„Kosmos 482“ vor Wiedereintritt – TU Braunschweig berechnet Eintrittszeitraum Forschende der Technischen Universität Braunschweig simulieren Rückkehr der sowjetischen Raumsonde
- Wiedereintritt der verbliebenen Kapsel der Raumsonde in wenigen Tagen
- Forschende der TU Braunschweig haben den Zeitraum mit Hilfe selbst entwickelter Algorithmen berechnet
- Institut für Raumfahrtsysteme verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Modellierung von Wiedereintritten von Raumfahrzeugen
Update 08.05.2025
Die Ergebnisse der neuen Simulation mit den Daten vom 07.05.2025 bestätigen den Trend der letzten Tage. Der Wiedereintritt wird nun für den Samstagmorgen nun gegen 6:45 Uhr MESZ erwartet. Das Zeitintervall beträgt nun nur noch +/- 11 Stunden. In diesem Zeitraum könnte „Kosmos 482“ noch alle Kontinente überfliegen, wobei er sich nur zwischen den 52° nördlicher und südlicher Breite bewegt. Die ersten Untersuchungen zu dem wahrscheinlichsten Gebiet des Wiedereintritts haben nur geringe Aussagekraft und es können so nur einzelne Regionen ausgegrenzt werden. „Kosmos 482“ wird wahrscheinlich nicht über Australien, Nord- und Südamerika wieder eintreten.
Grund zur Sorge besteht in Europa und dem Rest der Welt trotzdem nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass „Kosmos 482“ einen Mensch trifft, liegt bei unter 1:20000. „Kosmos 482“ müsste demnach 20.000-mal eintreten, um statisch gesehen einen Menschen zu schaden.
Update 07.05.2025
Die Ergebnisse der neuen Simulation mit den Daten vom 06.05.2025 zeigen keine deutlichen Veränderungen beim Wiedereintrittsfenster und der erwarteten Flugbahn. Der Wiedereintritt wird für den Samstagmorgen um kurz vor 4 Uhr (UTC) erwartet. Das Zeitintervall beträgt nun nur noch +/- 16 Stunden. Die Entwicklung des Zeitintervalls erlaubt zeitnah auch erste Abschätzungen, in welcher Weltregion Kosmos 482 am wahrscheinlichsten landen wird. Die Entwicklung der Bahnhöhen hat sich gegenüber dem Vortag nicht signifikant verändert.
Gezielte Wiedereintrittsvorhersagen für einzelne Objekte werden an der TU Braunschweig mit einem selbst entwickelten Simulationsalgorithmus erstellt. Für die Simulation werden öffentlich verfügbare TLE-Daten (ein standardisiertes Format zur Angabe von Position und Geschwindigkeit eines Satelliten) sowie Vorhersagen zum Weltraumwetter verwendet. Auf Basis dieser Daten können die zukünftigen Positionen des Objekts bis zum Wiedereintritt ermittelt werden.

Entwicklung des Wiedereintrittfensters über die letzten Wochen. Je näher das Event kommt, desto genauer kann das Fenster hervorgesagt werden. Bildnachweis: IRAS/TU Braunschweig
Die so festgestellten Positionen unterliegen gewissen Abweichungen von der realen Flugbahn des Objekts aufgrund von vereinfachten Annahmen, Abweichungen in den verarbeiteten TLE-Daten und Schwankungen im Weltraumwetter. Deshalb wird ein Zeitintervall berechnet, in dem das Objekt eintreten wird. Je näher der erwartete Wiedereintritt rückt, desto kleiner wird das prognostizierte Zeitfenster. Die Simulation vom 6. Mai 2025 erwartet den Wiedereintritt von „Kosmos 482“ am frühen Samstagmorgen (10. Mai 2025) gegen 4 Uhr mit einer Abweichung von +/-1 Tag.
Die Raumsonde wurde im Jahr 1972 im sowjetischen Venera-Programm gestartet und sollte planmäßig eine weiche Landung auf der Venus durchführen. Allerdings hat sie das Gravitationsfeld der Erde nie verlassen. Durch einen Fehler gelangte sie auf eine exzentrische Umlaufbahn. Dort trennte sich der Raumfahrzeugbus von der Eintrittskapsel. Der Bus verglühte bereits vor vielen Jahrzehnten in der Erdatmosphäre. Lediglich die Eintrittskapsel verblieb seither auf einer Umlaufbahn um die Erde.

Entwicklung der erwarteten Flugbahn des Objekts in den nächsten Tagen. Bildnachweis: IRAS/TU Braunschweig
Die Kapsel der Raumsonde hat eine Masse von 495 Kilogramm und einen Durchmesser von rund einem Meter. Vorausgesetzt, dass der Hitzeschutzschild in den letzten 53 Jahren nicht durch Alterungsprozesse ernsthaft beschädigt wurde, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Kapsel den Eintritt in die Erdatmosphäre unbeschadet übersteht. Typische Hitzeschutzmaterialien für solche Kapseln sind Faserverbundwerkstoffe, die aus einer Matrix aus Phenolharz mit eingelagerten Glasfasern bestehen.
Zum Abbremsen verfügt die Kapsel über einen Fallschirm. Einige Beobachtungen deuten darauf hin, dass der Fallschirm bereits ausgelöst sein könnte, wobei diese Annahme nicht bestätigt ist. Die TU-Forschenden gehen davon aus, dass der Fallschirm keinen Einfluss auf die Flugbahn von Kosmos 482 nehmen wird. Aus dieser Annahme resultiert ein rein ballistischer Wiedereintritt mit anschließendem Aufprall auf die Erdoberfläche. Aufgrund der nahezu kugelförmigen Form sowie der bekannten Werte für den Durchmesser und die Masse der Wiedereintrittskapsel stellt sie ein ideales Referenzobjekt für die Validierung von Wiedereintrittsmodellen dar.