Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Jessica Agarwal, Prof. Dr. Ferdinand Plaschke 12. April 2023 | 16:00 Uhr - 18:00 Uhr
Antrittsvorlesung „Aktivität kleiner Körper im Sonnensystem“
von Prof. Dr. Jessica Agarwal
Die Kleinkörper unseres Sonnensystems wie Asteroiden und Kometenkerne werden oft als Proben des Materials aufgefasst, aus dem die Planeten entstanden sind. Im Vergleich zu den Planeten sind die Kleinkörper den Planetesimalen des frühen Sonnensystems ähnlich. Allerdings unterliegen auch Kleinkörper stetig Kollisionen, Bahnänderungen, Bestrahlung durch kosmische Teilchen, Sonnenwind und Sonnenlicht, und den daraus resultierenden thermischen und dynamischen Veränderungen.
Eine besondere Folge solcher Prozesse ist die Emission gasförmigen und festen Materials (Staub) in den interplanetaren Raum. Diese sogenannte Aktivität der Asteroiden und Kometen ist nicht nur mit Raumsonden beobachtbar, sondern auch Teleskopen auf der Erde oder im erdnahen Weltraum zugänglich.
In dieser Vorlesung gibt Professorin Jessica Agarwal einen Überblick, wie wir aus Messungen zur Aktivität von Kometen und Asteroiden Rückschlüsse auf die Beschaffenheit ihrer oberflächennahen Schichten und die dort ablaufenden Veränderungsprozesse ziehen können.
Zur Person
Jessica Agarwal studierte Physik an der Universität Jena und an der FU Berlin. Im Jahr 2007 promovierte sie an der Universität Heidelberg und forschte anschließend bis 2010 als Postdoktorandin bei ESA/ESTEC in Noordwijk (Niederlande). Danach war sie als Postdoktorandin zunächst an der Universität Potsdam und seit 2012 am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen tätig. Seit 2018 leitete sie dort eine durch ein ERC-Starting-Grant finanzierte Nachwuchsgruppe. 2020 erhielt sie eine von der VolkswagenStiftung geförderte Lichtenberg-Professur am Institut für Geophysik und Extraterrestrische Physik der TU Braunschweig.
Antrittsvorlesung „Vom Sonnenwind zum Weltraumwetter: Dynamische Prozesse im erdnahen Weltraum“
von Prof. Dr. Ferdinand Plaschke
Das Erdmagnetfeld erstreckt sich nicht einfach in einen leeren Weltraum hinein. Es wird vielmehr durch den ständig anströmenden Sonnenwind – ein Gas aus elektrisch geladenen Teilchen – auf der sonnenzugewandten Tagseite komprimiert und auf der sonnenabgewandten Nachtseite in die Länge gezogen; dort bildet sich der sogenannte geomagnetische Schweif. Der Sonnenwind kann dabei nicht direkt in die Region des dominanten Erdmagnetfeldes, die Magnetosphäre, eintreten. Stattdessen wirkt die Magnetosphäre bzw. die äußere Grenzschicht derselben, die sogenannte Magnetopause, als Hindernis für den Sonnenwind, die von diesem umströmt werden muss. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Sonnenwindes kann die Umströmung nur ermöglicht werden, wenn sich vor dem eigentlichen Hindernis eine Bugstoßwelle ausbildet, an der der Sonnenwind verzögert, komprimiert und aufgeheizt wird. Der erdnahe Weltraum zerfällt also durch die Wechselwirkung des Sonnenwindes mit dem Erdmagnetfeld in eine Reihe von Regionen unterschiedlicher Eigenschaften, die über den Austausch von Teilchen und Energie miteinander in Beziehung stehen.
Maßgeblich für die Dynamik des Systems ist das interplanetare Magnetfeld, das durch den Sonnenwind an die Magnetosphäre herangetragen wird. Unter gewissen Bedingungen kann es durch den Prozess der magnetischen Rekonnexion zur Vereinigung der Magnetfelder kommen. Dadurch wird es Sonnenwind-Teilchen ermöglicht, über den geomagnetischen Schweif in die Magnetosphäre zu gelangen. Es entstehen dabei die für stürmisches Weltraumwetter typischen Polarlichter; Variationen in den Strahlungsgürteln sind ebenfalls die Folge. Das interplanetare Magnetfeld führt auch zu einer weiteren Strukturierung der Bugstoßwelle und der daran angrenzenden Bereiche, die sogenannten Foreshock- und Magnetosheath-Regionen. Daraus resultierende, kleinskalige Phänomene und ihre globalen Auswirkungen auf das gesamte magnetsphärische System stehen derzeit im Fokus der Forschung.
In dieser Vorlesung gibt Professor Ferdinand Plaschke einen Überblick über die Struktur und Dynamik des erdnahen Weltraums. Er geht insbesondere darauf ein, wie Beobachtungen durch Multi-Satelliten-Missionen dazu beitragen, die Physik auf unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen zu verstehen.
Zur Person
Ferdinand Plaschke studierte Physik und promovierte 2011 an der TU Braunschweig). Danach forschte er als Assistant Researcher an der University of California Los Angeles bis Ende 2012. Seit 2013 war er als Junior Scientist und Researcher am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und zeitweise auch an der Karl-Franzens-Universität in Graz tätig. Er hat regelmäßig Lehrveranstaltungen abgehalten als externer Dozent an der TU Graz und an der FH Wiener Neustadt. Im Jahr 2021 erfolgte die Habilitation an der TU Graz auf dem Fachgebiet Space Physics. Seit Oktober 2021 ist Ferdinand Plaschke Professor am Institut für Geophysik und Extraterrestrische Physik der TU Braunschweig.
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