„Deutsch zu lernen hat für mich oberste Priorität“ Humboldt-Professor Daniel Prades über sein erstes Jahr in Braunschweig
Seit April 2024 gehört Professor Daniel Prades dem Forschungsschwerpunkt Metrologie sowie dem Exzellenzcluster QuantumFrontiers an der TU Braunschweig an. Mit einer Förderung in Höhe von fünf Millionen Euro durch die Alexander von Humboldt-Stiftung wechselte er von der Universitat de Barcelona nach Braunschweig. Im Interview spricht der gebürtige Katalane über seinen neuen Alltag in Deutschland.

Auch in diesem Sommersemester belegt Humboldt-Professor Daniel Prades mehrere Deutschkurse am Sprachenzentrum. Bildnachweis: Daniel Götjen/TU Braunschweig
Vor ziemlich genau einem Jahr haben Sie Ihre neue Stelle an der TU Braunschweig angetreten. Wie haben Sie sich inzwischen eingelebt?
Sehr gut. Ich wusste aber auch, was mich erwartet, da ich bereits seit 2012 in unterschiedlichen Projekten mit der TU Braunschweig zusammenarbeite. Ich kannte deshalb die Universität, die Kolleg*innen und die Stadt. Der Einstellungsprozess sowie bürokratische Angelegenheiten – wie die Beantragung eines neuen Ausweises und die Eröffnung eines Bankkontos – wurden sehr zügig und problemlos abgewickelt. Toll, dass die europäische Zusammenarbeit hier so gut funktioniert hat!
Jetzt sind Sie jedoch nicht nur vorrübergehend für ein Projekt in Braunschweig, sondern leben dauerhaft hier. Macht das einen Unterschied?
Ja, das hat durchaus eine psychologische Komponente. Als Besucher erlebt man die Stadt meist nur aus der schönen Touristen-Sicht. Jetzt, wo ich hier im Alltag lebe, werden andere Dinge wichtiger – zum Beispiel auch außerhalb der Arbeitswelt Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen. Gleichzeitig hat sich mein Blick auf die TU Braunschweig und unser Institut verändert. Ich bin jetzt vollwertiges Mitglied der Universität, fühle mich viel stärker eingebunden und bin in der Lage, aktiv zum Universitätsleben beizutragen. Und obwohl ich regelmäßig meine Familie und Freund*innen in Barcelona besuche, ist Braunschweig inzwischen meine Heimat.
Haben Sie Unterschiede zwischen Barcelona und Braunschweig bemerkt – sowohl im Alltag als auch an der Universität?
Ich lebe inzwischen viel gesünder – vor allem beim Essen. In Barcelona lauerten an jeder Ecke ungesunde Verlockungen, denen ich nur schwer widerstehen konnte. Hier achte ich deutlich mehr auf eine leichte und ausgewogene Ernährung.
Was die Universität angeht, finde ich es spannend, dass viele Abläufe an beiden Hochschulen sehr ähnlich sind – sei es in der Verwaltung oder bei Entscheidungen auf Führungsebene. Zwar sind die Prozesse in Deutschland etwas bürokratischer als in Barcelona, doch die dahinterstehende Logik ist dieselbe, sodass ich mich schnell daran gewöhnt habe.
Welche Rolle spielt die deutsche Sprache bei Ihrer Eingewöhnung im neuen Zuhause?
Deutsch zu lernen war für mich nicht nur eine Option, sondern oberste Priorität. Mein gesamtes berufliches und privates Leben findet jetzt in Deutschland statt, deshalb möchte ich mich auf jeden Fall in der Sprache des Landes verständigen können. Im Institut und in meinem Forschungsbereich ist zwar Englisch die Alltagssprache, denn hier arbeiten Menschen aus vielen unterschiedlichen Ländern zusammen, aber Deutsch zu lernen, ist mir sehr, sehr wichtig.
Wie haben Sie Ihre Deutschkenntnisse verbessert?

Daniel Prades schätzt den persönlichen Austausch mit den anderen Teilnehmenden der Sprachkurse sehr. Bildnachweis: Daniel Götjen/TU Braunschweig
Ich habe Deutschkurse im Sprachenzentrum der TU Braunschweig besucht. Das ist ein tolles Angebot und die Kurse machen mir viel Spaß. Vor kurzem hat mir jemand gesagt, dass es eher unüblich für Professor*innen ist, sich zusammen mit Studierenden in die Kurse zu setzen – jetzt weiß ich, warum mich alle so komisch angeschaut haben (lacht). Aber ganz ehrlich: Gerade den Austausch mit den Studierenden finde ich super spannend und ich habe dadurch auch mehr über die TU Braunschweig aus Studierendenperspektive gelernt. Außerdem hatten wir alle in den Kursen etwas gemeinsam – die Erfahrung als Ausländer*in in Deutschland. Das schweißt zusammen und hat uns motiviert.
Mittlerweile habe ich das B2.2-Level abgeschlossen, aber ich möchte auf jeden Fall weitere Kurse besuchen. Das Angebot des Sprachenzentrums ist sehr gut aufgestellt und mir gefällt es, dass ich das Deutschlernen gleich hier vor Ort auf dem Campus erledigen kann.
Sie haben auch das Tandemprogramm am Sprachenzentrum ausprobiert – wie gefällt es Ihnen?
Ja, ich habe sogar gleich zwei Tandempartner*innen, die in unterschiedlichen Abteilungen an der TU Braunschweig arbeiten. Neben der Praxisanwendung meiner Deutschkenntnisse fand ich das Tandem auch extrem hilfreich, um andere Perspektiven kennenzulernen. Im Tandem spricht man nicht nur über die Arbeit, sondern auch über persönliche Themen, was einem Einblicke darin gibt, wie andere an der TU Braunschweig denken und arbeiten. Ich habe viel darüber erfahren, wie meine Tandempartner*innen über Deutschland und die deutsche Gesellschaft denken.
Sie investieren also neben der Arbeit viel Zeit in das Erlernen der deutschen Sprache. Genau dieser Spagat ist für viele internationale Studierende eine große Herausforderung. Haben Sie einen Tipp für sie?
Ich würde internationalen Studierenden empfehlen, sich feste Zeitfenster einzuplanen, in denen sie die deutsche Grammatik und das Vokabular lernen. Das zahlt sich enorm aus – aber man vergisst oft, sich dafür bewusst Zeit freizuhalten. Im Alltag gibt es hingegen zahlreiche Gelegenheiten, Deutsch praktisch anzuwenden – zum Beispiel beim Bäcker oder in der Vorlesung. Diese Alltagssituationen kann man ganz spontan zum Sprechen nutzen – ganz ohne große Planung.
Wie würden Sie Ihr erstes Jahr an der TU Braunschweig zusammenfassen?
Es ist das Jahr, in dem ich am meisten gelernt habe – und das mache ich am allerliebsten! Außerdem hat sich meine Zukunftsvision verfestigt: Ich möchte hier in Braunschweig bleiben. Als ich umgezogen bin, war das noch ein recht vages „Mal schauen, wie es mir gefällt“. Das hat sich in den vergangenen zwölf Monaten definitiv verändert!