Wissenswertes über Wissenschaftskommunikation #GetTUknow Dr. Friederike Hendriks und die Junior Research Group „fourC“
Der Name der Junior Research Group „fourC“ steht für Communicating Scientists: Challenges, Competencies, Context – und genau damit befasst sich die Nachwuchsgruppe. „FourC“ untersucht, wie Wissenschaft erfolgreich kommuniziert werden kann. Zudem entwickelt die Forschungsgruppe Trainings, die die Kommunikationskompetenzen von Studierenden und Forschenden stärken. Im Interview berichtet Dr. Friederike Hendriks, Leiterin der Junior Research Group, von der Arbeit der Nachwuchsgruppe und erklärt, was gute Wissenschaftskommunikation ausmacht.
Frau Dr. Hendriks, warum ist Wissenschaftskommunikation wichtig?
Das ist eine sehr komplexe Frage, im Wesentlichen gibt es zwei Gründe dafür, dass Wissenschaftskommunikation von besonderer Bedeutung ist. Erstens wird Wissenschaft aus öffentlichen Mittel gefördert und zielt darauf ab, die Gesellschaft weiterzuentwickeln. Insofern hat die Gesellschaft ein legitimes Anrecht darauf, dass Wissenschaft an sie kommuniziert wird. Zweitens hält Wissenschaft Lösungswege für gesellschaftliche Probleme bereit. Daran hat die Gesellschaft natürlich auch ein berechtigtes Interesse. Wissenschaft kann sich darüber hinaus nur durch Transparenz und Kommunikation als Lösungspartner einbringen.
Außerdem sind die kommunikativen Anforderungen an Wissenschaftler*innen in den letzten Jahren deutlich komplexer geworden. Sie sollen ihre Forschung selbst kommunizieren und nicht ausschließlich den Weg über Mediator*innen, wie Pressestellen oder Journalist*innen, suchen. Daher bieten wir als Junior Research Group einerseits Trainings zur Wissenschaftskommunikation an, damit Wissenschaftler*innen dieser Kommunikationsaufgabe gerecht werden können. Und andererseits leisten wir Grundlagenforschung, zu den Anforderungen die Wissenschaftskommunikation an die individuellen Forscher*innen stellt.
Wie erforschen Sie Kommunikation?
Wir forschen interdisziplinär mit den Theorien und Methoden der Psychologie und der Kommunikationswissenschaft.
Wir fokussieren uns erstens auf die Frage, welche Eigenschaften erfolgreich kommunizierende Forscher*innen ausmachen. Dafür führen wir Interviews und Befragungen durch, in denen wir Wissenschaftler*innen fragen, wie, warum und mit welcher Motivation sie kommunizieren. Dabei geht es auch um das berufliche Selbstbild. Diese Forschung ist in erster Linie qualitativ ausgerichtet.
Auf der anderen Seite sind wir daran interessiert, die Wirkung von Kommunikation zu untersuchen. Was macht Wissenschaftskommunikation vertrauenswürdig und verständlich? Wie müssen Wissenschaftler*innen kommunizieren, damit ihre Forschung so aufgenommen wird, wie sie soll? Um diese Fragen zu beantworten, planen wir quantitative Befragungen und experimentelle Studien. Die Ergebnisse können uns bei der Entscheidung helfen, was wir Wissenschaftler:innen im Training vermitteln können. Durch die Einbeziehung empirischer Studien in die Trainingsentwicklung stellen wir sicher, dass das Training evidenzbasiert ist.
Und letztendlich beforschen wir auch unsere Trainings selbst. Dort geht es dann um klassische pädagogisch-psychologische Evaluationsforschung. Das bedeutet, wir testen einmal vor den Trainings und einmal nach den Trainings, und machen einen positiven Lernerfolg daran fest, ob das gemessene Wissen und die Fähigkeiten nach dem Training höher sind als davor.
Was sind Gradmesser für gute Kommunikation?
Innerhalb der Junior Research Group haben wir uns den Gradmessern guter Kommunikation von der Wirkungsseite her genähert. Was soll mit der Kommunikation erreicht werden? Wir möchten ja erreichen, dass die Menschen den wissenschaftlichen Inhalt verstehen, den wir ihnen mitteilen möchten und ihr Interesse wecken. Gleichzeitig ist es wichtig, dass sich Forschende in der Kommunikation als glaubwürdig und vertrauenswürdige Person darstellen.
Qualität und Erfolg von Wissenschaftskommunikation sind schwer definierbar und lassen sich kaum als ein Idealkonstrukt fassen. Sie hängen auch davon ab, welche Ziele man als Forscher oder Forscherin für die eigene Wissenschaftskommunikation hat. Dies zu reflektieren, nehmen wir in Zukunft in die Trainings auf.
Welche Best Practice-Beispiele für gute Wissenschaftskommunikation fallen Ihnen ein?
Vor und während der Corona-Pandemie haben wir eine Vielzahl an Wissenschaftler*innen wahrgenommen, die völlig unterschiedlich kommuniziert und verschiedene Zielgruppen angesprochen haben. Es gibt viele verschieden Arten sich in der Wissenschaftskommunikation zu engagieren. Nicht jede*r Wissenschaftler*in muss gleich in der Tagesschau sprechen. Es kommt darauf an, ein Format oder einen Bereich zu finden, in dem man sich persönlich wohl fühlt und die jeweiligen Inhalte zielgruppengerecht kommunizieren kann. Hier gibt es keine Idealtypen. Gute Kommunikator*innen finden einen Kommunikationsweg, der zu ihnen passt und so die gewünschte Zielgruppe anspricht.
