Der Gesellschaft etwas zurückgeben Wie Sandkasten-Projekte die Region unterstützen
Wie kann ich helfen? Eine Frage, die sich viele Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie gestellt haben. Eine Möglichkeit für Engagement an der Technischen Universität Braunschweig bietet die Plattform Sandkasten. Hier können Angehörige der Carolo-Wilhelmina Projektideen einreichen, und mit der Unterstützung der Sandkasten-Mitarbeitenden umsetzen. Wir haben mit Isabella Tober und Cedric Lachmann vom Sandkasten-Team über einige der Projekte gesprochen, die sich nicht nur auf den Campus der Universität beschränken.
Einen gemeinsamen Termin für ein Interview zu finden, ist in diesen Wochen gar nicht so einfach. Das Sandkasten-Team hat alle Hände voll zu tun, denn seit Mitte März hat sich die Anzahl neuer Projektideen auf der Plattform vervierfacht.
„Das sah am Anfang noch ganz anders aus“, verrät Cedric Lachmann, der die Sandkasten-Projekte koordiniert. „Als die Universität den Notbetrieb ausgerufen hat, haben wir uns natürlich gefragt, was das für unsere Arbeit bedeutet und ob überhaupt noch neue Projektideen eingereicht werden“, erzählt der Projektcoach. Die Sandkasten-Plattform ermöglicht Campusgestaltung, Projekte und Events, die den Campus und das Campus-Leben für alle TU-Angehörigen bereichern sollen. Umso mehr freute sich das Team, als nach wenigen Tagen die ersten Ideen für konkrete Hilfsangebote auf der Plattform eingestellt wurden.
Die Sandkasten-Projekte der letzten Monate
Freiwilliges Engagement in Corona-Zeiten
Eines der ersten Sandkasten-Projekte zur Unterstützung in Corona-Zeiten war die Einkaufshilfe für Ältere und Gefährdete. Innerhalb weniger Wochen haben sich 200 Menschen gemeldet, um für ältere Mitmenschen und Angehörige der Risikogruppe die Einkäufe zu erledigen. Neben TU-Studierenden und Mitarbeitenden waren darunter auch Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihrer Stadt engagieren wollten. „Aus diesem Helferpool haben viele auch bei den weiteren Projekten mitgemacht“, sagt Cedric Lachmann. Insgesamt starteten in zwei Wochen acht Projekte auf der Sandkasten-Plattform, darunter „behelfs.mundschutz.fuer.braunschweig“, die Studierenden-Zeitung The Corona Times – Only Good News, das Radio XYZ und BraunschweigZeigtMaske. Die Projekte beschränken sich nicht nur auf die TU Braunschweig und deren Campus, sondern setzen sich aktiv für die Stadt Braunschweig und die Region ein.
Das Sandkasten-Prinzip
Die Projektideen kommen von Studierenden oder Mitarbeitenden der TU Braunschweig. Auf der Sandkasten-Plattform werden dann Informationen darüber ausgetauscht, Mitwirkende gesucht oder Spenden gesammelt. Das Sandkasten-Team betreut und unterstützt die Projekte je nach Bedarf und hilft bei der Umsetzung. „Die Leute können sich schnell und unkompliziert vernetzen. Es ist schön zu sehen, wenn die Teams wachsen und die Ideen umgesetzt werden“, sagt Isabella Tober. Sie ist für die Öffentlichkeitsarbeit beim Sandkasten zuständig und unterstützt die Projektteams bei Presseanfragen und Social Media.
Tatkräftige Unterstützung für „Hey, Alter!“
Dass die Unterstützung der Sandkasten-Mitarbeitenden buchstäblich tatkräftig ist, zeigt sich beim Videogespräch für diesen Artikel. Statt an seinem Arbeitsplatz sitzt Cedric Lachmann an diesem Tag im Haus der Wissenschaft. Als Projektcoach hilft er dort dem Team des Projekts Hey, Alter!, das ausgemusterte Computer und Tablets sammelt und für Schülerinnen und Schüler funktionstüchtig macht. Gemeinsam werden die Geräte von Privatleuten oder Firmen angenommen, technisch überprüft und mit Software ausgestattet, damit sie im Homeschooling eingesetzt werden können. Bisher konnten über 700 Rechner gesammelt werden, mehr als 150 wurden an Schulen verteilt. Das Team ist optimistisch, dass sie bald die Marke von 1000 Geräten erreichen.
