Für eine sichere und gerechte Klimazukunft Katharina Beckmann zum neuen Zentrum Klimaforschung Niedersachsen
Klimagerechte Stadtentwicklung und Raumplanung und die Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem Wald: Die Themen für die ersten beiden Zukunftslabore des neuen Zentrums Klimaforschung Niedersachsen, das an der TU Braunschweig angesiedelt ist, stehen bereits fest. Weitere Zukunftslabore sind geplant. Mit Katharina Beckmann, Geschäftsführerin des ZKfN, hat Bianca Loschinsky über die Aufgaben des Zentrums, interdisziplinäres Arbeiten, die Bewerbung für die Zukunftslabore und Studierende als „Change-Agents“ gesprochen.
Frau Beckmann, Sie sind Geschäftsführerin des neuen Zentrums Klimaforschung Niedersachsen. Was genau sind Ihre Aufgaben, was ist der Auftrag des Zentrums?
Zu den Aufgaben des Zentrums gehören die Koordinierung der künftigen Zukunftslabore untereinander, das Vernetzen zwischen den Zukunftslaboren, aber auch die Kommunikation und der Transfer nach außen. In den Zukunftslaboren selber soll natürlich geforscht werden. Im ZKfN steht vor allem der Austausch zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft im Mittelpunkt. Das ist die Aufgabe des Zentrums und damit auch meine Aufgabe als Geschäftsführerin. Wir werden neue Formate und Plattformen entwickeln, Konferenzen und Workshops organisieren. Das ist wirklich sehr spannend, weil es die Zukunftslabore bislang nicht gibt und wir nun den genauen Fahrplan erst einmal ausarbeiten müssen. Und darauf freue ich mich!
Meine Aufgaben liegen vor allem im Initiieren und der Leitung der Prozesse und im Zusammenbringen der Akteur*innen. Da wir ein kleines Team sein werden, werde ich aber auch viel operativ arbeiten. Das macht mir persönlich besonders viel Spaß: einerseits Formate und Programme entwickeln und gestalten, aber diese dann am Ende auch gemeinsam mit den Beteiligten tatsächlich umzusetzen.
Wie viele Mitarbeiter*innen werden im Zentrum Klimaforschung beschäftigt?
Insgesamt werden wir drei Personen in der Koordinierungsstelle sein. Neben mir kommen noch ein*e Referent*in und ein*e Assistent*in hinzu. In den einzelnen Zukunftslaboren sollen jeweils Koordinator*innen arbeiten, die die Transfer- und Kommunikationsaufgaben innerhalb der Zukunftslabore übernehmen und mit denen wir eng zusammenarbeiten werden.
Sie haben selbst Architektur und Denkmalpflege studiert. Wie unterstützt das Ihre neue Aufgabe?
Eines der ersten Zukunftslabore soll im Bereich nachhaltige Stadtentwicklung angesiedelt sein. Da bin ich fachlich natürlich nah dran und mein Architekturstudium wird mir sicherlich zugutekommen. Was man in der Architektur, aber auch in der Denkmalpflege lernt, ist das interdisziplinäre Zusammenarbeiten. Architekt*innen arbeiten selten allein, sondern zumeist, auch bereits im Studium, gemeinsam im Team mit anderen Disziplinen an Projekten. Das projektbasierte Studieren und Arbeiten im Bereich Architektur ist entsprechend schon lange etabliert.
An der TU Berlin war ich unter anderem für den interdisziplinären und internationalen Studiengang „Urban Design“ zuständig, wo Soziolog*innen, Architekt*innen, Geograf*innen und Wissenschaftler*innen aus vielen weiteren Bereichen willkommen waren. Als Studiengangskoordinatorin habe ich hier auch gelernt, wie lange man tatsächlich braucht, um sich gegenseitig zu verstehen, also die verschiedenen Sprachen in den unterschiedlichen Disziplinen zu sprechen. Auch im Zentrum für Klimaforschung, wo Akteur*innen aus diversen Fachbereichen zusammenkommen sollen, gilt es sicherlich, zunächst einmal Formate zu finden, die unterstützend wirken, um eine gemeinsame Sprache zu finden.
Das Zentrum Klimaforschung ist eine Stabsstelle der Präsidentin. Weshalb?
Das Thema Nachhaltigkeit hat an der TU Braunschweig einen großen Stellenwert und durchzieht alle Querschnittsthemen und die gesamte Hochschulentwicklung. Mit der Ansiedlung der Koordinierungsstelle als Stabsstelle der Präsidentin wird die Bedeutung des Zentrums Klimaforschung auch für die strategische Ausrichtung unserer Universität noch einmal besonders hervorgehoben.
Bis 2050 will Niedersachsen klimaneutral werden. Wie kann hier das Zentrum für Klimaforschung unterstützen? Oder wie kann es die Forschung für eine sichere und gerechte Klimazukunft entscheidend voranbringen?
Natürlich gibt es an den meisten Hochschulen bereits Klima(folgen)forschung. Die Idee des Zentrums ist, unterschiedliche Disziplinen zusammenzubringen, aber auch verschiedene Hochschulstandorte in Niedersachsen. Denn: Mittlerweile ist uns allen sicherlich bewusst, dass der Klimawandel so komplex ist, dass es unmöglich ist, nachhaltige Lösungsansätze für eine gerechte Klimazukunft allein aus dem Blickwinkel einer Disziplin heraus zu entwickeln.
