3. Dezember 2025 | Magazin:

Wie Lehrende zu internationaler Lehre stehen Ergebnisse einer Onlinebefragung geben Einblicke in die Akzeptanz

Die TU Braunschweig richtet ihre Lehre zunehmend international aus und baut das englischsprachige Angebot weiter aus. Wie Lehrende diese Entwicklung einschätzen, war bislang jedoch wenig bekannt. Im Rahmen des Projekts „ProDiGI – Promoting Digital Education through Global Interconnection“ wurde daher eine Onlinebefragung durchgeführt, die erstmals systematisch die Perspektive der Lehrenden auf internationale Lehre erfasst. Die Ergebnisse der Studierendenbefragung können hier abgerufen werden.

Das Projekt „ProDiGI“ unterstützt den Ausbau internationaler und englischsprachiger Studiengänge und Module an der TU Braunschweig mithilfe digitaler Elemente. Es wird bis Ende des Jahres mit rund 3,3 Millionen Euro von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert. Ein zentrales Element ist die begleitende Evaluation. Zwischen Mai und Juli 2025 wurden daher Lehrende der TU zum Thema internationale Lehre befragt – anknüpfend an eine vorangegangene Studierendenbefragung.

Ziel der Umfrage

Mit offenen und geschlossenen Fragen wurden Akzeptanz, Einstellungen und Verständnis internationaler Lehre sowie Wünsche und Bedenken der Lehrenden erhoben. Ziel war es herauszufinden, wie Lehrende zur Internationalisierung der Lehre stehen und welche Chancen oder Risiken sie sehen. Insgesamt nahmen 450 Lehrende teil – etwas mehr als 17 Prozent des Lehrpersonals.

Englischsprachiges Lehrangebot „genau richtig“

Beim Verständnis internationaler Lehre zeigt sich, dass Lehrende – wie die Studierenden – vor allem „Lehre auf Englisch“ damit verbinden. Daneben zählen auch die Zusammenarbeit mit internationalen Partneruniversitäten, die Integration internationaler Studierender sowie die Einbindung internationaler Forschungsperspektiven dazu. Besonders Lehrende der Sozial- und Geisteswissenschaften bewerten den Umfang des englischsprachigen Angebots in ihrem Bereich als „genau richtig“. In den Natur- und Lebenswissenschaften wird er hingegen als „zu wenig“ angesehen.

Beurteilung des Umfangs des aktuellen englischsprachigen im Arbeitsbereich. Bildnachweis: ProDiGI

Erhöhter Arbeitsaufwand

36,2 Prozent der Befragten empfinden den Arbeitsaufwand für englischsprachige Lehrveranstaltungen insgesamt als vergleichbar mit deutschsprachiger Lehre. Gleichzeitig zeigen sich Unterschiede zwischen den Fachgruppen: Während 26,5 Prozent der Lehrenden aus den Sozial- und Geisteswissenschaften den Aufwand als gleich bewerten, tun dies 43,3 Prozent aus den Ingenieurwissenschaften. Betrachtet man die Antworten „höher“ und „deutlich höher“ gemeinsam, ergibt sich jedoch fachgruppenübergreifend ein Bild erhöhten Aufwands. Genannt werden insbesondere die Übersetzung von Materialien, sprachliche Herausforderungen und die erstmalige Umstellung auf englische Lehrformate als Gründe für einen erhöhten Arbeitsaufwand.

Erwarteter Arbeitsaufwand von englischsprachigen Lehrveranstaltungen. Bildnachweis: ProDiGI

Bei der durchschnittlichen Zahl bislang durchgeführter englischsprachiger Lehrveranstaltungen liegen die Ingenieurwissenschaften bei einem Mittelwert von M = 4,64, gefolgt von den Natur- und Lebenswissenschaften (M = 3,88) und den Sozial- und Geisteswissenschaften (M = 3,54). Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen bestehen nicht.

Etwas weniger als die Hälfte der Befragten hat bisher keine Lehrveranstaltung auf Englisch durchgeführt. Häufigster Grund laut der offenen Antworten ist, dass keine Notwendigkeit gesehen wird, etwa weil es keine internationale Zielgruppe gibt. Weitere Gründe sind fehlende Angebote am Lehrstuhl oder fehlende Zuteilungen.

Motivation zur Teilnahme: Akademischer Diskurs auf Englisch

Lehrende, die bereits auf Englisch gelehrt haben, nennen vor allem den englischsprachigen Diskurs im Fachgebiet sowie eigene gute Englischkenntnisse als Gründe. In offenen Antworten wird zudem auf internationale Studierende mit besseren Englisch- als Deutschkenntnissen verwiesen. Die Mehrheit derjenigen, die bereits Erfahrungen gesammelt hat, würde erneut englischsprachige Lehrveranstaltungen übernehmen.

Durchführung weiterer englischsprachiger Lehrveranstaltungen. Bildnachweis: ProDiGI

Sorge um verringerten Lernerfolg der Studierenden

12,4 Prozent der Lehrenden würden jedoch künftig auf ein erneutes englischsprachiges Angebot verzichten. Hauptgrund ist die Sorge, der Lernerfolg der Studierenden könne sinken – mit einem hohen Mittelwert von M = 5,08 auf einer sechsstufigen Skala von „1“ (trifft überhaupt nicht zu) bis „6“ (trifft voll und ganz zu). Auch mangelndes Interesse der Studierenden (M = 4,54) sowie Befürchtungen zu geringerer Lehrqualität aufgrund sprachlicher Hürden (M = 4,54) spielen eine zentrale Rolle.

Wunsch: Kapazitäten schaffen

Gefragt danach, was die TU tun könnte, um englischsprachige Lehre attraktiver zu machen, wünschen sich Lehrende vor allem zeitliche und finanzielle Ressourcen für die Umstellung, etwa zur eigenen Weiterbildung. Zudem werden eine klare Strategie sowie Anreize mit sichtbar positiven Effekten für die eigene Lehre genannt.

Fazit

Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass die antwortenden Lehrenden den Umfang des englischsprachigen Lehrangebots – abhängig von ihrem fachlichen Hintergrund – unterschiedlich betrachten. Haben sie bereits positive Erfahrungen gesammelt, sind sie bereit, weitere Kurse zu gestalten. Gleichzeitig werden auch Hemmnisse genannt: insbesondere die Sorge um den verminderten Lernerfolg ihrer Studierenden oder um das geringe Interesse an englischsprachiger Lehre können Hürden darstellen.

Zugleich wird auch sichtbar, dass die Bedingungen für englischsprachige Lehre verbessert werden könnten. So würden Umstellungskapazitäten, begleitet von Möglichkeiten zur Weiterbildung, begrüßt. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss in Rechnung gestellt werden, dass nur etwas mehr als ein Sechstel der Lehrenden an der Umfrage teilgenommen hat. Gegebenenfalls hat das Thema selbst zu Selektionseffekten in der Teilnahme geführt, sodass die Umfrage die Haltung der Lehrenden möglicherweise nur in Teilen repräsentiert.

Text: Marie Vahldiek, Prof. Dr. Stefanie Hartz, Caroline Kurtz