Ausprobiert: Tanz in der Luft Studentin Minela Becirovic wagt sich beim Sportzentrum ans Vertikaltuch
Menschen klettern scheinbar spielerisch an einem meterlangen Tuch gen Decke, wickeln sich in den Stoff, lassen sich in eleganten Figuren wieder hinabfallen und führen allein oder zu zweit akrobatische Übungen in der Luft vor. Das ist Vertikaltuchakrobatik. Am Sportzentrum gibt es einen gemeinsamen Kurs für Anfänger und Fortgeschrittene. Ich war dabei und kann sagen: Ausprobieren lohnt sich.
Am Sonntagabend betreten wir die Sporthalle am Rebenring und bauen zunächst alle gemeinsam die benötigten Matten auf. Die zwei Kursleiterinnen Natalie Knöchelmann und Lorena Lüning teilen sich auf. Während Natalie sich um den Aufbau der vier Vertikaltücher kümmert, ruft Lorena alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Aufwärmübungen zusammen. Genauso wie die Sportart sind auch die dazugehörigen Dehnübungen sehr vielfältig und sorgen dafür, dass der gesamte Körper aufgewärmt wird. Bevor wir danach an die Tücher gehen können, überprüfen die beiden Kursleiterinnen noch einmal, ob die Tücher fest und sicher angebracht wurden. Schließlich soll niemand stürzen oder sich verletzten.
Wir teilen uns nun in Anfänger und Fortgeschrittene auf. „Jeder kann diese Sportart ausprobieren”, erwidert mir Lorena, als ich sie frage, ob es bestimmte Voraussetzungen für die Sportart gibt. Sie erklärt mir, dass verschiedene Sportarten, wie zum Beispiel Turnen, Ballett oder Krafttraining, eine gute Grundlage liefern, da Kraft, Spannung, Beweglichkeit und Eleganz hier im Fokus stehen. Es geht aber auch ohne. Barfuß wird anfangs das Tuch um die Füße gewickelt, um auf dem Tuch in der Luft fest stehen zu können. Die Kursleiterinnen machen nicht nur die Übungen vor, sondern helfen auch, wenn jemand mal nicht weiterkommt. Die Teilnehmer geben einander Tipps, feuern sich gegenseitig an und sind auch da, wenn mal etwas schief läuft und man plötzlich nicht mehr von alleine vom Tuch loskommt. Hoffnungslos verheddert – auch das kommt vor!
Meistens klappen die Übungen aber schon ganz gut. Beim Anblick der akrobatischen Künste stellt sich mir die Frage, wie lange es braucht, bis die ersten Figuren “sitzen“. Mit dieser Frage wende ich mich an einige Teilnehmer der Anfängergruppe. Die meisten sind erst zum zweiten Mal da und können schon die ersten Figuren auf dem Tuch ausführen. Sie erzählen mir, dass es erst einmal wichtig ist, zu lernen, auf dem Tuch fest zu stehen, und dass man anfangs eher Figuren dicht am Boden ausprobieren sollte, da diese weniger Kraft benötigen.
Nach langem Beobachten und dem Zuspruch meiner Kommilitonen wage ich den Selbstversuch. Erst als ich an dem Tuch stehe, wird mir richtig bewusst, wie viel ich beachten muss und wie wichtig Kraft und Körperspannung sind. Los geht’s: Zunächst zeigt mir Lorena, wie ich einen festen Stand auf dem Tuch bekomme. Sie bringt mir zwei verschiedene Wickeltechniken bei, die ich nach ein paar Versuchen sogar schon ganz gut hinkriege. Um die sogenannte „Halbmond“-Figur darstellen zu können, muss ich zunächst die Stoffbahnen trennen und mich dann dreimal durch die Mitte schwingen, indem ich mich an der rechten Tuchhälfte festhalte. Zum Schluss muss ich meinen Körper an die rechte Tuchhälfte lehnen und die Arme ausstrecken. Geschafft! Ob es wirklich so elegant aussah, wie bei Lorena und Natalie, bezweifle ich zwar, aber ich bin stolz diese Herausforderung gemeistert zu haben.
Mit den Füßen wieder zurück auf dem Boden ist es auch schon wieder Zeit für das gemeinsame Abräumen der Matten.
Ein Gastbeitrag von Minela Becirovic