Digitale Lehre: Fast dasselbe, nur in Grün Ein Besuch im Studio der Abteilung Algorithmik im Informatikzentrum
In der Corona-Pandemie war sie monatelang der einzige Weg, den Lehrbetrieb an der Technischen Universität Braunschweig ohne Ansteckungsrisiko aufrecht erhalten zu können. Die digitale Lehre war 2020 plötzlich allgegenwärtig. Längst haben wir uns nun an Videokonferenzen über „BigBlueButton“ und andere Systeme gewöhnt. Doch die Frage ist, wie man digitale Formate am effizientesten auf die Beine stellen kann, ohne viel Zeit in aufwendige Videoproduktionen zu stecken. Wir haben einen Ort im Informatikzentrum besucht, wo das ganz einfach geht.
Professor Sándor Fekete hat für die Umsetzung digitaler Lehre mit seinem Team in der Abteilung Algorithmik im Institut für Betriebssysteme und Rechnerverbund ein eigenes Studio aufgebaut und stetig weiterentwickelt. In der Anfangszeit der Corona-Pandemie habe man überlegt, welche Formate man wie technisch umsetzen könnte, erzählt er. Und wie man den Studierenden etwas bieten konnte, was über eine simple Präsentation hinausgeht.
Eine große Zeitersparnis
Das Studio ist mit Technik ausgestattet, die Live-Übertragungen von Lehrveranstaltungen ermöglicht. Es ist genau dieses Live-Erlebnis, das das Konzept für die Studierenden interessant macht und digitale Lehre ermöglicht, die nah am echten Hörsaal ist. Gleichzeitig können die Lehrenden dadurch Zeit sparen: Eine Live-Produktion ist im Gegensatz zu einem vorab produzierten Video in Echtzeit umzusetzen. Zugleich erlaubt das Ineinandergreifen der digitalen Tools, dass Lehrende nicht auf den enormen Personalaufwand eines klassischen Fernsehstudios angewiesen sind, sondern normale Lehrassistenz ausreicht. „Natürlich haben wir dabei gerade am Anfang besonders viel mit den Studierenden kommuniziert, damit alles funktioniert und niemand aus dem Publikum verloren geht. Dafür hatten wir jeweils jemanden live zur digitalen Unterstützung verfügbar“, erklärt Professor Fekete.
Wichtig ist gerade auch in der digitalen Lehre die Interaktion mit den Studierenden während der Veranstaltung. Dabei helfen weitere digitale Hilfsmittel wie ein Live-Quiz oder ein Live-Chat. „Die Studierenden verwenden sowieso schon laufend Tools wie das aus der Gamer-Community bekannte ‚Discord‘ und sind das also gewohnt“, so Fekete. Der Chat sei nicht nur aus inhaltlichen Gründen wertvoll, sondern die Studierenden weisen dort auch auf technische Fehler hin, die ein Vortragender sonst nicht mitbekommen würde. „Natürlich ist die Verwendung aller Tools durch die Studierenden freiwillig. Prinzipiell sind alle Veranstaltungen auch in Video-Form über die Institutsserver verfügbar, ohne dass man auf besondere Software oder Services angewiesen ist.“
Viel Technik, aber kein Hexenwerk
Für das Streaming kommt im Studio die frei verfügbare Open-Source-Software „OBS Studio“ zum Einsatz. Das Programm ist für alle gängigen Desktop-Plattformen (Windows, Mac, Linux) verfügbar und funktioniert wie eine virtuelle Webcam. „Chroma Keying“, also das Freistellen einer Person vor einem speziellen gründen Hintergrund, das Einblenden grafischer Elemente sowie das Einbinden von Bildschirmaufnahmen oder Videos, ist mit wenigen Klicks möglich. Das Ausgangssignal kann somit problemlos in jede beliebige Videokonferenzlösung oder YouTube eingespeist werden, kann ebenso auch lokal auf dem Rechner aufgezeichnet werden.
Der Dozierende ist für die Zuschauenden sichtbar und kann in den virtuellen Raum eintreten wie in den Hörsaal. „Ich habe im Studium Theater gespielt. Das hilft natürlich dabei, sich vor der Kamera zu bewegen“, erzählt Fekete. Vorerfahrungen seien grundsätzlich aber nicht nötig. Wichtig sei es, mit einer positiven Einstellung und angstfrei an die Sache heranzugehen.
Die Studiotechnik zu beherrschen, ist für eine erfolgreiche digitale Lehrveranstaltung Voraussetzung, aber kein Hexenwerk. Gerade in der Informatik hätten die meisten sowieso eine hohe Technik-Affinität und würden sich schnell zurechtfinden, sagt Fekete.
Das Studio ist auch für andere Lehrende der TU Braunschweig in Absprache nutzbar. So wurde es zum Beispiel im Juni für den bundesweiten „Digitaltag“ genutzt, an dem sich die Hochschule gemeinsam mit der Stadt Braunschweig beteiligt hatte. Zusammen mit Professor Martin Eisemann vom Institut für Computergraphik sind für Interessierte auch Einweisungen möglich. Im Rahmen des Projektes ProDiGI (Promoting Digital education through Global Interconnection) gibt es sogar Mittel für den Aufbau ähnlicher Studios an allen Fakultäten der TU Braunschweig.