Elektronische Rechnungen: Ein weiterer Baustein auf dem Weg zur digitalen Verwaltung Wie die Carolo-Wilhelmina von elektronischen Rechnungen profitiert
Die Stabsstelle Projektmanagement Office (PMO) setzt Großprojekte der Verwaltung an der TU Braunschweig um, die universitätsweite Auswirkung haben. So ein Großprojekt sind die elektronischen Rechnungen, die seit April 2020 an der Carolo-Wilhelmina angenommen werden. Ziel ist es, nicht nur rechtliche Auflagen zu erfüllen, sondern zugleich die Qualität zu erhöhen sowie die Arbeit der Beschäftigten zu erleichtern. Wir haben mit Dr. Lotte Gabriel-Jürgens gesprochen, die die Stabsstelle und das Projekt leitet, das einen wichtigen Impuls auf dem Weg zur digitalen Verwaltung gibt.
Universitäten sind ab dem Frühjahr 2020 laut einer Vorgabe der Europäischen Union verpflichtet, elektronische Rechnungen anzunehmen. Wie ist der Stand an der TU Braunschweig?
Der rechtliche Auftrag Umsetzung und Empfang von elektronischen Rechnungen ist abgeschlossen. Seit dem 18. April können wir sogenannte XRechnungen annehmen. Wir wollen aber weitergehen und beginnen gerade mit der Phase 2. Wir wollen die zusätzlichen Chancen, die sich uns jetzt bieten, nutzen. Anders als viele andere niedersächsischen Hochschulen geben wir uns nicht mit der Umsetzung des gesetzlich geforderten zufrieden. Wir sehen in der Fortführung des Projekts Chancen, die Prozessqualität in der Verwaltung zu erhöhen, aber auch Arbeitserleichterungen zu erzielen. Ganz konkret: Wir wollen die Rechnungsbearbeitung in der zentralen und dezentralen Verwaltung, die momentan noch manuell geschieht, automatisieren.
Was steht in der Phase 2 des Projekts an? Welche Arbeitsabläufe sollen konkret erleichtert werden?
Das Gesetz schreibt vor, dass öffentliche Verwaltungen XRechnungen digital empfangen können. Wir wollen aber den Weg der Digitalisierung und des papierlosen Arbeitens in der Verwaltung konsequent weitergehen. Die weitere Verarbeitung der Rechnungen in der dezentralen Verwaltung läuft noch manuell: Das heißt XRechnung ausdrucken, Formular ausfüllen und noch ein Formular ausfüllen. Wir möchten, dass die Rechnungen automatisch von der Finanz- und Anlagenbuchhaltung an die bestellenden Einrichtungen und Abteilung weitergeleitet und medienbruchfrei im System bearbeitet werden. Das Programm, das wir eingeführt haben, ist ein zusätzliches Modul zu SAP, das kann die Semantik der XRechnung auslesen und wieder lesbar anzeigen. Es erscheinen die Daten der Rechnung in den Feldern, die vordefiniert sind. Hier stehen Lieferdatum, Rechnungserstellungsdatum, Positionen, Einzelkosten, Steuern usw. In der Projektphase 2 werden wir die Institute eng miteinbeziehen. Sie sind die Hauptprotagonisten. Die ersten Gespräche, wie zum Beispiel der Workflow in den Instituten aussieht, laufen bereits.
Worauf müssen sich Lieferanten der TU Braunschweig einstellen und ab wann werden nur noch XRechnungen angenommen?
Es wird in der nächsten Zeit sehr viel Dynamik bei der Rechnungserstellung für öffentliche Auftraggeber geben. Die XRechnung wird sich schnell verbreiten und europaweit in absehbarer Zeit der einzige Weg sein, öffentlichen Auftraggebern eine Rechnung zu stellen. Das Land Niedersachsen plant ab 2023 nur noch elektronische Rechnungen anzunehmen. Auftraggeber wie Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmen, können dann über ein Portal des Landes Niedersachsen ihre Rechnung eingeben. Die Rechnung wird dort in das geforderte Format übersetzt. Die TU Braunschweig wird in diesem Portal ein Postfach haben und zieht sich von dort die Rechnungen.
Wie sieht es mit PDF-Rechnungen aus. Ist es möglich, an der TU Braunschweig Rechnungen in diesem Format anzunehmen?
Ja, doch, dies wird möglich sein. Bei PDF-Rechnungen ist zu bedenken, dass die Übersetzung einer PDF-Rechnung schwieriger und fehleranfälliger ist. Da es sich um ein Bild handelt, das decodiert werden muss, gibt es in der Regel mehr Nachpflegearbeit. Damit wir die Daten extrahieren können, brauchen wir eine sogenannte OCR-Software. Diese müssen wir auf unser SAP-Modul noch draufsetzen. Aber das qualitativ hochwertigere Rechnungsdokument ist eindeutig die XRechnung.
