Bild des Monats: Vom Abwasser zum nachhaltigen Dünger Forschungsprojekt treibt Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm voran
Unter dem Mikroskop sehen sie aus wie bunte, im Licht glitzernde Perlen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um kleine weiße Kügelchen, die Landwirte als Mineraldünger auf ihren Feldern einsetzen können. Das kristalline Phosphorprodukt Struvit wird in Kläranlagen aus nährstoffreichen Wässern oder Stoffströmen gefällt. Da Phosphor eine endliche und lebensnotwendige Ressource ist, gewinnt das P-Recycling aus Klärschlamm zunehmend an Bedeutung. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gilt es, auch den Phosphorkreislauf zu schließen. Mit Struvit ist dies möglich, wie das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt P-Net zeigt. In dem Projekt zum Phosphor-Recycling unter Leitung des Instituts für Siedlungswasserwirtschaft der Technischen Universität Braunschweig wurde das hier entwickelte PECO-Verfahren nun erstmals großtechnisch auf der Kläranlage erprobt.
Das Phosphorprodukt Struvit – eigentlich Magnesium-Ammonium-Phosphat – wird durch Fällung oder Kristallisation hergestellt. Die Kristalle sind für ihre „Sargdeckelform“ bekannt, können aber unter bestimmten Fällungsbedingungen auch andere Formen annehmen, wie das Bild des Monats zeigt. Unter einem Polarisationsmikroskop, einem speziellen Lichtmikroskop, haben die Wissenschaftler um Professor Thomas Dockhorn am Institut für Siedlungswasserwirtschaft ein Dünnschliffpräparat von Struvitkugeln (Ooiden) untersucht. Zu sehen sind die resultierenden Interferenz- oder Polarisationsfarben. Diese Farben sind in der Regel keine reinen Spektralfarben, sondern Mischfarben. Das Verfahren dient der kristalloptischen Analyse von Kristallen und der Strukturanalyse sowie Mineralbestimmung. Die Untersuchung hilft Forschenden, das Kristallwachstum und die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen.
Düngemittel für den Ökolandbau
Das in den Kläranlagen in Braunschweig und Gifhorn gewonnene Struvit ist frei von Schadstoffen wie Schwermetallen oder Arzneimittelrückständen und kann als Depotdünger direkt in den Wurzelraum der Pflanzen ausgebracht werden. Das Phosphorprodukt ist gemäß der EU-Öko-Verordnung seit Januar 2023 auch als Düngemittel für den ökologischen Landbau zugelassen und wurde bereits von den ersten Verbänden freigegeben.
Ziel des Verbundprojekts P-Net ist es, die Kläranlagen in Braunschweig und Gifhorn zur Struvit-Fällung zu verbessern und ein Netzwerk zum regionalen Phosphor-Recycling in der Region Harz und Heide aufzubauen. Mit der Novellierung der Klärschlammverordnung müssen Kläranlagenbetreiber spätestens ab 2029 Phosphor aus dem Klärschlamm oder der Klärschlammverbrennungsasche zurückgewinnen und recyceln. Bisher können durch die Fällung zwischen fünf und 30 Prozent des Phosphors aus dem Klärschlamm herausgelöst werden. Der Phosphorgehalt in der Klärschlamm-Trockenmasse liegt in beiden Kläranlagen meist zwischen drei und vier Prozent. Ab 2029 gilt ein gesetzlicher Grenzwert von unter zwei Prozent. Die Projektpartner wollen deshalb die Struvit-Fällung so weit ertüchtigen, dass sie in wirtschaftlicher Betriebsweise auch die künftigen Anforderungen der Klärschlammverordnung erfüllt.