Gebäude als Schlüsselakteure im Kampf gegen hochansteckende Infektionskrankheiten Gemeinsam mit deutschen und ruandischen Partnern errichtet TU Braunschweig eine High-Level Isolation Unit (HLIU) und ein Trainingszentrum
Ebola-/Marburg-/Lassaviren – neben der COVID-19-Pandemie gibt es weitere neu auftretende Erreger, die lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen können. Bereits wenige Fälle von Infektionskrankheiten mit hohem Risiko (HCIDs) können unzureichend vorbereitete Gesundheitssysteme überfordern, wichtige Gesundheitsdienste unterbrechen und der Bevölkerung weiteren Schaden zufügen. Eine wichtige Lehre aus früheren Ausbrüchen von HI-Viren ist, dass lokale Gesundheitssysteme gestärkt werden müssen, um effektiv und schnell auf Ausbrüche reagieren zu können. Dazu gehört auch, dass Einzelfälle so früh wie möglich erkannt, isoliert und behandelt werden. Das Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der Technischen Universität Braunschweig baut gemeinsam mit deutschen und ruandischen Partnern in Ruanda eine sogenannte High-level Isolation Unit (HLIU) mit einem Schulungszentrum zur Behandlung dieser Fälle.
Die Ebola-Epidemie 2018-2020 in der Demokratischen Republik Kongo war die zweitgrößte jemals registrierte Epidemie. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete mehr als 3481 Fälle, darunter 2299 Todesfälle. Das östliche Nachbarland Ruanda wurde von der WHO als Hochrisikoland eingestuft. Obwohl nahezu 100 Prozent der ruandischen Bevölkerung krankenversichert sind und Zugang zu einem flächendeckenden Netz von Krankenhäusern und Gesundheitszentren haben, steht das ostafrikanische Land nach wie vor vor großen Herausforderungen bei der Infektionsprävention und -kontrolle.
Schlüsselrolle der Gebäude
Gesundheitseinrichtungen, in denen sich neu auftretende Krankheitserreger ausbreiten, stellen auch ein Risiko für andere Patienten und das Gesundheitspersonal dar, das bei der Bewältigung solcher Notfälle eine entscheidende Rolle spielt. Im schlimmsten Fall kann dies auch dazu führen, dass die Öffentlichkeit das Vertrauen in das Gesundheitssystem verliert und HCID-Patienten unentdeckt bleiben. Ein gutes Gebäudehygienemanagement ist für die Bewältigung solcher Notfälle von entscheidender Bedeutung: Gebäude spielen eine Schlüsselrolle und haben daher Auswirkungen auf die Qualität der medizinischen Versorgung und die Infektionskontrolle.
Hier setzt das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderte und vom Robert Koch-Institut (RKI) koordinierte Projekt EFFO-CoE (Efficiency by Edification Center of Excellence) an: Das geplante Center of Excellence (CoE) wird als High-Level Isolation Unit (HLIU) und als Schulungszentrum für Beschäftigte im Gesundheitswesen dienen. Das CoE wird in der Nähe eines großen Krankenhauses in der ruandischen Hauptstadt Kigali errichtet. Das Fachpersonal wird vor Ort sein und die vorhandene Ausstattung wird genutzt. Das Institut für Konstruktives Entwerfen, Industrie- und Gesundheitsbau (IKE) der Technischen Universität Braunschweig ist für alle architektonischen Planungsaufgaben verantwortlich. Das Institut hat sich in den letzten 10 Jahren zu einer zentralen Lehr- und Forschungseinrichtung für Gesundheitsbauten in Deutschland entwickelt. Ein interdisziplinäres Forschungsteam mit Experten aus den Bereichen Architektur, Prozessplanung und Hygiene stellt sich den komplexen Herausforderungen eines zukunftsorientierten Krankenhausbaus. Ein Spezialgebiet des Gesundheitsbaus ist die bauliche Infektionsprävention. Die Forschung umfasst sowohl konstruktive als auch gestalterische Entscheidungen, wie z.B. die Auswahl von Materialien und Konstruktionslösungen für Bauteile. Auch Überlegungen zur Optimierung der Prozessplanung, wie z.B. Stationslayouts und Betriebsabläufe, werden auf baulicher Ebene bewertet.
Das EFFO-Projekt
Die im Bau befindliche HLIU ist Teil des RKI-Projekts „Effizienz durch Ausbildung“ (Efficience par la Formation/EFFO). EFFO wurde 2014 von deutschen, burkinischen und senegalesischen Experten entwickelt. Das Projekt wurde durch die verheerende Ebola-Epidemie in Westafrika von 2013 bis 2016 ausgelöst und konzentriert sich auf die Bekämpfung des Ebola-Virus und die Stärkung der Gesundheitsstrukturen durch die professionelle Ausbildung von medizinischem Personal. EFFO steht seit Beginn der Coronavirus-Pandemie im Dialog mit den COVID-19-Projektpartnern. Die lokal ausgebildeten EFFO-Trainer haben ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus den Ebola-Trainings auch in COVID-19 eingebracht. Gemeinsam mit dem Rwanda Biomedical Centre (RBC) wird daran gearbeitet, die Zusammenarbeit über Ebola und COVID-19 hinaus auszuweiten, um das Gesundheitssystem für zukünftige Ausbrüche zu stärken. Das Projekt ist seit 2016 fester Bestandteil des Globalen Gesundheitsprogramms des deutschen Gesundheitsministeriums.