Wie läuft die Arbeit zurzeit im Projekt? Sie sind ja im Projektverbund mit 13 niedersächsischen Hochschulen und dem Niedersächsischen Hochschulkompetenzzentrum für SAP, Customer Competence Center (CCC), das die Gesamtverantwortung hat. Wie arbeiten Sie in diesem großen Team zusammen?
Das Projekt E-Rechnungen läuft geregelt weiter, normal heißt, dass wir uns auch regelmäßig persönlich treffen, das tun wir nicht. Normal wäre, dass die Fachleute aus der Finanzabteilung der TU Braunschweig nach Hannover fahren und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen zusammen kompakt testen. Jetzt laufen jeden Tag kleinere Tests lokal. In unseren täglichen Standup-Meetings schauen wir was passiert und wo nachgehakt werden muss. Mit größeren Gruppen treffen wir uns in Videokonferenzen. Das Projekt läuft auch zurzeit gut, denn unser Thema ist ja grundsätzlich die Digitalisierung.
Wer ist von Seiten der TU Braunschweig am Projekt beteiligt?
Natürlich der Geschäftsbereich Finanzen mit den Kolleginnen und Kollegen der Finanz- und Anlagenbuchhaltung. Hier möchte ich besonders Michael Stabenow und Miriam Lubowski erwähnen, die das System auf Herz und Nieren testen. Das GITZ ist mit der Abteilung Anwendungen insbesondere für die Schnittstelle zu SAP involviert. Für das PMO konnten wir die Projektkoordinatorin Anne Heyroth extra für dieses Projekt gewinnen. Und natürlich die dezentralen Einrichtungen, deren Know-how für uns bei der Umsetzung sehr wichtig ist.
Wie gehen Sie bei der Umsetzung von solchen Großprojekten vor? Wie haben Sie das Projekt XRechnungen zum Beispiel umgesetzt?
Ganz klar, die Informationsbeschaffung steht am Anfang. Wir führen intern und mit Beratern Gespräche, wir fahren zu Veranstaltungen, um uns aufklären zu lassen. An erster Stelle steht das Know-how, um zu sehen, welche Punkte sind relevant. Wenn wir einen guten Überblick haben, schauen wir, welche Personen wir ins Kernteam nehmen. Dann geht es langsam auch schon an die Planung. Das heißt wir schauen noch mal genauer hin, wo haben wir Wissensdefizite. Brauchen wir eine Beratung? Wer ist zu beteiligen? Gibt es einen Piloten? Wie sieht das Gesamtkonzept aus?
Häufig gibt es bei den Digitalisierungsprojekten eine technische und eine rechtliche Komponente. Die größte Komponente ist in der Regel aber die organisatorische. So arbeiten wir uns intern und mit den Fachleuten in die Themen ein. Je länger wir daran arbeiten, desto mehr Detailtiefe bekommt das Projekt. Wir erstellen Kostenschätzungen. Nicht nur für die Projektkosten, sondern für den Dauerbetrieb. Wenn wir dann in der Planungsphase ein grobes Konzept haben, holen wir uns vom Präsidium das Go ab. Gerade bei Digitalisierungsprojekten kann man nicht von Anfang an alle Details kennen und klären, vieles ergibt sich aus dem Projekt. Man muss sehr wachsam sein, gut steuern, kontrollieren, immer wieder den Projektplan anschauen und dann langsam hochskalieren.
Wo sehen Sie bei der Leitung von Großprojekten in der Verwaltung die größte Herausforderung?
Mein größtes Anliegen bei der Leitung der Projekte ist es, dass die Personen, die mit uns arbeiten, das Gefühl bekommen, jeder kann hier alles sagen, was nicht gut läuft, jeder finde hier ein offenes Ohr. Ich bin ja keine Finanzfrau, keine IT-lerin, ich habe aber in jedem Projekt so viel Überblick, dass ich die übergeordneten Zusammenhänge schnell verstehe und brauche das Feedback der beteiligten Fachleute. Ich möchte, dass die Personen im Projekt happy sind. Dass sie Lust haben dabei zu sein. Jeder weiß, das macht jetzt Arbeit, es entstehen Geburtsschmerzen weil man altes hinter sich lassen muss und neues in den Arbeitstag integriert, aber hinterher sollen sich alle auf die Schultern klopfen und sagen: „Ich bin total stolz dabei zu sein.“