Kulturerbe Konstruktion Ausstellung im Architekturpavillon der TU Braunschweig
Brücken, Hallen, Hochbahnen – die Bauten der Hochmoderne aus den Jahren 1880 bis 1970 sind in die Jahre gekommen und in ihrem Bestand stark gefährdet. Doch die denkmalgerechte Bewertung dieses jüngsten baulichen Erbes ist nur ansatzweise entwickelt. Hier setzt das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Schwerpunktprogramm „Kulturerbe Konstruktion“ an. In einer Ausstellung an der Technischen Universität Braunschweig stellen sich im Rahmen des Jahrestreffens ab 27. Juni verschiedene Projekte vor und zeigen dabei auch originale Bauteile, Materialproben und historische Spielzeug-Konstruktionsbaukästen.
Im Bauwesen verschieben sich zunehmend die Aufgaben vom „Neu-Bauen“ zum „Bauen im Bestand“. „Der überwiegende Teil der zukünftig benötigten Hochbauten und Infrastrukturen ist zumindest in weiten Teilen Westeuropas bereits gebaut“, sagt Professor Klaus Thiele vom Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk der TU Braunschweig. „Durch die Alterung bestehender Bauwerke haben Strategien zur Erhaltung und Ertüchtigung von Bauwerken erheblich an Bedeutung gewonnen.“ Mit seinem Institut setzt sich Professor Thiele für einen nachhaltigen Umgang mit den Baubeständen ein, auch mit der Forschung im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Schwerpunktprogramm „Kulturerbe Konstruktion – Grundlagen einer ingenieurwissenschaftlich fundierten und vernetzten Denkmalpflege für das bauliche Erbe der Hochmoderne“.
Stahlbau im Fokus
Den Denkmalwert der betrachteten Bauten aus den Jahren 1880 bis 1970 bestimmen häufig bautechnische Charakteristika. Die Konstruktion wird so zum eigentlichen Kulturerbe. In insgesamt elf Teilprojekten forschen interdisziplinäre Teams zur Bautechnikgeschichte, Denkmalpflege und zu neuen Potenzialen des Bauingenieurwesens in der Bauwerkserhaltung. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Stahlbau zu, ist die Hochmoderne doch die Epoche, in der er sich zur vollen Blüte entwickelte. Die rasante Entwicklung von Herstell-, Fertigungs- und Montagetechnologien spiegelt sich in den Konstruktionen wider. Diese Innovationen lassen sich im Brückenbau, Hallenbau und auch im Wohnungs- und Gewerbebau finden.
So betrachtet das Projekt „Stahl- und Metallleichtbau in der DDR“ die Stahlbaugeschichte der DDR – aufbauend auf einer Modellsammlung von Stahlbau Niesky, die an der Bergakademie Freiburg aufbereitet wird. Mit luftbildbasierter Erkennung bautechnikgeschichtlich relevanter Hallenbauten beschäftigt sich das Teilprojekt „Massenphänomen Gewerbehalle“, an dem auch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege beteiligt ist. Hallenbauten für Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft und Verkehrsinfrastrukturen sind prägend für die Hochmoderne. Ab 1914 wurden vermehrt Typen- bzw. Systemhallen in Stahlbauweise industriell gefertigt, deren Konstruktionsgeschichte und Typenvielfalt bislang weithin unerforscht ist.
Von Messmodellen bis Modellbaukästen
Die zweiwöchige Ausstellung im Architekturpavillon der TU Braunschweig stellt ab 27. Juni die Arbeitsfelder der elf Teilprojekte des Schwerpunktprogramms „Kulturerbe Konstruktion“ vor. Neben allgemeinen Informationen werden auch interessante Objekte und Impressionen aus den jeweiligen Tätigkeiten im Rahmen der Bearbeitung präsentiert. So sind historische Brückenlager, mit Carbonfaser bewehrter Beton, Bohrkörperproben, die Stahl-Lamelle einer Junkers-Bogenhalle, Bauteile aus Stahlraumtragwerken des VEB Metallleichtbaukombinats, Nachbildungen historischer Ingenieur-Messmodelle sowie Modellbaukästen der Firmen Mannesmann und MERO aus den 1950er- und 1960er-Jahren zentrale Objekte der Ausstellung.
Ausstellung
26. Juni bis 07. Juli 2023
Öffnungszeiten:
09:00-17:00 Uhr
Ort: Architekturpavillon, TU Braunschweig, Pockelsstraße 4, 38106 Braunschweig
Buchpräsentation
05. Juli 2023, 13:30 Uhr
Ort: Architekturpavillon, TU Braunschweig, Pockelsstraße 4, 38106 Braunschweig
Olaf Gisbertz / Mark Escherich / Sebastian Hoyer / Andreas Putz / Christiane Weber (Hg.): Reallabor Nachkriegsmoderne: Zum Umgang mit jüngeren Denkmalen. Für das DFG-Netzwerk Bauforschung Jüngere Baubestände 1945+.
Dieses Buch zeigt auf Grundlage laufender Projekte aus dem DFG-Netzwerk mögliche Perspektiven für den Umgang mit dem jüngeren Bauerbe auf.