20 Frösche auf einen Streich Neue Froscharten auf Madagaskar entdeckt
Biologinnen und Biologen arbeiten gegen die Zeit, denn die Vielfalt unseres Planeten schwindet: Viele faszinierende Organismen werden vom Erdboden verschwinden, ohne dass ihre Existenz überhaupt bekannt geworden ist. Erst ihre Entdeckung ermöglicht die Erforschung ihrer Verbreitung und ihren Schutz. Ein internationales Team um Professor Miguel Vences von der Technischen Universität Braunschweig hat nun einen großen Schritt hin zu einem besseren Verständnis der Vielfalt von Amphibien gemacht. Im Regenwald Madagaskars entdeckten die Forscherinnen und Forscher gleich 20 neue Arten von Fröschen und berichten im Journal „Megataxa“ von ihren Funden.
Die neuentdeckten Frösche gehören alle zu der Untergattung Brygoomantis, die nur auf Madagaskar zu finden ist, einem Inselstaat vor der afrikanischen Südostküste. Bislang waren aus dieser Gruppe von Fröschen nur etwas mehr als ein Dutzend Arten bekannt – jetzt sind es 35. Diese unscheinbaren braunen Frösche sind in Madagaskars Regenwäldern sehr häufig, die verschiedenen Arten aber nur schwer auf den ersten Blick zu unterscheiden. Aus diesem Grund war es notwendig, auch moderne molekulargenetische Verfahren in die Arbeit einzubeziehen.
Vergleich mit Exemplaren aus dem Museum
Über sogenannte „Museomics“-Ansätze war es möglich, auch die DNS von uralten Belegexemplaren aus zoologischen Sammlungen zu überprüfen. „Diese alten Museumssammlungen galten oft als verstaubt und unrelevant. Nun verstehen wir, dass sie enorm bedeutsame Archive des globalen Wandels darstellen“, sagt Professor Miguel Vences. „Die gute Nachricht aus diesen Analysen: Keine der in den letzten 200 Jahren aus Madagaskar beschriebenen Froscharten ist bislang ausgestorben. Die schlechte Nachricht: Viele dieser Arten haben derartig kleine Verbreitungsgebiete, dass das Verschwinden kleinster Waldfragmente ihr endgültiges Aus bedeuten könnte“, so Vences weiter.
Rufe wie eine knarrende Tür
Wie bei den meisten Fröschen geben auch die Männchen von Brygoomantis Paarungsrufe ab, um Weibchen anzulocken, und diese Rufe unterscheiden sich zwischen den Arten. Es waren diese mysteriös klingenden Laute, die Dr. Mark Scherz vom Naturhistorischen Museum in Kopenhagen, Dänemark, den Erstautor der Studie, auf die Spur der neuen Arten brachten: „Die Rufe hören sich oft an wie eine knarrende Tür oder ein gluckernder Bauch. Erst nachdem wir die versteckt rufenden Tiere mit viel Geduld fangen konnten, haben wir verstanden, dass an einem Bach oft nicht eine Art, sondern bis zu fünf verschiedene Arten von Brygoomantis vorkommen.“
Das Team hat für diese Arbeit Daten über einen langen Zeitraum zusammengetragen. „Diese Untersuchung ist auch das Ergebnis von jahrzehntelanger Freilandforschung“, so Dr. Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung in München. „Unser Datensatz besteht aus genetischen Daten von über 1300 Fröschen und Messungen von mehreren Hundert Exemplaren.“
Doch selbst nach dieser umfangreichen Forschungsarbeit ist das letzte Wort zu der Artenvielfalt der Brygoomantis-Frösche noch nicht gesprochen. „Es gibt noch eine ganze Reihe von Brygoomantis-Populationen, die vielleicht weitere neue Arten darstellen, von denen wir aber praktisch keine Daten haben“, so Dr. Andolalao Rakotoarison, Biologin und Leiterin der Amphibienschutz-Arbeitsgruppe der Weltnaturschutzunion IUCN in Madagaskar. „Selbst von den nun endlich beschriebenen Arten wissen wir kaum etwas über Lebensweise und Lebensraumansprüche. Wir brauchen dringend neue Feldstudien, gerade auch in schwer zugänglichen Gebieten, um Schutzkonzepte wissenschaftlich fundiert planen zu können.“