Unterstützung bei Studienzweifeln Projekt Wegbereiter berät Studienzweifelnde und -abbrechende
Seit August 2016 existiert das Projekt „Wegbereiter – Perspektiven trotz Studienabbruch“ in der Region. Studierende und Studienaussteigende der TU Braunschweig, der TU Clausthal, der HBK Braunschweig und der Ostfalia HAW können gemeinsam mit dem Projektteam ihren Studienverlauf und ihre beruflichen Ziele reflektieren sowie sich über alternative Bildungswege, auch fernab vom Studium, informieren. Mittlerweile haben knapp 170 Studienzweifelnde und bereits Exmatrikulierte am Coaching in mehr als 330 Sitzungen teilgenommen.
Studienabbruch ist kein Einzelfall – Betroffene fühlen sich jedoch allein
Annabelle war eine von ihnen. Sie kam in ihrem Fach Umweltingenieurwesen an der TU Braunschweig irgendwann nicht mehr weiter. „Mir ging es nicht mehr gut damit. Aber es ist nicht leicht, nach vier Jahren abzubrechen – das Projekt hat mir sehr geholfen.“ Wenn im Studium etwas nicht stimmt, nagt das schnell am Selbstbewusstsein: Viele sehen sich im Zwiespalt zwischen unterschiedlichen Erwartungen und haben Sorge, nicht nur sich selbst zu enttäuschen, wenn sie im Studium scheitern. Der Rechtfertigungsdruck ist hoch.
Die Studienabbruchquote an deutschen Hochschulen im Bachelorbereich liegt laut einer aktuellen Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung bundesweit etwa bei 29 Prozent. In den ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fächern können diese die 30 %-Marke sogar weit überschreiten, so lag die Abbrecherquote an den Universitäten (FHs ausgenommen) in der Elektrotechnik und in der Informatik zuletzt bei 45 Prozent, in Mathematik sogar bei 51 Prozent.
Vernetzung in der regionalen Beratungslandschaft
Häufig stellen sich Studierende die Frage, wann eigentlich der Punkt erreicht ist, sich externe Unterstützung zu suchen und wo im Einzelfall dann zielgerichtet geholfen werden kann. An diesem Punkt setzt „Wegbereiter“ an und möchte eine erste Clearing-Stelle in dieser Situation sein. Das Projekt bildet eine Schnittstelle zwischen Hochschule und Wirtschaft. Das dreiköpfige Team arbeitet „Hand in Hand“ mit den hochschulischen Beratungs- und Hilfsangeboten zusammen und verweist Studierende je nach Problemlage z. B. an den Career Service, die Zentrale Studienberatung oder auch die Studienfachberatungen der Fakultäten sowie die Psychotherapeutische Beratungsstelle des Studentenwerks. Die „Wegbereiter“ haben darüber hinaus ein großes, teils auch überregionales Netzwerk aus außerhochschulischen Kontakten, an die sie die Ratsuchenden auf Wunsch weiterleiten
„Das Thema Studienabbruch ist immer noch ein Tabu“, sagt Marcus Voitel, Projektleiter von „Wegbereiter“. „Die Entscheidung gegen ein Studium fällt bei den meisten schon in den ersten Semestern, aber viele der Zweifelnden kommen erst gegen Ende ihres Bachelors oder sogar im Masterstudium in die Beratungsstelle“, berichtet Voitel. Ausschlaggebend für das Aufsuchen von „Wegbereiter“ sind unterschiedlichste Gründe. „Zweifelnde Studierende sollten den Weg in eine Beratungsstelle nicht scheuen“, so Voitel. Wichtig seien reflektierende Gespräche, um den Studienabbruch erst gar nicht als Scheitern, sondern als Chance für einen persönlichen Neuanfang zu verstehen.
Auch Elisa und Thomas haben am Coaching teilgenommen. Thomas hat Maschinenbau studiert, weil er in der Schule in den Naturwissenschaften und Mathe immer gut war. Aber nachdem er an der Uni schlechte Noten erhielt, brach er sein Studium im sechsten Semester ab und wurde von der Zentralen Studienberatung an das Projekt verwiesen. Jetzt macht er eine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker an der TU Braunschweig. In letzter Zeit nahmen aber auch vermehrt Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler, insbesondere Lehrämter, das Angebot in Anspruch. Ein Beispiel ist Elisa: „Für mich war klar: Ich möchte meinen Master beenden, denn mein Studium macht mir grundsätzlich Spaß“. Doch als sie im Bachelorstudium Lehramt mit der Fächerkombination Mathe und Englisch merkte, dass sie sich diesen Beruf nicht für ein ganzes Leben vorstellen kann, war die Sorge groß, einen falschen Weg eingeschlagen zu haben. Also entschied sie, ins Coaching des Projekts zu gehen: „Ich habe hier nützliche Tipps erhalten. Ich konnte meine Gedanken frei äußern und musste mich nicht rechtfertigen. Jetzt weiß ich, welche Möglichkeiten ich außerhalb der Schule noch habe.“ Elisa ist geblieben und studiert mittlerweile im Master.