Campusgestaltung und Engagement für die Gesellschaft
Die Erfolge der Sandkasten-Projekte und das Engagement der Beteiligten haben im Team einen Denkprozess angestoßen. „Ist der Sandkasten wirklich nur Campusgestaltung oder auch gesellschaftliches Engagement?“ haben sich Isabella Tober, Cedric Lachmann und ihre Kolleginnen und Kollegen gefragt. Ihre Antwort: Primär bleibt der Sandkasten die Partizipationsplattform für TU-Angehörige, die den Campus gestalten möchten. Aber gerade in den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass mit der Plattform auch gesellschaftliches Engagement über den Campus hinaus umsetzbar ist. So möchte beispielsweise das Projektteam von Seniovid – digitale Freundschaften älteren Menschen mittels Videotelefonie und Instant Messaging soziale Kontakte trotz Social Distancing ermöglichen. Dafür hat die Gruppe aus Studierenden ein Konzept erarbeitet und leicht verständliche Anleitungen für die mobilen Geräte und die Apps geschrieben. Für Seniorinnen oder Senioren ohne Smartphone oder Tablet wurden kurzfristig Leihgeräte organisiert. Damit das Projekt noch größer werden kann, unterstützen Cedric Lachmann und Isabella Tober das Team: „Wir suchen aktuell nach Kooperationsmöglichkeiten.“
Große und kleine Projekte
In der Region Braunschweig ist die Sandkasten-Plattform fünf Jahre nach ihrem Start sehr gut vernetzt. Mit der Stadt und lokalen Institutionen, Verbänden und Unternehmen kooperierte das Team bereits für verschiedene Projekte. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Braunschweig und dem Stoffgeschäft Schickliesel bei behelfs.mundschutz.fuer.braunschweig. An dem Projekt „Hey, Alter!“ sind mittlerweile auch der Arbeitgeberverband der Region Braunschweig e.V., die Agentur Gingco Communications und der CoWorking Space TRAFO-Hub beteiligt.
„The Corona Times“ und „Radio XYZ“
Nicht immer gibt es Kooperationspartner, kleinere Ideen werden allein vom Sandkasten unterstützt. So wie The Corona Times – eine wöchentlich erscheinende Zeitung, die gute Nachrichten und Unterhaltung bietet. „Für die Printausgabe unterstützen wir das Team finanziell bei den Druckkosten“, sagt Cedric Lachmann. „Alles andere, wie das Schreiben von Artikeln oder das Layout, machen die Studierenden selbst. Auch die Idee für die Zeitung kam von ihnen.“ Isabella Tober ergänzt: „Im Moment sind viele digitale Lösungen dabei, diese funktionieren über Ehrenamt. Die Leute setzen Internetseiten oder Social Media Profile selbst auf und kümmern sich dann darum.“ Ein Beispiel ist das Radio XYZ, das „erstbeste Radio, unterstützt von Sandkasten“, wie das Team auf der Projektseite schreibt. In den letzten Wochen wurde täglich von 13.00 bis 15.00 Uhr gesendet, jetzt läuft die Radiosendung jeden Dienstag und Donnerstag von 9.00 bis 11.00 Uhr und dem Motto „Viertel vor Müsli“. Zu hören sind die Sendungen dabei über das Internet. „Das ist digitale Campusgestaltung: ein partizipatives Radio, bei dem das Programm von den Hörerinnen und Hörern gestaltet werden kann. Mittlerweile hat sich eine treue Community gebildet, die Vernetzung über das Medium Radio funktioniert“, erzählt Isabella Tober. Damit die Sendungen zukünftig jederzeit gehört werden können, soll aus der täglichen Sendung ein Podcast werden.
Mitmachen im Sandkasten!
Und welche neuen Projekte stehen an? „Das können und wollen wir nicht steuern“, antwortet Cedric Lachmann. Bereits geplante Projekte wie das Campuskino, das Foodsharingcafé „Futter Teresa“ und der Wochenmarkt im Univiertel mussten erst einmal verschoben werden. Das Open Student Concert gibt es dagegen jetzt digital: Am 25. Juni wird das Konzert aus dem Botanischen Garten auf dem Youtube-Kanal der Sandkasten-Plattform gestreamt.
Das Projekt „Still.Bar“
Auch an anderen Projekten wird weitergearbeitet, wie zum Beispiel an der Still.Bar. „Das bauliche Konzept für den Rückzugsraum von Eltern mit Kleinkindern in der Mensa ist fertig, die Finanzierung muss als nächstes geklärt werden“, sagt Cedric Lachmann. Das Mitmachen beim Sandkasten lohnt sich und Engagierte werden jederzeit gesucht. „Wer sich beim Sandkasten beteiligt, kann etwas Positives bewirken und nachhaltig Gutes tun“, beschreibt Isabella Tober die Vorteile. „Und man lernt sehr viel über Projektentwicklung und –management und sammelt Erfahrungen auf verschiedenen Ebenen“, ergänzt sie.
Dass die Partizipationsplattform Sandkasten erfolgreich ist, darin sind sich Isabella Tober und Cedric Lachmann einig: „Das System, das wir in fünf Jahren entwickelt haben, um dieses ehrenamtliche Engagement zu ermöglichen und zu unterstützen, funktioniert. Das hat sich für den Campus und die Region natürlich schon vorher, aber besonders auch in dieser Zeit gezeigt.“