9. April 2024 | Magazin:

Bewegung verbindet Länderübergreifende Lehrveranstaltung am Institut für Sportwissenschaft und Bewegungspädagogik

Das Institut für Sportwissenschaft und Bewegungspädagogik probiert ein neues Format der internationalen Zusammenarbeit aus: Gemeinsam mit der Universidad de Valladolid in Spanien, der Université de Lyon in Frankreich und dem Instituto Politecnico in Portugal erforscht die TU Braunschweig im Rahmen eines sogenannten Erasmus+ Blended Intensive Programmes die Einflüsse der Umwelt auf Körper und Bewegung. Die gemeinsame Lehrveranstaltung der drei Universitäten beschäftigt sich mit dem Thema „Embodiement (and environment) – sensomotoric influences on learning processes in different settings”.

Im Interview gibt Projektleiterin Dr. Andrea Probst Einblicke in die Durchführung der Lehrveranstaltung.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, ein Blended Intensive Programm anzubieten?

Wir haben in unserem Institut bereits seit vielen Jahren europäische und außereuropäische Kooperationen mit Universitäten aus Portugal, Spanien und Brasilien. Diese wurden vor seiner Emeritierung von Professor Reiner Hildebrandt-Stramann initiiert und gepflegt. Ich habe als Lehrende im Rahmen von Erasmus+ Dozentenmobilitäten zu Lehrzwecken teilgenommen und später auch inhaltlich und organisatorisch daran mitgearbeitet.

Diese Projekte waren fachlich und persönlich immer sehr bereichernd, weshalb ich die Arbeit unbedingt fortführen wollte. Dabei werde ich tatkräftig von meinen Kolleg*innen Nicola Böhlke und Fabian Muhsal unterstützt. Ich finde es super, dass in diesem Format auch hybride Formen gefordert sind. Der internationale Austausch ist digital wesentlich leichter und kostengünstiger zu organisieren. Es bedarf aber auch Präsenzphasen – insbesondere, weil unsere Studierenden nicht nur den Lernstoff, sondern auch interkulturelle Kompetenzen aus der Lehrveranstaltung mitnehmen sollen. Kommunikation ist immer etwas Leibliches, insbesondere, wenn die gemeinsame Sprache nicht die Muttersprache ist.

Wie sahen die ersten Schritte im Projekt aus?

Die Koordination des Projektes liegt bei uns an der TU Braunschweig. Mitte Dezember ist die Lehrveranstaltung mit einem digitalen Kickoff gestartet bei dem in kleinen Arbeitsgruppen eine erste Hinführung zum Projektthema erarbeitet wurde. Dabei haben wir festgestellt, dass „kurz“ in jedem Land anders interpretiert wird und die Vorstellungsrunde viel zu lang geraten ist. Trotz dieser kleinen organisatorischen Herausforderungen, war der Anfang aber damit gemacht. Die Arbeitsgruppen, die wir in diesem Meeting gebildet haben, haben Aufgaben erhalten, die sie bis zum nächsten Meeting Ende April erarbeiten müssen. Die Studierenden müssen sich zum Beispiel mit dem länderspezifischen Umgang mit der Bedeutung von Körper und Bewegung auseinandersetzen. Gibt es Gemeinsamkeiten? Gibt es Unterschiede? Die Ergebnisse der Gruppenarbeiten werden im nächsten Online-Meeting diskutiert.

Dr. Andrea Probst (mitte) sieht große Mehrwerte in der Durchführung von internationalen Lehrveranstaltungen. Foto: Ahmed Nassef/TU Braunschweig

Welchen Mehrwert erhoffen Sie sich von der internationalen Lehrveranstaltung?

Ich erhoffe mir einen aktiven Austausch in den ländergemischten Arbeitsgruppen. Die Studierenden sollen erfahren, dass man, auch ohne die Sprache perfekt zu beherrschen, einen Weg findet, miteinander zu kommunizieren. Zudem sind die unterschiedlichen internationalen Perspektiven auch für das Thema unserer Lehrveranstaltung sehr interessant: Wir lernen unterschiedliche soziologische und kulturelle Einflüsse auf die Gestaltung von Bewegungswelten kennen, die von den jeweiligen Ländern abhängen. Es ist immer wichtig, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, um voneinander und miteinander zu lernen.

Ich hoffe, dass wir unsere Studierenden dadurch ermutigen, auch in der Zukunft international zu denken. Die meisten von ihnen werden nach dem Studium als Lehrer*innen arbeiten. Wenn sie internationale Offenheit, Verständnis und Akzeptanz mit in ihre zukünftige Arbeitsumgebung in die Schule tragen, haben wir Einiges richtiggemacht.

Bringt eine internationale Lehrveranstaltung auch besondere Herausforderungen mit sich?

Große Herausforderungen sehe ich darin, ein (gemeinsames) Verständnis, insbesondere von fachlicher Literatur zu entwickeln. Das ist schon in der eigenen Sprache nicht immer leicht. Zwar ist Englisch die für das Projekt festgelegte „gemeinsame“ Sprache, doch gerade dadurch entstehen durch verschiedene Konnotationen häufig Verständnisprobleme. Als Lehrende muss ich sehr viel mehr Zeit einplanen, um nicht nur zu übersetzen, sondern auch den Studierenden Zeit zu lassen, ein gemeinsames Verständnis für den Inhalt zu entwickeln.

Wie geht es nach dem Kickoff weiter?

Am 24. April findet das nächste digitale Treffen statt. Hier gibt es Impulsreferate und die internationalen Arbeitsgruppen stellen ihre Ergebnisse vor. Im Juni findet dann die Präsenzwoche statt. Wir erwarten 20 Lehrende und Studierende der anderen teilnehmenden Universitäten bei uns an der TU Braunschweig. Dafür bereiten wir momentan ein passendes Programm vor. Ich freue mich sehr auf diese Präsenzphase, da gerade für den Bereich „Sport- und Bewegungspädagogik“ eine aktive, leibliche Präsenz grundlegend ist. Ich verstehe die Auseinandersetzung mit der zunehmenden Digitalisierung und deren Auswirkungen auf Körper und Bewegung übrigens auch als eine der Kernaufgaben unseres Faches. Denn trotz aller positiven Möglichkeiten, die sich für unsere Lebens- und Arbeitswelt daraus ergeben, dürfen wir den realen, wirklichen Bezug zu uns selbst und zu unseren Körpern nicht verlieren.

Gibt es nach dem Abschluss der Lehrveranstaltung bereits weitere Ideen für internationale Kooperationen oder Projekte?

Wir werden auf jeden Fall weitere internationale Projekte ins Leben rufen. Im April fliege ich mit Kolleg*innen des Instituts für Sportwissenschaft und Bewegungspädagogik im Rahmen des DAAD-Projektes „Go out, Come in – Institutionalisierung von Austauschstrukturen für die Lehrkräftebildung an der TU Braunschweig“ nach Chile an die Universidad de la Frontera, um am dortigen Sportinstitut unsere Projekte vorzustellen und über mögliche Kooperationen zu sprechen. Außerdem hoffen wir, dass wir spätestens 2025 eine neue Partnerschaft mit einer französischen Universität vertraglich festhalten können, die unseren Studierenden eine neue Austauschmöglichkeit eröffnet.

Vielen Dank für das Interview!