First Generation Akademiker*innen stellen sich vor Prof. Beate Muschalla als Role Model an der TU Braunschweig
Das Projekt Role Models: First Generation Akademiker*innen an der TU Braunschweig macht im Rahmen des Fokus 2022: First Generation Students soziale Vielfalt an unserer Universität sichtbar, ermöglicht das Kennenlernen verschiedener Bildungsbiografien und schafft akademische Vorbilder für First Generation Students. Anhand von kurzen Interviews stellen sich verschiedene Mitglieder der TU Braunschweig vor, die als Erste*r in Ihrer Familie studiert haben.
In welchen Situationen wurde Ihnen bewusst, dass Sie Erstakademikerin sind?
Aus meinem Umfeld kamen zu Beginn meines Studiums ganz praktische Rückmeldungen. Etwa, wie ich denn damit Geld verdienen wolle aber auch Anerkennung dafür, wie ich mir das Studium selbst organisierte.
Welche Hürden gab es in Ihrer bisherigen Laufbahn? Was hat Ihnen geholfen, diese zu überwinden?
Die größte Hürde war rückblickend, nicht verschiedene Fachrichtungen parallel zu verfolgen, um mir Optionen offenzuhalten, sondern mich auf eine festzulegen und dieses Ziel dann zu verfolgen: Psychologie fertig studieren, und dann einen konkreten Beruf erlernen und Verhaltenstherapeutin werden. Das zu erkennen, hat ein paar Tage gedauert. Direkt nach dem Abi war ich mir meiner Fähigkeiten und der Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, gar nicht bewusst. Und dann gab es immer wieder die üblichen Hürden wie Absagen und Ablehnungen. Dinge, die man lernen muss als normal zu akzeptieren, anstatt sich davon beeindrucken zu lassen. Man muss lernen weiterzumachen und sich dabei selbst weiterzuentwickeln.
Wichtig war für mich Mentoring durch Ältere. In der Abizeit und während meines Pflicht-Praktikums habe ich Menschen gefunden, die mich jahrelang begleitet und mir Richtungen gezeigt haben. In der Schreibwerkstatt mit meiner alten Literaturprofessorin saßen wir als fünf junge und ältere Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ihrem Wohnzimmer und redeten bei Tee, Keksen und Obst, umgeben von ihren vielen Bücherregalen, über unsere ersten literarischen Textversuche.
Später während der Psychotherapieausbildung im Klinikpraktikum hatte ich viele Gelegenheiten, meinem Chef unmittelbar beim Arbeiten zuzusehen. So konnte ich mir in der Visite, bei Besprechungen und auf Kongressen Vieles durch Beobachtung abschauen. Dadurch erlernte ich eine Menge konkretes Handlungswissen, zum Beispiel über den Umgang miteinander im Wissenschaftsbetrieb und in der Klinik. Oder auch darüber, warum nicht die Vorträge, sondern der Gesellschaftsabend das Wichtige bei einer Tagung sind. Also alles, was nicht im Lehrbuch steht.
Welche Botschaft würden Sie Ihrem studentischen Ich aus heutiger Sicht mit auf den Weg geben?
Geh aktiv auf die Leute zu, die dich interessieren und von denen du denkst, etwas lernen zu können. Beobachte, lerne verschiedene Sichtweisen und Lebenswelten kennen, und bilde dir deine eigene Meinung. Lerne deine Fähigkeiten kennen und tue das, was du am besten kannst. Es ist nicht so wichtig, was man im (Berufs-)Leben macht, sondern dass man es gut macht.
Auf welche persönlichen Ressourcen können Sie zurückgreifen?
Meine Fähigkeiten, Wissen und Erfahrungen. Ich bin in den 1980er Jahren als Einzelkind bei meinen Eltern in Kleinmachnow bei Potsdam aufgewachsen. Seit ich denken kann, habe ich meine schulbezogenen Angelegenheiten selbst in die Hand genommen. Meinen Eltern bin ich dankbar, dass sie mir wichtige Werte mitgegeben haben: Bodenständigkeit und Pragmatismus, Beharrlichkeit und Verlässlichkeit.
Wann haben Sie sich für ein Studium entschieden und was hat diese Entscheidung beeinflusst?
In der Abizeit war ich einerseits froh, dass die Schule zu Ende ging. Aber ich war auch neugierig auf Möglichkeiten, selbstbestimmter weiterlernen zu können. Mich faszinierten fremde Kulturen und das Altertum. Außerdem war die Uni nur 30 Fahrradminuten von meinem Wohnort entfernt.
Vielen Dank für das Interview!