7. März 2023 | Magazin:

Weltweit auf der Suche nach Wissenschaftstalenten Fünf Fragen an Dr. Dominik Baumgarten vom Forschungsservice

Mit vielen neuen Impulsen zurück aus den USA: Dr. Dominik Baumgarten vom Forschungsservice hat kürzlich die TU Braunschweig auf der Europäischen Karrieremesse am Massachusetts Institute of Technology in Boston präsentiert. Ein guter Anlass, um mit ihm über das Recruiting internationaler Wissenschaftler*innen zu sprechen.

Dr. Dominik Baumgarten berät am Stand der TU Braunschweig bei der „MIT European Career Fair 2023“ in Boston, USA. Bildnachweis: DAAD/Wilson

Herr Baumgarten, Sie haben die TU Braunschweig schon auf einigen Messen vorgestellt. Wie kam es zu der Möglichkeit, auf einer der größten Veranstaltungen dieser Art in den USA für unsere Universität zu werben und wie machen Sie dort auf uns aufmerksam?

„Research in Germany“, eine gemeinsame Initiative von DAAD, DFG, DLR und der Fraunhofer Gesellschaft, lädt regelmäßig deutsche Forschungseinrichtungen zu deutschen Delegationen auf internationalen Veranstaltungen ein. Ich habe dort eine Bewerbung für die TU Braunschweig eingereicht und einen Platz im „Deutschen Cluster“ bekommen. Konkret kann man sich diesen als einen großen Gemeinschaftsstand mit zusammenhängenden Info-Ständen vorstellen. Neben unserer Universität waren neun weitere Forschungseinrichtungen sowie DFG, DAAD und das deutsche Konsulat vertreten – eine Art Werbeblock für den Forschungsstandort Deutschland also, der sich anhand von Testimonials präsentiert und gleichzeitig seine Förderlandschaft und Administration vorstellt. Für einzelne Einrichtungen ist dies eine Mischung aus gezieltem Recruiting internationaler Nachwuchstalente und einer offenen Walk-In-Sprechstunde für Interessierte, die sich erst einmal ganz allgemein über die Universität und ihren Standort informieren möchten. Oft ergeben sich längere Gespräche, die nach der Messe per E-Mail fortgeführt werden.

In einem Workshop hat das deutsche Konsulat die deutsche Forschungslandschaft vorgestellt und dabei exemplarisch die TU Braunschweig erwähnt, die man kaum kenne, aber kennen sollte – das war natürlich eine Steilvorlage für meinen eigenen „One-Minute-Pitch“.

Eine persönliche Randnotiz: Ein Messe-Besuch ist vermutlich nichts für Menschen, die sich außerhalb des Büros unwohl fühlen. Lange Reisen und lange Präsenztage erzeugen durchaus eine gewisse Sehnsucht nach einem ruhigen Abend auf dem eigenen Sofa. Andererseits kommt man mit vielen neuen Impulsen im Gepäck zurück. Spannend war zum Beispiel der Perspektivwechsel: Über internationale Delegationen an der TU Braunschweig können wir regelmäßig im TU-Magazin lesen. Diesmal waren wir als deutsche Delegation selbst „exotische“ Besucher*innen in einem Land, in dem ein (Forschungs-)Aufenthalt in Europa als großes Abenteuer gesehen wird und Braunschweig war auf einmal „transatlantic“.

Aus welchen Fachbereichen und welchen Ländern kommen die meisten Interessierten?

Ganz grob gesagt kamen die Besucher*innen zu je einem Drittel aus Nordamerika, Asien und Europa. Oftmals verfügen Studierende und Promovierende zudem bereits über eine internationale wissenschaftliche Laufbahn. Der eine oder die andere war tatsächlich auch schon einmal in Braunschweig oder in Niedersachsen. Durch die Ansiedlung der Messe am MIT lag der wissenschaftliche Schwerpunkt im MINT-Bereich, etwa in der Mobilitätsforschung oder in den Lebenswissenschaften, es gab aber auch viele interdisziplinäre Ansätze. Mit dem Profil der TU Braunschweig konnte ich jede*m eine offene Ausschreibung oder einen konkreten Kontakt zu unseren Forschenden mitgeben.

Warum ist es für die TU Braunschweig wichtig, aktiv internationale Wissenschaftler*innen anzusprechen, um sie für einen Forschungsaufenthalt in Braunschweig zu gewinnen?

Internationalisierung ist eines der Kernziele der TU Braunschweig, gleichzeitig ist der Standort in Übersee nicht überall bereits bekannt. Nicht selten treffe ich auf „pauschal“ Interessierte, die sich innerhalb einer Minute von „Wo liegt eigentlich Braunschweig?“ zu „Ich nehme gern einen Flyer Ihres Exzellenzclusters mit, das klingt alles sehr spannend.“ weiterentwickeln. Oft geht es also zunächst darum, ein Bewusstsein für die vielen Möglichkeiten zu schaffen, die wir hier bieten können.

