CMOS Chips am Kältelimit Kryogene Elektronik für Quantentechnologien
Mit dem Aufstieg von Quantentechnologien ist ein tiefkaltes Wettrennen gestartet: Wo bisher vor allem wissenschaftliche Experimente stattfinden, entscheidet sich nun, wer industriell beim Quantencomputing die Spitze des Eisbergs erobert. In den Projekten ArCTIC (Europäische Union) und CryoSoQ (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF) trägt die TU Braunschweig ihren Teil bei, die notwendigen Technologien voranzutreiben. Die entsprechende Forschung kommt dabei sowohl der Region im Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) als auch der europäischen Hightech-Industrie zu gute.
Der Flaschenhals startet bei etwa vier Grad über dem absoluten Nullpunkt, was -269,15 Grad Celsius entspricht. Sobald eine Technologie in dem Bereich unter vier Grad Kelvin arbeiten muss, ist das nicht nur eine extreme Materialbelastung: Die elektronischen Teile dürfen auch kaum Strom verbrauchen. Denn jede Zuleitung an Energie potenziert den Kühlaufwand und droht, die fragile Umgebung unbrauchbar zu machen. Gerade Quantentechnologien nutzen allerdings häufig physikalische Effekte, die nur unter Kryo-Bedingungen reibungslos funktionieren.
Ineinandergreifende Projekte auf EU- und Bundesebene
Im EU-Projekt „Advanced Cryogenic Technologies for Innovative Computing“, kurz ArCTIC, arbeiten 34 internationale Partner aus Wissenschaft und Industrie an einer kryotauglichen Mikroelektronik. Der Fokus liegt hierbei auf skalierbaren, zuverlässigen Kontrollelementen für Quantencomputer, wobei auch andere (Quanten-)Technologien von den neuen Teilen profitieren sollen. Das Institut für CMOS Design der TU Braunschweig unter Professor Vadim Issakov, entwickelt in diesem Projekt kryotaugliche Hochfrequenz-Schaltungen, die auf minimalen Stromverbrauch ausgerichtet sind. Diese steuern dann beispielsweise Josephson Arbitrary Waveform Synthesizer (JAWS), die für Metrologie als Spannungsstandards verwendet werden können. Die Schaltungen bringen so unter anderem die Grundlagenforschung des Exzellenzclusters QuantumFrontiers in die Anwendung. Die Erkenntnisse sollen zudem direkt in die Lehre des Instituts fließen und eine zusätzliche Facette des neuen Master-Studiengangs Quantum Technologies in Electrical and Computer Engineering werden.
Auf regionaler Ebene starten zudem das TU-Institut für CMOS Design und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt das gemeinsame BMBF-Projekt „Cryogenic Integrated CMOS Signal Sources for Quantum Limited Microwave Amplifiers“, kurz CryoSoQ. Das Projekt geht gezielt parametrische Verstärker für supraleitende Quantencomputer an. Die Signalerzeugung für dieses Bauteil bremst die Skalierbarkeit der Computer aus, da die Signalerzeugung für diese Verstärker außerhalb des Kryostaten mit großen Geräten bei Raumtemperatur realisiert werden muss. Die Forschenden arbeiten daher an Bauteilen, die auch bei vier Kelvin noch die gleiche Leistung bringen wie ihre im warmen sitzenden Kollegen. Dafür müssen die momentan großen Geräte auf einem kleinen Chip realisiert werden. Die Ergebnisse zahlen wiederum auf die technologische Souveränität im Quantencomputing ein und beeinflussen direkt die Quantentechnologien von deutschen Unternehmen wie Supracon und Infineon.
Über die Projekte
Das Projekt CryoSoQ startete am 1. August 2024 unter der Leitung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt für den Zeitraum von 3 Jahre. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit 600.000 Euro. Davon erhält die TU Braunschweig knapp 400.000 Euro. Das Projekt ArCTIC startete am 1. April 2024 für 3 Jahre unter der Leitung des Interuniversitair Micro-Electronica Centrums (imec) in Belgien. Die Europäische Union (Chips JU) fördert die 34 Partner mit insgesamt 11 Millionen Euro, davon erhält die TU Braunschweig anteilig 600.000 Euro.