Talentförderung im KI-Labor der TU Braunschweig Schüler*innen nehmen erfolgreich an TU-Masterveranstaltung teil
Künstliche Intelligenz prägt längst unseren Alltag, sei es durch Sprachassistenten oder personalisierte Musikempfehlungen. Doch wie lernen Algorithmen eigentlich, Muster zu erkennen und Entscheidungen zu treffen? Praktische Erfahrung dazu vermittelt das Computer Lab Mustererkennung am Institut für Nachrichtentechnik (IfN) der Technischen Universität Braunschweig, das seit 2023 als Masterveranstaltung angeboten und bereits wiederholt für den TU-Lehrpreis nominiert wurde. Im Sommersemester 2025 wagte das IfN ein Experiment: Erstmals durften auch besonders leistungsstarke Schüler*innen ab der zehnten Jahrgangsstufe teilnehmen – mit überraschendem Erfolg und anrechenbaren Microcredit-Punkten bei einem späteren Studium.
Im Sommersemester 2025 öffnete das KI-Labor die virtuellen Türen erstmals für eine ganz neue Zielgruppe: Motivierte Schüler*innen ab der zehnten Jahrgangsstufe. Die Suche nach geeigneten Kandidat*innen erfolgte in Zusammenarbeit mit der Stiftung NiedersachsenMetall. Die Anforderungen waren hoch: Gefragt waren hervorragende Noten in Mathematik und Informatik sowie gute Englischkenntnisse. Aus den Bewerbungen wurden schließlich 13 Schüler*innen verschiedener Schulen und Jahrgangsstufen ausgewählt.
Das Labor gliedert sich in sieben Lehreinheiten. Um das Modul offiziell zu bestehen, müssen sechs Einheiten erfolgreich abgeschlossen werden. Doch selbst wer das Labor nicht komplett abschließt, geht nicht leer aus: Für jede bestandene Einheit gibt es sogenannte Microcredits (kleine Lehreinheiten zwischen 0,25 und 1,0 ECTS Punkte). Diese können später bei einem Studium an der TU Braunschweig angerechnet werden – ein handfester Anreiz, der bereits vor Studienbeginn erste Brücken in die Hochschulwelt baut.
Ein ECTS-Punkt entspricht in der Regel etwa 25 bis 30 Arbeitsstunden. Ein ganzes Studienjahr in Vollzeit entspricht normalerweise 60 ECTS. Mithilfe des ECTS-Systems lassen sich Studienleistungen zwischen verschiedenen Hochschulen und Ländern vergleichen und anrechnen.
Beeindruckende Leistungen
Von den elf Schüler*innen, die beim KI-Labor mitgemacht haben, konnten zehn Teilnehmer*innen Microcredits bescheinigt werden. Insgesamt sieben Teilnehmer*innen, darunter eine Schülerin, können sich über eine formale Bescheinigung von fünf offiziellen ECTS-Kreditpunkten im Masterstudium Informations-Systemtechnik der TU Braunschweig freuen – und das ganz ohne Abitur! Diese Kreditpunkte können grundsätzlich in einschlägigen Studiengängen bundesweit im Master-Wahlbereich eingebracht werden.
Professor Tim Fingscheidt, wissenschaftlicher Leiter der Computer Labs Mustererkennung sagt hierzu: „Es war ein hohes Risiko, Schüler*innen zu einer regulären Masterveranstaltung einzuladen. Die Frustgefahr war sehr groß. Jetzt stehen wir da, sind froh, es gewagt zu haben und sehen fasziniert, zu was Schüler*innen noch ohne Abitur, Bachelorstudium oder begleitende Master-Vorlesung imstande sind.“
Ausblick: Erweiterung von KI-Lehrangeboten
Das Institut plant, das Computer Lab Mustererkennung auch in Zukunft für Schüler*innen anzubieten, um junge Talente frühzeitig zu fördern. Für das Wintersemester liegen bereits wieder Bewerbungen vor. Darüber hinaus wird das Modulangebot im Bereich Künstliche Intelligenz erweitert: Mit der neuen Vorlesung „AI Engineering“ sollen ab dem Wintersemester 2025/2026 praxisnah Aspekte rund um den Einsatz von Large Language Models (LLMs) vermittelt werden. Die begleitenden Übungen zu dieser Vorlesung werden nach dem Vorbild des Computer Labs Mustererkennung gestaltet, um die erfolgreiche Lehrmethode auch hier einzusetzen.
Hintergrund
Das Computer Lab Mustererkennung wurde an der TU Braunschweig entwickelt und erstmals im Sommersemester 2023 angeboten – seitdem findet es jedes Semester statt. Entstanden ist es im Rahmen des Verbundprojekts KI4ALL, das von 2021 bis 2025 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.
Die Veranstaltung läuft vollständig online: Die Teilnehmenden bearbeiten interaktive Programmieraufgaben in sogenannten „Notebooks”, die mithilfe der verwendeten Jupyter-Software nicht nur die Aufgaben, sondern auch begleitende Inhalte bereitstellen. Zusätzlich steht ein Gruppenchat zur Verfügung, in dem Fragen gestellt und Erfahrungen ausgetauscht werden können.
Studierende der TU Braunschweig nutzen das Angebot, um die Vorlesung Mustererkennung im Masterstudium mit praxisnahen Übungen zu vertiefen. Voraussetzung sind dabei solide Grundkenntnisse in Mathematik und Programmierung – Anforderungen, die man eigentlich erst im Masterstudium erwartet.
Text: Patrick Blumenberg