Wirtschaftsdaten aus künstlichem Licht Neue Methode ermöglicht Berechnungen mithilfe von Satellitenaufnahmen
Satellitenbilder liefern weit mehr Informationen über die Erde, als bisher bekannt ist. Ein Forschungsteam um Professor Christian Leßmann vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Technischen Universität Braunschweig ist es gelungen, volkswirtschaftliche Daten mithilfe von Nachtaufnahmen von Wettersatelliten zu berechnen. Die Methode ist insbesondere für regionalökonomische Untersuchungen von Entwicklungsländern von Bedeutung, da für viele dieser Länder wichtige Daten fehlen. Mit ihrer Hilfe könnten Entwicklungs- und Konfliktszenarien künftig berechnet und prognostiziert werden.
Zuverlässige Daten sind die Arbeitsgrundlage und das wichtigste Werkzeug eines empirisch arbeitenden Volkswirts. Sie werden benötigt, um die Wirtschafts- und Einkommensentwicklung, die Folgen von Naturkatastrophen und Klimaveränderungen, ethnischen Unterschieden und anderen Konfliktrisiken zu berechnen und vorauszusagen. „Ebenso, wie es an wirtschaftlichen und mitunter auch politischen und gesellschaftlichen Strukturen fehlt, gibt es kaum Möglichkeiten, die für uns wichtigen Wirtschaftsdaten zu erheben und damit bestenfalls die Grundlagen für eine Verbesserung der Lebensumstände zu legen“, erläutert Christian Leßmann. Er ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Technischen Universität Braunschweig und hat zusammen mit André Seidel von der Technischen Universität Dresden bisher fehlende Wirtschaftsdaten mithilfe von Satellitenbildern berechnet.
Wettersatelliten liefern Wirtschaftsindikatoren
Was abstrakt klingt ist, beruht auf einer einfachen Idee. 14 Mal pro Tag umkreisen NASA-Satelliten die Erde und machen dabei zahlreiche Aufnahmen, die unter anderem für Wetterprognosen benötigt werden. Entstehen diese Satellitenbilder in den Abendstunden oder in der Nacht, dann wird dabei auch die Lichtemission der Erde bei Dunkelheit erfasst. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA (NOAA) trennen dann künstliches und natürliches Licht voneinander. „Übrig bleibt ein überraschend präziser Indikator für die wirtschaftliche Aktivität in einer Region“, erklärt Leßmann.
Künstliches Licht, so der Volkswirt weiter, werde für die meisten wirtschaftlichen Aktivitäten benötigt, egal, ob es sich Konsum oder Produktion von Wirtschaftsgütern handele. Die Untersuchungen von Leßmann und seinem Forschungsteam zeigen, dass bei unveränderten Rahmenbedingungen dort die wirtschaftliche Aktivität umso grösser ist, wo auch mehr künstliches Licht gemessen wird. „Mithilfe der Satellitenbilder kann auf diese Weise beispielsweise das Regionaleinkommen für ein Fläche von etwa einem Quadratkilometer geschätzt werden und das auch dort, wo keine statistischen Daten zur Verfügung stehen“, erläutert Christian Leßmann.
Volkswirte untersuchen regionale Einkommensunterschiede
Mithilfe ihrer neuen Methode untersuchen Christian Leßmann und sein Kollege André Seidel von der TU Dresden die Gründe von regionaler Ungleichheit. Den Volkswirten gehe es dabei um die Frage, warum verschiedene Regionen eines Landes teilweise unterschiedlich entwickelt seien und was dazu führe, dass regionale Einkommensungleichheit zu- oder abnehme, erklärt Leßmann. „Eine Frage, die auch in Deutschland unter dem Stichwort Ost-West Konvergenz eine Rolle spielt. In Entwicklungsländern können regionale Ungleichheiten jedoch in Extremfällen zu internen bewaffneten Konflikten beitragen“, so der Volkswirt. In künftigen Projekten wollen die Forscher aber auch die regionalen Auswirkungen von Naturkatastrophen untersuchen, ebenso wie die Effekte von Infrastrukturinvestitionen, Rohstofffunden und Transferzahlungen wie zum Beispiel der Entwicklungshilfe.
Zur Publikation
Christian Leßmann, André Seidel: Regional Inequality, Convergence, and its Determinants – A View from Outer Space, Center for Economic Studies & Ifo Institute Working Paper No. 5322, April 2015, ISSN 2364-1428.
Weitere Informationen
- Aufnahmen von NASA-Wettersatelliten auf dem Portal „Visible Earth“ finden Sie hier.
Kontakt
Prof. Dr. Christian Leßmann
Institut für Volkswirtschaftslehre
Technische Universität Braunschweig
Spielmannstraße 9
38106 Braunschweig
Tel.: 0531/391-2578
E-Mail: vwl@tu-braunschweig.de
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