiterentwickelt – insbesondere die Elektronik wurde 2019 komplett überarbeitet. Aus Helios wurde dann Helios Evo“, sagt Tristen Vaeckenstedt, der seit 2022 Teil der Initiative ist. Das Kernsystem basiert auf drei Laserscannern, ergänzt durch Kameras, die bei bestimmten Aufgaben – wie dem Erkennen von Hindernissen oder Tieren – eine Schlüsselrolle spielen. „Theoretisch könnten wir auch nur mit Kameras navigieren, aber aus Erfahrung wissen wir, dass Laserscanner da verlässlicher sind“, erklärt Anna Ricken, die nun seit rund einem Jahr dabei ist.

Helios Evo bei der Feldroboter-Weltmeisterschaft 2024 in Erwitte/Lippstadt. Bildnachweis: FREDT e.V./TU Braunschweig
Dass der eingeschlagene Weg der richtige ist, zeigte sich vergangenen Juni bei der Weltmeisterschaft in Erwitte/Lippstadt, wo sich das Team den fünften Titel holte. Dabei machte es Helios Evo bis zum Schluss spannend: „Am dritten Tag fiel unsere zentrale Orientierungssensorik aus. Das war kritisch, denn sie hilft dem Roboter, geradeaus zu fahren und Kurven exakt zu nehmen“, sagt Enrico Schleef. Doch am Ende hatte FREDT die nötige Erfahrung, um mit der Situation souverän umzugehen.
Nach der WM ist vor der WM
Neben dem „sportlichen“ Erfolg und der Gemeinschaft untereinander bietet FREDT noch einen weiteren großen Vorteil: Die Mitglieder sammeln wertvolle praktische Erfahrungen. „Hier lernt man Dinge, die im Studium oft zu kurz kommen – Löten, Platinen designen, Budgetmanagement“, erzählt Tristen Vaeckenstedt. Und das zahlt sich aus: Viele ehemalige Mitglieder landen nach ihrem Abschluss in führenden Technologieunternehmen oder sichern sich schon während des Studiums attraktive Hiwi-Jobs. „Wer sich engagiert, knüpft wertvolle Kontakte.“
Viel Zeit, um sich auf den Lorbeeren der Weltmeisterschaft auszuruhen, bleibt nicht. Bereits im Frühsommer steht die nächste Weltmeisterschaft in Italien an. Die Aufgaben werden zwar erst einige Monate vorher bekannt gegeben, doch das Team bereitet sich schon jetzt intensiv vor, um diesmal ohne Zitterpartie den Weltmeistertitel zu holen. „Wir arbeiten gerade an einer neuen Spannungsversorgung und überarbeiten unser Navigationssystem“, sagt Enrico Schleef. „Denn uns ist klar: Die Konkurrenz schläft nicht.“