Im Rahmen des EFFO-Projekts Health Care Facilities (HCF) for Rwanda (2019-2020) ergänzte das Team der TU Braunschweig ein Trainingsprogramm für Gesundheitspersonal zur Versorgung von HCID-Patienten um ein Infrastrukturpaket, das bereits im Rahmen des ersten EFFO-Projekts in Westafrika erfolgreich umgesetzt wurde. Im ruandischen Militärkrankenhaus in Kigali und im Distriktkrankenhaus Kibirizi wurden zwei kleine Isolierstationen mit jeweils vier Patientenzimmern, eigener Zufahrtsstraße, Ver- und Entsorgungseinrichtungen etc. gebaut. Aufgrund der Entwicklung unmittelbar nach Fertigstellung im Jahr 2020 wurden beide zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie eingesetzt.
High Level Isolierstation und Ausbildungszentrum
Der Standort des CoE ist Teil des neu entstehenden medizinischen Zentrums Kigali Health City, das mehrere ruandische Gesundheits- und Hochschuleinrichtungen beherbergen wird. Die wesentliche Neuerung des Exzellenzzentrums besteht darin, dass HCID-Patienten nicht nur isoliert, sondern umfassend medizinisch behandelt werden, einschließlich einer vollständigen Intensivpflege. Damit wird das CoE erst das zweite Behandlungszentrum seiner Art in Afrika sein.
Bis April 2025 werden wir ein Gebäude errichten, das sich mit seinem kreisförmigen Design nicht nur perfekt in die Region einfügt, sondern es auch ermöglicht, die zehn Isolierzimmer so zu nutzen, dass das Infektionsrisiko minimiert wird. Die Zimmer, die in Größe und Ausstattung mit einem Intensivzimmer vergleichbar sind, verfügen jeweils über einen Zugang von außen und einen Zugang zu den medizinischen Ressourcen über spezielle Vorbereitungsräume im Inneren. Die Patienten können daher sofort nach ihrer Ankunft in die Isolierzimmer gebracht werden, ohne dass andere Bereiche der CoE kontaminiert werden können. Auch für Untersuchungen oder Behandlungen müssen sie den Raum nicht verlassen. Alle Eingriffe können direkt im Patientenzimmer durchgeführt werden, um die Verbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Der Patientenbereich ist so konzipiert, dass er flexibel auf verschiedene Infektionsarten reagieren kann. Wenn alle Patienten in der HLIU mit dem gleichen Erreger infiziert sind, erfolgt das Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) und die Dekontamination mit anschließender PSA-Ablage in zentralen Bereichen. Sind die Patienten mit unterschiedlichen Erregern infiziert, erfolgt das Anlegen, Dekontaminieren und Ablegen in den Vorräumen.
Wo immer möglich, wurden lokale Materialien für den Bau der Gebäude verwendet, um die Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit zu optimieren und die Akzeptanz des Zentrums zu erhöhen.
Um die Anforderungen des CoE mit den lokalen Partnern zu definieren, besuchte eine Delegation des Rwanda Biomedical Center (RBC) im April 2022 Isolierstationen in Berlin, Hamburg und Düsseldorf. Besonders wichtig war und ist der Dialog mit den zukünftigen Nutzern. Zum einen, um auf die spezifischen Anforderungen vor Ort eingehen zu können, zum anderen besteht ein enormes Potenzial, aus den Erfahrungen der lokalen Experten im Umgang mit HCIDs und EIDs Erkenntnisse für die weitere Forschung und Entwicklung von Gesundheitsgebäuden zu gewinnen.
Unter der Projektkoordination des RKI arbeiten Partner wie das RBC, die Charité Berlin und Medmissio Würzburg bereits an baubegleitenden HCID-Trainingsprogrammen. Eine Besonderheit des neuen HLIU ist ein eigener Schulungsraum. Hier kann das medizinische Personal die Trainingsprogramme durch ein Fenster verfolgen und so in der Praxis lernen. Die hier entwickelten Trainingsprogramme und die vor Ort ausgebildeten Fachkräfte sollen sicherstellen, dass das erworbene Fachwissen durch Train-the-Trainer-Programme auch in anderen Ländern angewendet werden kann.
Der Probebetrieb soll im April 2025 beginnen, im darauffolgenden Sommer soll der CoE für den Regelbetrieb zugelassen werden.