Windenergie: Messflüge in den USA erfolgreich abgeschlossen Großes Experiment zu Windnachläufen in den Great Plains
Die Technische Universität Braunschweig beteiligte sich mit Flugzeug-Messungen an der internationalen Windenergie-Messkampagne AWAKEN in den USA. Die Klaus-Tschira-Stiftung ermöglichte es, dass das TU-Forschungsflugzeug, eine Cessna F406, Ende August den Überführungsflug in die USA antrat und bei einem groß angelegten Experiment in den Great Plains die Nachläufe von Windparks vermessen konnte. Untersucht wird, wie schnell sich der Wind hinter Windparks an Land wieder erholt.
Ziel der Messkampagne war die Untersuchung der Nachlaufströmungen hinter großen Windparks an Land. Im Rahmen dieses Vorhabens wurden verschiedene Messgeräte an und um die Windkraftanlagen eingesetzt, wie z.B. Laser und Radargeräte zur Bestimmung der Windströmung. Die Flugzeug-Messungen ergänzen diese Dauermessungen in Bereichen, an denen keine Daten verfügbar sind. Sie können flexibel an die Bedingungen wie die Windrichtung angepasst werden.
Größerer Einfluss des Geländes
Im Vergleich zu den Messungen über der Nordsee ist der Einfluss von dem Gelände viel größer. Auch wenn die Great Plains flach sind, fällt das Gelände nach Osten ab, was besondere Windphänomene hervorruft. Außerdem erwärmt sich der Boden tagsüber stark und kühlt nachts aus, wodurch tagsüber starke Turbulenz auftritt, die zu einer schnellen Erholung der Windgeschwindigkeit führt.
Gestartet ist das Forschungsflugzeug D-ILAB am 22. August 2023 vom Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Zielort waren die Great Plains in Oklahoma, USA, um an der Messkampagne im Rahmen des internationalen Projekts AWAKEN teilzunehmen. Während der fünfwöchigen Messkampagne erfassten die Braunschweiger Wissenschaftler in systematischen Flügen auf Nabenhöhe die Ausprägung der Windpark-Nachläufe in verschiedenen Abständen. Die TU Braunschweig hatte mit dem Institut für Flugführung bereits in den vergangenen Jahren wichtige Daten bei der Befliegung von Offshore Windkraftanlagen in der Deutschen Bucht sammeln können.
Logistische und fliegerische Herausforderungen auf der Nordroute
Die Piloten Maik Angermann, Thomas Feuerle und Matthias Cremer überführten das Flugzeug in etwas mehr als drei Tagen über die sogenannte Nordroute über den Atlantik gen Westen. Der Ferry-Flug bestand aus insgesamt sieben einzelnen Flügen. Die Zwischenstopps wurden zum Tanken, Pilotenwechsel und für die Übernachtung der Crew genutzt. Auf dem ersten Stopp in Wick, Schottland, wurde die notwendige Überlebensausrüstung aufgenommen, bestehend aus einer Rettungsinsel und Trockenanzügen. Nach diesem Zwischenstopp ging es weiter nach Reykjavik in Island. Am zweiten Tag setzte die Crew die Reise nach Narsarsuaq in Grönland und Goosebay in Kanada fort. In Kanada wurde die Überlebensausrüstung wieder abgegeben. Am dritten Tag folgte der Weiterflug in die Vereinigten Staaten mit Zwischenlandungen in Burlington in Vermont und Fort Wayne in Indiana zum Zielort Enid-Woodring im US-Bundestaat Oklahoma. In Oklahoma traf die Crew aus Braunschweig auf die Wissenschaftler und Flugmessingenieure Konrad Bärfuss, Jonas Füllgraf und Mark Bitter.
Anschließend wurde das Flugzeug für die Messaufgabe vorbereitet. Der Nasenmast, der dazu dient, atmosphärische Parameter zu erfassen, wurde bei der Überführung im Flugzeug transportiert und musste in den USA wieder montiert werden. Nach einer weiteren Inspektion der örtlichen Luftfahrtbehörde fanden erste Erkundungsflüge statt.
Wichtige meteorologische Daten in 50 Flugmessstunden
In Absprache mit internationalen Wissenschaftlern wurden Flugprofile geplant und auf die vorherrschende Wettersituation angepasst. Zusätzlich wurden regelmäßig sogenannte Profile geflogen, also Steig- und Sinkflüge von möglichst niedriger Höhe bis etwa 1000 Meter Höhe, um die Verteilung von Temperatur und Wind mit der Höhe zu erfassen. Insbesondere der Temperaturverlauf mit der Höhe gibt Aufschluss darüber, wie stark die Atmosphäre durchmischt ist, so dass Windpark-Nachläufe schnell abgebaut werden.
Am stärksten ausgeprägt sind die Windpark-Nachläufe in der Nacht und in den frühen Morgenstunden. Daher fanden die Flüge kurz nach Sonnenaufgang statt.
„Bis Ende September wurden insgesamt 50 Flugmessstunden geflogen und eine Vielzahl wichtiger meteorologischer Daten aufgezeichnet“, sagt Pilot Maik Angermann. Diese Datensätze wurden täglich auf einem Server in der Heimat gesichert. Während es in den USA nachts war und die Crew erholsam schlief, konnten durch die Zeitverschiebung wissenschaftliche Mitarbeiter*innen tagsüber auf der anderen Seite des Atlantiks erste Analysen der Messdaten durchführen. Die Erkenntnisse daraus wurden am Folgetag direkt bei der Flugplanung berücksichtigt. Am 3. Oktober 2023 setzte die Crew gesund und munter mit der D-ILAB wieder in Braunschweig auf.
Die Daten werden in den kommenden Monaten und Jahren am Institut für Flugführung analysiert, um die Erholung der Windgeschwindigkeit hinter Onshore-Windparks zu bestimmen. Außerdem stehen die Daten den internationalen Forschungsteams zur Verfügung. Insbesondere sind die Daten wichtig, um Modellrechnungen zu prüfen und Modelle zu verbessern.