Baumwurzeln beim Wachsen zusehen
Im August 2025 führte eine ungewöhnliche Allianz aus Pflanzenbiologie und Geomechanik Forschende der Techischen Universität Braunschweig an das Forschungszentrum Jülich (FZJ). Im MRT-Labor des Instituts für Bio- und Geowissenschaften erhielten sie nicht nur Einblicke in Versuchshallen und Anlagen, sondern packten auch praktisch mit an: Kleine Robinien (Robinia pseudoacacia) wurden in speziell für die Magnetresonanztomographie (MRT) entwickelte Behälter umgetopft.

Prof. Dr. Robert Hänsch (IPB), Dr. Dagmar van Dusschoten (FZJ) und Ilnaz Sarhangi-Fard (IGG) pflanzen eine Robinie in den Versuchsboden ein. Bildnachweis: Max Wiebicke (IGG)
Die jungen Bäume sind Teil einer Pilotstudie, die das Wachstum von Wurzelnetzwerken unter verschiedenen Bedingungen erforscht. Mithilfe moderner bildgebender Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) lassen sich die verschiedenen Komponenten des Mehrphasensystems – Wurzeln, Boden, Wasser und Luft – sichtbar machen. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie Pflanzen mit ihrem Boden interagieren und wie Umweltfaktoren die Ausbildung von Wurzeln beeinflussen.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Trockenperioden das Wurzelwachstum und den umliegenden Boden verändern. Durch den Klimawandel treten solche Phasen in vielen Regionen häufiger und länger auf. Wurzelsysteme übernehmen dabei eine Schlüsselrolle: Sie nehmen Wasser auf, verankern die Bäume und beeinflussen zugleich die Wasserspeicherung im Boden. Im Vergleich zu den oberirdischen Pflanzenteilen ist die Dynamik der Wurzeln unter Dürrebedingungen bisher noch unzureichend erforscht – hier setzt die Pilotstudie an.
Vorhersage der Pflanzenreaktion
Die im Projekt gewonnenen 4D-Bilddaten zeigen, wie sich Wurzeln in unterschiedlichen Böden entwickeln – sowohl unter normalen Bedingungen als auch während längerer Trockenphasen. Dadurch lässt sich quantifizieren, wie schnell und auf welche Weise verschiedene Baumarten – Robinien, Eichen und Pappeln – auf Dürre reagieren. Gleichzeitig liefern die Daten Hinweise auf die Wasserhaltefähigkeit der Böden im unmittelbaren Wurzelumfeld. Langfristig sollen die Ergebnisse helfen, Modelle des Wurzel-Boden-Wasser-Systems zu verbessern und damit die Vorhersage von Pflanzenreaktionen unter sich rasch verändernden Umweltbedingungen zu präzisieren.

Aus einer Magent-Resonanztomographie segmentierte Wurzel einer Eiche. Abbildung: Dagmar van Dusschoten. Bildnachweis: FZJ
Symbiose von Wurzeln mit Bakterien
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung von Wurzelknöllchen bei den Robinien. Diese entstehen durch eine Symbiose mit sogenannten Rhizobien (Knöllchenbakterien im Boden), die den Baum insbesondere in nährstoffarmen Böden mit zusätzlichem Stickstoff versorgen. In einem bereits laufenden Projekt wird das Wachstum der Knöllchen und des gesamten Wurzelnetzwerks in Sandböden mithilfe regelmäßiger CT-Scans verfolgt. Die nun geplanten MRT-Untersuchungen ergänzen diese Daten: Während der Boden im MRT kaum sichtbar ist, lassen sich die wasserhaltigen Wurzeln deutlich besser darstellen.

Robinien in In-vitro-Kultur; gezüchtet am Institut für Pflanzenbiologie. Bildnachweis: Robert Hänsch/TU Braunschweig
Und wie wird es gefördert?
Möglich wird dieses Vorhaben durch eine enge Zusammenarbeit: Das Institut für Geomechanik und Geotechnik (Prof. Dr.-Ing. Marius Milatz), das Institut für Pflanzenbiologie (Prof. Dr. Robert Hänsch) und das Institut für Angewandte Mechanik (Prof. Dr.-Ing. Ralf Jänicke) haben sich zusammengetan und erfolgreich die Förderung dieser Messkampagne beim Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungsnetzwerk e. V. (DPPN) eingeworben.
Text: Dr. Max Wiebicke