Neben der eigentlichen Forschung in den Zukunftslaboren, spielt der Knowledge Exchange eine wichtige Rolle, einmal um Impulse aus der Gesellschaft in den Forschungsprojekten mit aufzunehmen. Gleichzeitig geht es auch darum, Forschungsergebnisse so zu kommunizieren, dass im besten Fall konkrete Maßnahmen daraus generiert werden können – in Zusammenarbeit mit der Industrie und der Gesellschaft.
Wie wird hier die Generation mit einbezogen, für die der Klimawandel direkte Auswirkungen hat?
Ein wichtiger Teil der Agenda des ZKfN ist die frühzeitige Einbindung von Studierenden, um ihre Transformations- und Problemlösungskompetenzen zu stärken. Ich habe selbst lange im Bereich Studium und Lehre gearbeitet und kann deshalb sagen: Ein großes Pfund, das wir an der Universität haben, sind unsere Studierenden. Die meisten Impulse kommen aus dieser Generation. Deshalb ist es ein Ziel, diese als „Change-Agents“ mit einzubeziehen und hier spezielle Formate zu entwickeln, das könnte zum Beispiel ein hochschulübergreifendes Modul oder eine Ringvorlesung sein, die von den Zukunftslaboren bespielt wird.
Wie können Institute der TU Braunschweig am Zentrum für Klimaforschung mitwirken?
Die Wissenschaftler*innen unserer Universität können sich für ein oder mehrere Zukunftslabore bewerben. Obwohl es natürlich nicht gesetzt ist, dass die TU Braunschweig den Zuschlag erhält. würde ich es mir sehr wünschen, dass sich die TU Braunschweig beteiligt: Wir sind sehr gut aufgestellt in den Themenbereichen, die ich jetzt schon kenne: im ersten Zukunftslabor zu den Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem Wald und im zweiten zur Klimagerechten Stadtentwicklung. Deshalb hoffe ich sehr, dass sich Wissenschaftler*innen der TU Braunschweig auf die Calls für die ersten beiden Zukunftslabore gemeinsam mit Kolleg*innen anderer Hochschulen bewerben werden.
Die Koordinierungsstelle arbeitet letztendlich aber für alle Zukunftslabore. Bewerben können sich interdisziplinäre Konsortien aus Forscher*innen und Praxispartner*innen aus Niedersachsen. Aber es können durchaus Partner*innen aus ganz Deutschland und internationale Akteur*innen die Verbünde ergänzen. Ich würde dies sehr begrüßen, um den Blick auf die verschiedenen komplexen Fragestellungen noch einmal um eine internationale Perspektive zu ergänzen.
Wann können sich die Verbünde auf die Zukunftslabore bewerben?
Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur wird im Juli 2023 die Ausschreibungen veröffentlichen. Wir arbeiten nun an der Vorbereitung der Ausschreibung und unterstützen dann auch die Kolleg*innen des MWK im weiteren Verfahren. Selbstverständlich wähle aber nicht ich die geförderten Forschungsprojekte aus, sondern es findet eine unabhängige wissenschaftliche Begutachtung statt.. Zusätzlich wird ein wissenschaftlicher Beirat für das Zentrum eingerichtet, der aus Vertreter*innen aus Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft besteht und selbstverständlich divers besetzt sein wird.
Wie wird das Zentrum auf sich aufmerksam machen?
Wir werden uns zum Beispiel am 15. Juni bei der Eröffnung der ClimateCrisisClock am Forumsgebäude mit einer Podiumsdiskussion zur Rolle der Hochschulen in der Klimakommunikation beteiligen. Im Oktober sind wir mit „Herausforderungen und Chancen der Kooperation in Multi-Akteurs-Netzwerken im urbanen Klimaschutz“ bei der internationalen Konferenz des Forschungsschwerpunktes „Stadt der Zukunft“ zum Thema Forschung und Umsetzung für einen positiven Wandel mit dabei. Geplant ist, dass wir das Zentrum bei weiteren Veranstaltungen präsentieren und auf die Bewerbungsmöglichkeit für die Zukunftslabore hinweisen.
Im Moment arbeiten wir am Aufbau unseres Webauftrittes und werden in der Zukunft verschiedene Social Media-Kanäle bespielen. Nach Jahren der pandemiebedingten Isolation soll aber auch der analoge Austausch gefördert und Raum für den direkten Austausch geschaffen werden.
Ein zentraler Auftrag des Zentrums ist auch der Austausch mit der Zivilgesellschaft. Deshalb wäre es ebenfalls denkbar, dass wir einen Ort in der Braunschweiger Innenstadt finden, um uns dort zu präsentieren und eine Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft zu schaffen.
Die Zukunftslabore sollen durch ihre Forschung dringend notwendige Ansätze für die Veränderung unserer Lebens- und Wirtschaftsweise entwickeln. Welche Veränderungen könnten Sie sich für sich selbst vorstellen?
Zum Beispiel bewusster reisen. Ich reise sehr gerne: Bevor ich an die TU Braunschweig kam, war ich unter anderem zweieinhalb Jahre in Vietnam tätig und entdecke grundsätzlich gerne neue Menschen und Kulturen. Anfang des Jahres habe ich das Land und meine Freund*innen und ehemaligen Kolleg*innen noch einmal besucht. Ich weiß natürlich, dass so eine Flugreise die Ausnahme sein muss. Deshalb versuche ich, so viele Reisen wie möglich nun mit der Bahn zu machen. So bin ich im letzten Jahr zur Biennale nach Venedig 16 Stunden mit dem Zug gefahren. Das hört sich erst einmal sehr lang an, aber ich finde die langsame Annäherung an ein Ziel ist auch immer eine besondere Art zu reisen und es gibt viele Dinge in der vorbeiziehenden Landschaft zu entdecken.