Digitale Helfer im Musikunterricht Musikstudierende bilden Lehrkräfte fort
Filmmusik erschaffen, ein Gedicht vertonen, einen Hip-Hop-Song produzieren oder auch einen DJ-Battle starten: Wer mit dem Smartphone oder dem Tablet Musik machen möchte, wird in einem der App-Shops schnell fündig. Doch wie können solche Apps im Musikunterricht eingesetzt werden? Masterstudierende des Instituts für Musik und ihre Vermittlung haben jetzt unter der Leitung von Professor Bernhard Weber Lehrkräfte fortgebildet und ihnen verschiedene Apps vorgestellt, die gerade beim Homeschooling nützlich sein können.
Der Großteil der an der Fortbildung teilnehmenden Lehrkräfte hat bereits Erfahrung mit digitalen Medien in der Schule, aber noch nicht mit der Nutzung von Apps im Musikunterricht. „Deutschland ist in dem Bereich absolutes Entwicklungsland“, sagt Professor Weber. Die Digitalisierung in den Schulen müsste schneller voranschreiten. Denn gerade im Distanzlernen bieten digitale Anwendungen ganz neue Möglichkeiten, den Musikunterricht zu gestalten und Inhalte zu erarbeiten. „Fast alle Schüler*innen kennen sich mit Apps aus“, so Student Felix von Knebel. „Sie bieten einen vereinfachten Zugang zum Musikmachen für jene, die noch kein Instrument spielen. Man kann Klänge erstellen, Instrumente ersetzen und gemeinsam musizieren.“
Das Klavier für die Tasche
Für die Studierenden selbst ist die Nutzung von Musik-Apps inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Sei es, um immer Metronom, Stimmgerät und ein digitales Klavier zum Tonangeben dabei zu haben oder um Stücke zu notieren und diese zu arrangieren. Verzichten wollen sie auch nicht auf digitale Anwendungen, die Akkorde oder Noten bereitstellen sowie Aufnahme- und „Tonstudio“-Apps, um das eigene Musizieren aufzeichnen und bearbeiten zu können.
Neun verschiedene, größtenteils kostenfreie Apps zu den Themen „Musikproduktion“, „Hören und Notieren“ und „Beatz“ haben die Studierenden den Lehrkräften in der dreitägigen Online-Fortbildung präsentiert, die sie in Kooperation mit dem Landesfachmoderator für Musik Felix Goltermann von der IGS Franzsches Feld und dem Netzwerk Lehrkräftefortbildung der Georg-August-Universität Göttingen gestaltet haben. Dabei erläuterten sie nicht nur die zahlreichen Features der Apps, sondern listeten auch Vor- und Nachteile auf und entwickelten mögliche Aufgabenstellungen: zum Beispiel die Vertonung eines stummen Videos mit der App „Walk Band“. Hier experimentieren und improvisieren die Schüler*innen mit Beat-Patterns und Loops und können auch auf Distanz in Gruppen arbeiten. Oder sie erstellen passende Musik zu einem Gedicht oder Bild mit „MusicMakerJAM“ und treffen sich virtuell zum DJ-Battle über „Remixlive“. Noten müssen sie dafür nicht kennen.
App ersetzt nicht Didaktik
„Die thematischen Einsatzmöglichkeiten im Musikunterricht sind sehr vielfältig. Sie reichen vom praktischen Musizieren, über die musiktheoretischen Themen und die Instrumentenkunde bis hin zum Kennenlernen von Musikstilen“, erklärt Studentin Kathleen Henning. „Wichtig ist jedoch, dass die Lehrperson eine App als didaktisch lohnendes und reflektiertes Werkzeug nutzt und nicht nur, um einfach eine App im Unterricht einzusetzen.“ Es mache beispielsweise wenig Sinn, im Präsenzunterricht Klaviermusik auf dem Tablet nachzuspielen, wenn ein richtiges Klavier in der Schule zur Verfügung stehe, ergänzt Professor Weber. „Die digitalen Medien sind zu Beginn für die Schüler*innen motivierend und lassen viel Kreativität zu. Der Umgang mit den Apps führt jedoch nicht unbedingt zu besseren Lernerfolgen. Das didaktische Setting ist wichtig.“
Die Lehrkräfte sind jedenfalls von den Apps begeistert. „Ich habe große Lust, mit meinen Schüler*innen die unterschiedlichen Anwendungen auszuprobieren. Sie eignen sich auch sehr gut für den Distanzunterricht“, so die Rückmeldung einer Lehrerin. Insgesamt erhielten die Studierenden durchweg positives Feedback für ihre erste Fortbildung, in der sie als Expert*innen auftraten. Auch wenn sich die Studierenden durch ihr Lehramtsstudium und den dazugehörenden Schulpraktika bereits mit dem Unterrichten auskennen, war es für sie eine neue Erfahrung, wie Eike-Nick Ermisch berichtet: „Hier bildeten gestandene Lehrer*innen mit mehr praktischer Unterrichtserfahrung als wir das Publikum. Sie waren sehr dankbar für die Inhalte und durch den gegenseitigen Austausch konnten wir viel voneinander lernen.“