Im Umkehrschluss gibt es weltweit natürlich viel mehr Expertise zu verschiedenen Themen, als sie allein lokal vorhanden sein kann. Wenn Wissenschaftler*innen aus anderen akademischen Schulen nach Braunschweig kommen, bringen sie oft ein „fehlendes Puzzleteil“ mit, das die Forschung vor Ort entscheidend bereichern kann. Neben den wissenschaftlichen Inhalten können sicherlich auch alle Teams von internationalen Kolleg*innen profitieren.

Und nicht zuletzt beobachten wir im Forschungsservice, dass das Thema Internationalisierung in der Forschungsförderung aus nationaler (BMBF, DFG) oder aus europäischer Sicht zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der Gewinn internationaler Forschender ist längst eine Leistungsdimension und rein lokal oder national besetzte Großforschungsprojekte haben entsprechend niedrigere Chancen auf Förderung.

Die Gewinnung internationaler Talente lohnt sich also auf ganz verschiedenen Ebenen.

Kurzvorstellung der TU Braunschweig beim Festival „EuroScience Open Forum 2022“ in Leiden, Niederlande. Bildnachweis: DAAD/Shaw

Welche Herausforderungen gibt es beim Recruiting internationaler Wissenschaftstalente?

Ich denke, internationale Forschende kommen ins Zögern, wenn sie sich ihre neue Wahlheimat nur sehr vage vorstellen können. Oft geht es also erst einmal um eine Präsentation von Land, Bundesland, Stadt und erst dann der Universität. Dass all das aus beispielsweise transatlantischer Sicht aufregend und exotisch wirkt, scheint eher ein Pluspunkt zu sein. Als „typisch deutsch“ gilt allerdings eine komplexe Bürokratie und daraus resultiert nicht selten die Sorge, in einem fremden Land planlos dazustehen. Hier hilft es, neben den wissenschaftlichen Institutionen auch den zugehörigen Verwaltungsapparat darzustellen.

Auch die Sprache spielt eine große Rolle. Ich beobachte oft eine große Erleichterung, wenn ich erzähle, dass sich neue Mitglieder der TU Braunschweig zunächst komplett auf Englisch verständigen und ohne Deutschkenntnisse die administrativen Schritte ihres Ankommens erledigen können. Hier würde der Mobile Researchers‘ Service einspringen und neue Universitätsmitglieder begleiten.

Meine große Bitte zu diesem Thema ist eine vermehrte Ausschreibung wissenschaftlicher Stellen auch auf Englisch. Im Stellenportal finden sich immer interessante Angebote für den Mittelbau, oftmals ist allerdings nur ein Bruchteil davon auch auf Englisch verfügbar. Es ist natürlich sehr schade, wenn spannende Kandidat*innen sich nicht angesprochen fühlen, weil sie durchaus passende Ausschreibungen schlicht nicht verstehen können. Ich empfehle an dieser Stelle gern die zweisprachigen Vorlagen der Personalabteilung.

Wie unterstützen Sie Forschende unserer Universität bei der Ansprache internationaler Wissenschaftler*innen?

Im Forschungsservice bieten wir traditionell Beratung auch für Forschende an, die mit einem eigenen Forschungsprojekt an die TU Braunschweig kommen und/oder ein solches erst beantragen möchten. Natürlich verfügen aber unsere Forschenden selbst über die besten Kontakte und Netzwerke in ihren jeweiligen Fachdisziplinen. Demgegenüber stehen viele Möglichkeiten, vom internationalen Forschungsmarketing bis hin zu konkreten Ausschreibungen der bekannten Fördergeber, die häufig wiederum nicht allen Forschenden bekannt sind.

Unter dem Label „Researchers Recruit Researchers“ haben wir verschiedene Handreichungen zusammengestellt und eine Sammlung an weiterführenden Angeboten zusammengetragen, die auf unserer Homepage eingesehen werden können: Forschende können auf vielfältige Weise internationale Kolleg*innen ansprechen und ihre Inhalte in Präsentationen vorstellen, als Testimonials Messen und Netzwerkveranstaltungen besuchen, ihre offenen Positionen auf unterschiedlichen Plattformen bewerben oder sich in offenen Calls als potenzielle Gastgeber*innen für wissenschaftlichen Nachwuchs anbieten. Hier möchten wir gerne eine Schnittstellenfunktion einnehmen und unsere Forschenden über ihre Möglichkeiten informieren. Am 13. April bieten wir hierzu einen ersten Info-Workshop (online) an.

Grundsätzlich möchten wir alle Forschenden ermutigen, uns zum Thema Recruiting anzusprechen. Und eine letzte Bitte: schicken Sie uns gern (englischsprachige) Flyer und Informationsmaterial zu Ihren Instituten, etc., da wir diese immer gern mit zu weiteren Messen und Netzwerkveranstaltungen nehmen. Idealerweise bekommen Sie allein dadurch schon die eine oder andere interessante Rückmeldung.