Ein C in „fourC“ steht für Challenges – Was sind denn Herausforderungen der Wissenschaftskommunikation?
Die größte Herausforderung ist die Zeit. Wissenschaftler*innen sind ohnehin mit vielen Aufgaben in Forschung und Lehre beschäftigt, sodass wenig bis gar keine Zeit bleibt, verantwortungsvoll Wissenschaftskommunikation zu betreiben. Eine wichtige Ressource, die diese Problematik auffangen kann, sind Kommunikator*innen in Pressestellen oder direkt in den Projekten und Forschungsbereichen, deren Hauptaufgabe es ist, Wissenschaft zu kommunizieren.
Andere Herausforderungen lauern in den Kommunikationskompetenzen. Diese adressieren wir in unseren Kommunikationstrainings. Diese Kompetenzen sind häufig einfach eine Sache der Übung. Hier wollen wir Sicherheit vermitteln.
Welche Inhalte werden in Ihren Wissenschaftskommunikationstrainings vermittelt?
In den Trainings bauen wir Basiskompetenzen auf. Wir vermitteln Strategien, wie die Teilnehmer*innen lernen, Wissenschaft verständlich und interessant zu kommunizieren. Letztendlich sollen sie am Ende unseres Trainings in der Lage sein, diese Kommunikationsstrategien in einem kurzen Pitch-Vortrag anzuwenden. Dazu werden diese Strategien in Übungen mit Videofeedback und kleinen Gruppen geübt.
Neben diesen Kompetenzen geht es auch darum, Wissen zu Wissenschaftskommunikation aufzubauen und sich und seine Forschung zu reflektieren. Was macht meine Forschung interessant und wie hebe ich das Interessante hervor? Wie wird meine Forschung verständlich vermittelbar? Wo kann ich Komplexität wegnehmen? Wir setzen auf praktische Übungen, sodass die Teilnehmenden am Ende ein einerseits ein konkretes Produkt erarbeitet, aber auch Strategien gelernt haben, die sie in anderen Kommunikationssituationen anwenden können.
An wen richtig sich das Training?
Momentan richtet sich das Training an Masterstudierende. Wir sind der Meinung, bereits Studierende sollten lernen, Wissenschaft gut zu kommunizieren. Unsere bisherigen Teilnehmer*innen kamen aus vielen verschiedenen Studiengängen, was das Training nochmal bereichert. Wir arbeiten gerade daran, das Training auch für Doktorand*innen und Post-Docs anbieten zu können.
Was ist das Ziel der Junior Research Group „fourC“?
Erstens entwickeln wir wie gesagt Wissenschaftskommunikationstrainings. Am Ende möchten wir evidenzbasierte, gut evaluierte Module für die wichtigsten Kompetenzen zur Wissenschaftskommunikation entwickelt haben und anbieten können.
Zweitens wollen wir uns ganz grundsätzlich fragen, was macht kommunizierende Wissenschaftler*innen aus, was sind ihre Bedürfnisse und Herausforderungen, wie ist ihre Einstellung zu Wissenschaftskommunikation und wie kann man sie an diese heranführen. Hier betreiben wir Grundlagenforschung, diese ist Grundlage für die Trainingsentwicklung.
Sie haben in Münster studiert, sind dann nach Kiel gegangen und nun in Braunschweig. Was hat Sie hierhergeführt?
„FourC“ bietet den perfekten Rahmen für meine Forschung. Ich habe in Münster Psychologie studiert und dann bereits interdisziplinär mit Schnittstelle zur Kommunikationswissenschaft zu einem Thema der Wissenschaftskommunikation promoviert, nämlich zu Vertrauen in Wissenschaft. Dieses Thema beschäftigt mich immer noch. In dem Kontext habe ich auch Monika Taddicken, die Leiterin des Instituts für Kommunikationswissenschaft kennengelernt. In Kiel habe ich dann in einem Projekt gearbeitet, das sich aus Perspektive der Naturwissenschaftsdidaktik mit Wissenschaftskommunikation befasst. Momentan bin ich im Kiel Science Communication Network wieder als Research Fellow eingebunden.
Im Grunde war ich immer interdisziplinär unterwegs. Als ich die Ausschreibung für „fourC“ gesehen habe wusste ich, das ist die perfekte Aufgabe für mich.
Was macht die TU Braunschweig zum idealen Forschungsfeld für Wissenschaftskommunikation?
Die TU Braunschweig bietet mit ihrer breiten, anwendungsorientieren Forschung eine großartige Grundlage zur Erforschung der Wissenschaftskommunikation in den unterschiedlichen Disziplinen. Im Gespräch können wir gemeinsam mit den Studierenden und anderen Forschenden überlegen, was die Bedarfe, Wünsche und Anforderungen an Wissenschaftskommunikation aus Forscher*innenperspektive sind. Außerdem erlebe ich meine Kolleginnen und Kollegen an allen Fakultäten als unglaublich interessiert an unseren Themen und offen für Austausch und Kooperation. Dafür bin ich sehr dankbar.
Vielen Dank für das Interview.